Chinas
Recht 2003.1
24.11.99/1
Erläuterungen
des Obersten Volksgerichts zu einigen Fragen der Durchführung des
»Verwaltungsprozeßgesetzes der VR China«, verabschiedet von der
Urteilskommission des Obersten Volksgerichts am 24.11.1999, in Kraft ab 10.3.2000
<1>
Fashi
2000/8
Um das
»Verwaltungsprozeßgesetz der VR China« (im folgenden kurz:
Verwaltungsprozeßgesetz [=4.4.89/1]) korrekt zu verstehen und anzuwenden,
werden jetzt in Zusammenfassung der Erfahrungen bei der
verwaltungsgerichtlichen Arbeit zu einigen Fragen der Ausführung des
Verwaltungsprozeßgesetzes folgende Erläuterungen gegeben:
1.
Bereich der anzunehmenden Fälle
§
1 Wenn Bürger, juristische Personen
oder andere Organisationen sich den Verwaltungsakten von Amtsbefugnisse der
Staatsverwaltung innehabenden Behörden und anderen Organisationen und ihrer
Beamten nicht unterwerfen wollen und nach dem Recht Klage erheben, gehört dies
zum Bereich, in dem Volksgerichte Verwaltungsprozesse annehmen.
Klagen, die Bürger, juristische Personen
oder andere Organisationen erheben, weil sie sich einer der folgenden
Handlungen nicht unterwerfen wollen, gehören nicht zum Bereich, in dem
Volksgerichte Verwaltungsprozesse annehmen:
1. Die
Handlungen, die in § 12 des Verwaltungsprozeßgesetzes festgelegt sind;
2.
Handlungen, die öffentliche Sicherheits- [d.h. Polizei-] und
Staatssicherheitsbehörden aufgrund klarer Ermächtigung im Strafprozeßgesetz
ausgeführt haben; [vgl. a:2 II!]
3.
Schlichtungshandlungen und vom Gesetz bestimmte schiedsgerichtliche Handlungen;
[a:6]
4.
anleitende Handlungen der Verwaltung ohne Zwangscharakter;
5.
zurückweisende Handlungen, mit denen auf die Beschwerde einer Partei gegen
einen Verwaltungsakt hin [der Fall] erneut geregelt worden ist;
6.
Handlungen, die auf Rechte und Pflichten von Bürgern, juristischen Personen
oder anderen Organisationen keine tatsächlichen Auswirkungen haben.
§
2 Mit den in § 12 Nr. 1
Verwaltungsprozeßgesetz aufgeführten staatlichen Handlungen sind Handlungen in
Bezug auf die Landesverteidigung oder auf auswärtige Beziehungen gemeint, die
vom Staatsrat, von der Zentralen Militärkommission, vom
Verteidigungsministerium oder vom Außenministerium aufgrund einer Ermächtigung
in der Verfassung oder in Gesetzen im Namen des Staates ausgeführt werden,
sowie die aufgrund der Verfassung und von Gesetzen von Staatsbehörden
vorgenommene Erklärung des Notstands, die Verhängung des Ausnahmezustands und
die allgemeine Mobilmachung.
§
3 Mit den in § 12 Nr. 2
Verwaltungsprozeßgesetz aufgeführten "Beschlüssen und Befehlen, die
allgemeine Bindungskraft haben", sind von Verwaltungsbehörden erlassene
Schriftstücke verwaltungsnormativen Charakters gemeint, die sich nicht an
speziell festgelegte Adressaten richten und mehrfach angewandt werden können.
[Vgl. a:1.]
§
4 Mit den in § 12 Nr. 3
Verwaltungsprozeßgesetz aufgeführten "Beschlüssen über die
[disziplinarische] Belohnung und Bestrafung und über die Betrauung und
Entpflichtung von Beamten der Behörden" sind Beschlüsse der Behörden
gemeint, welche die Rechte und Pflichten der Beamten dieser Behörden berühren.
§
5 In § 12 Nr. 4
Verwaltungsprozeßgesetz sind mit den "Gesetzen" in den dort
aufgeführten "konkreten Verwaltungsakten, die nach den Vorschriften der
Gesetze von der Behörde vorzunehmende endgültige Verfügungen sind",
normative Schriftstücke gemeint, die vom Nationalen Volkskongreß und seinem
Ständigen Ausschuß bestimmt und verabschiedet worden sind.
[a:3.
Abs.1]
2.
Zuständigkeit
§
6 Die Verwaltungskammern der
Volksgerichte der verschiedenen Stufen behandeln Verwaltungssachen und
überprüfen die Fälle der Anträge von Behörden auf Vollstreckung ihrer konkreten
Verwaltungsakte.
Die besonderen Volksgerichte und
Volksgerichtskammern behandeln keine Verwaltungssachen und überprüfen und vollstrecken
auch nicht in Fällen von Anträgen von Behörden auf Vollstreckung ihrer
konkreten Verwaltungsakte.
[a:9]
§
7 Wenn bei einem Beschluß aufgrund
erneuter Beratung einer der folgenden Umstände vorliegt, handelt es sich um
Fälle, in denen das Verwaltungsprozeßgesetz [in § 17] davon spricht, daß der
"der ursprüngliche konkrete Verwaltungsakt geändert" worden ist:
1. Wenn
vom ursprünglichen konkreten Verwaltungsakt festgestellte hauptsächliche
Tatsachen und Nachweise geändert worden sind;
2. wenn
die normative Grundlage des ursprünglichen konkreten Verwaltungsakts geändert
worden ist, und dies sich auf die Feststellung der Natur [des Verwaltungsakts]
auswirkt;
3. wenn
das Ergebnis der Regelung des Falls im ursprünglichen konkreten Verwaltungsakt aufgehoben,
teilweise aufgehoben oder geändert worden ist.
[a:10]
§
8 Wenn einer der folgenden Umstände
vorliegt, handelt es sich um einen "großen, komplizierten Fall ihres
[örtlichen] Zuständigkeitsgebiets" nach § 14 Nr.3 des
Verwaltungsprozeßgesetzes:
1. Wenn
die Beklagte eine Volksregierung auf Kreis- oder höherer Stufe ist, und der
Fall sich nicht für die Behandlung durch das Volksgericht der Grundstufe
eignet;
2. wenn
es sich um gemeinschaftliche oder Gruppenklagen mit großen gesellschaftlichen
Auswirkungen handelt;
3. wenn
es sich um große Fälle handelt, die das Ausland, die Sonderverwaltungsgebiete
Hongkong oder Makao oder das Gebiet Taiwan berühren;
4. bei
anderen großen, komplizierten Fällen.
§
9 Zu den Orten, "an denen
sich" - im Sinne des § 18 Verwaltungsprozeßgesetz - "der Kläger
befindet", gehören der Ort, an dem sein Haushalt registriert ist, sein
ständiger Aufenthaltsort und der Ort, auf den seine persönliche
[Bewegungs]freiheit eingeschränkt ist. Wenn eine Verwaltungsbehörde aufgrund
der gleichen Tatsache sowohl gegen eine Person als auch gegen
Vermögensgegenstände Verwaltungssanktionen durchführt oder
Verwaltungszwangsmaßnahmen ergreift, kann der Bürger, dessen persönliche
Freiheit eingeschränkt worden ist, von dem Vermögensgüter gepfändet oder
konfisziert worden sind, ebenso wie eine juristische Person oder sonstige
Organisation gegenüber solchen Handlungen, wenn sie sich ihnen nicht
unterwerfen wollen, sowohl beim Volksgericht des Ortes, an dem sich die
Beklagte befindet, als auch beim Volksgericht des Ortes, an dem sich der Kläger
befindet, Klage erheben, und das Volksgericht, das die Klage zur Behandlung
annimmt, kann [für die Frage der Freiheitsbeschränkung und die der Eingriffe in
Vermögen] zusammengefaßt die Zuständigkeit ausüben.
[a:11]
§
10 Einwände gegen die Zuständigkeit muß
eine Partei schriftlich und innerhalb von zehn Tagen von dem Tag an erheben, an
dem sie die Aufforderung des Volksgerichts erhält, auf die Klage zu erwidern.
Das Volksgericht muß gegen die Zuständigkeit erhobene Einwände der Parteien
überprüfen. Haben sie Bestand, so verfügt es, den Fall an das zuständige
Volksgericht zu überweisen; haben sie keinen Bestand, so verfügt es, sie
zurückzuweisen.
3.
Prozeßbeteiligte
§
11 Zu den nahen Verwandten im Sinne von
§ 24 des Verwaltungsprozeßgesetzes gehören der Ehegatte, Eltern, Kinder,
Geschwister, Großeltern und Enkel sowie andere Verwandte, zu denen eine
Unterhaltsbeziehung besteht.
[a:12]
Wenn die persönliche Freiheit eines Bürgers
eingeschränkt ist, und er selbst nicht Klage erheben kann, können von ihm
mündlich oder schriftlich beauftragte nahe Verwandte in seinem Namen Klage
erheben.
§
12 Wollen sich Bürger, juristische
Personen oder sonstige Organisationen einem konkreten Verwaltungsakt nicht
unterwerfen, der ihre rechtlichen Interessen berührt <2>, so können sie
nach dem Recht Verwaltungsklage erheben.
[a:21,22]
§
13 Wenn einer der folgenden Umstände
vorliegt, können Bürger, juristische Personen und sonstige Organisationen nach
dem Recht Verwaltungsklage erheben:
1. Wenn
der konkrete Verwaltungsakt, gegen den geklagt wird, ihre Nachbarrechte oder
Rechte auf gerechten Wettbewerb berührt;
2. wenn
ein Beschluß aufgrund erneuter Beratung, gegen den geklagt wird, ihre
rechtlichen Interessen berührt, oder sie in das Verfahren der erneuten Beratung
als Dritte hineingezogen worden sind;
3. wenn
sie verlangen, daß die zuständige Verwaltungsbehörde nach dem Recht die
gesetzliche Haftung eines Schädigers verfolgt;
4. wenn
die Aufhebung oder Änderung eines konkreten Verwaltungsakts ihre rechtlichen
Interessen berührt.
§
14 Wenn ein Partnerschaftsunternehmen
Klage beim Volksgericht erhebt, ist die genehmigt registrierte Firma als Kläger
anzusehen, und die Partner, welche die Angelegenheiten des
Partmnerschaftsunternehmens ausführen, sind Prozeßvertreter; wenn andere
Partnerschaften Klage erheben, sind die Partner als Kläger Streitgenossen.
[a:13.]
Wenn andere Organisationen ohne juristische
Persönlichkeit beim Volksgericht Klage erheben, ist der Hauptverantwortliche
der Organisation Prozeßvertreter; gibt es keinen Hauptverantwortlichen, so kann
ein vorgeschlagen gewählter Verantwortlicher Vertreter sein.
[a:14.]
Gibt es in einem Fall mehr als vier Kläger,
so müssen ein bis fünf Prozeßvertreter vorgeschlagen gewählt werden und am
Prozeß teilnehmen; wird in der festgesetzten Frist niemand bestimmt, so kann
das Volksgericht jemand von Amts wegen bestimmen.
§
15 Wenn ein gemeinsam betriebenes
Unternehmen, ein chinesisch-ausländisches mit gemeinsamem Kapital oder
kooperativ betriebenes Unternehmen oder seine einzelnen Seiten meinen, daß die
Rechtsinteressen des Unternehmens oder die legalen Rechtsinteressen der eigenen
Seite durch einen konkreten Verwaltungsakt geschädigt worden sind, können sie
im eignen Namen Klage erheben.
§
16 Wenn ein Übernehmer von dörflichem
Land und andere Landnutzungsberechtigte sich einer Verfügung einer
Verwaltungsbehörde über von ihnen genutztes einem Dorfkollektiv gehörendes Land
nicht unterwerfen wollen, können sie im eignen Namen Klage erheben.
[a:
vgl. 7.]
§
17 Wenn ein nicht staatseigenes
Unternehmen von einer Verwaltungsbehörde [im Register] gelöscht, aufgehoben,
fusioniert, befehlsweise eingegliedert, verkauft oder aufgeteilt wird, oder die
Zugehörigkeitsbeziehung des Unternehmens geändert wird, kann das Unternehmen
oder sein gesetzlich bestimmter Repräsentant Klage erheben.
§
18 Wenn die Versammlung der
Anteilseigner (Hauptversammlung) oder ihrer Vertreter oder der Vorstand eines
Unternehmens der Anteilsordnung <3> meint, daß ein von einer
Verwaltungsbehörde erlassener konkreter Verwaltungsakt das Recht des
Unternehmens auf Betriebsautonomie verletzt, können sie im Namen des
Unternehmens Klage erheben.
§
19 Wenn eine Partei sich einem von
einer höheren Verwaltungsbehörde genehmigten konkreten Verwaltungakt nicht
unterwerfen will und beim Volksgericht Klage erhebt, muß sie gegen die
Verwaltungsbehörde klagen, die die nach außen rechtswirksame Urkunde
abgezeichnet hat.
[Vgl.
a:18.]
§ 20 Wenn eine Verwaltungsbehörde ein Organ
bildet und ihm Verwaltungsfunktionen gibt, das nicht unabhängig gesetzliche
Haftung übernehmen kann, aber in eigenem Namen einen konkreten Verwaltungsakt
erläßt, müssen Parteien, die sich [diesem Verwaltungsakt] nicht unterwerfen
wollen und klagen, gegen die Verwaltungsbehörde Klage erheben, die das Organ
gebildet hat.
Wenn von einer Verwaltungsbehörde intern
errichtete Organe oder delegierte
Organe, ohne dazu in Gesetzen, Rechtsnormen oder Satzungen ermächtigt zu sein,
in eigenem Namen einen konkreten Verwaltungsakt erlassen, müssen Parteien, die
sich [diesem Verwaltungsakt] nicht unterwerfen wollen und klagen, gegen die
Verwaltungsbehörde Klage erheben.
Wenn von einer Verwaltungsbehörde intern
errichtete oder delegierte Organe oder
andere Organisationen, die aufgrund von Ermächtigungen in Gesetzen,
Rechtsnormen oder Satzungen Verwaltungsfunktionen ausüben, über den Bereich,
für den sie vom Recht ermächtigt sind, hinaus Verwaltungsakte ausführen, und
Parteien sich nicht unterwerfen wollen und klagen, müssen sie gegen die Organe
oder Organisationen klagen, welche die Verwaltungsakte ausgeführt haben.
[a:18.]
§
21 Ermächtigt eine Verwaltungsbehörde,
ohne daß dies von einem Gesetz, einer Rechtsnorm oder einer Satzung vorgesehen
wird, ein von ihr intern errichtetes oder delegiertes Organ oder eine andere
Organisation dazu, Verwaltungsbefugnisse auszuüben, so muß das als Auftrag
angesehen werden. Will sich eine Partei dem nicht unterwerfen und Klage erheben,
so muß sie gegen diese Verwaltungsbehörde klagen.
§
22 Faßt die erneut beratende Behörde in
der gesetzlich bestimmten Frist keinen Beschluß aufgrund erneuter Beratung, und
will sich eine Partei dem ursprünglichen konkreten Verwaltungsakt nicht unterwerfen
und Klage erheben, so muß sie gegen die Behörde klagen, die den ursprünglichen
Verwaltungsakt erlassen hat [a:16.]; will sie sich dem Nichthandeln der erneut
beratenden Behörde nicht unterwerfen und klagen, so muß sie gegen die erneut
beratende Behörde Klage erheben.
§
23 Ist die Beklagte, gegen die der
Kläger Klage erhebt, nicht die richtige, so muß das Volksgericht den Kläger
auffordern, die Beklagte zu ändern; ist der Kläger damit nicht einverstanden,
so wird die Klage durch Verfügung zurückgewiesen.
[a:17]
Muß eine Beklagte hinzugenommen werden, und
ist der Kläger damit nicht einverstanden, so muß das Volksgericht [die
gewünschte zusätzliche Beklagte] auffordern, als Dritter am Prozeß
teilzunehmen.
§
24 Wenn ein konkreter Verwaltungsakt
mehrere Interessierte berührt, von denen ein Teil sich dem konkreten
Verwaltungsakt nicht unterwerfen will und klagt, so muß das Volksgericht die
anderen Interessierten, die nicht geklagt haben, auffordern, als Dritte am
Prozeß teilzunehmen.
Dritte sind zu auf den Fall bezüglichem
Prozeßvorbringen berechtigt; wenn sie sich dem Urteil des Volksgerichts erster
Instanz nicht unterwerfen wollen, sind sie berechtigt, Berufung einzulegen.
[a:23.]
§
25 Wenn eine Partei einen
Prozeßvertreter bestellt, muß dem Volksgericht ein vom Auftraggeber
unterzeichnetes oder gestempeltes ermächtigendes Auftragsschreiben übergeben
werden. Das Auftragsschreiben muß die Einzelheiten des Auftrags und die Grenzen
der Vollmacht angeben. Wenn Bürger unter besonderen Umständen keinen
schriftlichen Auftrag erteilen können, können sie auch einen mündlichen Auftrag
geben. Einen mündlichen Auftrag muß das Volksgericht überprüfen und in der Akte
protokollieren; wenn die beklagte Behörde oder eine andere zur Unterstützung
verpflichtete Behörde dem Volksgericht die Überprüfung bei dem in seiner
persönlichen Freiheit eingeschränkten Bürger verweigert, gilt der Auftrag als
erteilt. Wenn die Partei den Auftrag aufhebt oder ändert, muß sie dies dem
Volksgericht schriftlich melden, und das Volksgericht teilt das den anderen
Parteien mit.
[a:24]
4.
Beweise
§
26 Im Verwaltungsprozeß ist die
Beklagte für die von ihr erlassenen konkreten Verwaltungsakte beweispflichtig.
Die Beklagte muß innerhalb von 10 Tagen ab
dem Tag, an dem sie die Zweitschrift der Klagschrift erhält, eine
Klageerwiderungsschrift einreichen und die Beweise und Grundlagen vom Zeitpunkt
des Erlasses des konkreten Verwaltungsakts vorlegen; wenn die Beklagte sie
nicht oder ohne ordentlichen Grund verspätet vorlegt, muß festgestellt werden,
daß es für diesen konkreten Verwaltungsakt keine Beweise und Grundlagen gibt.
[a:30]
§
27 Der Kläger ist für folgende Umstände
beweispflichtig:
1.
Dafür, daß die Klage den vom Recht bestimmten Voraussetzungen entspricht,
soweit nicht die Beklagte meint, daß der Kläger bei der Klage die Klagefrist
überschritten hat; [a:29]
2. wenn
Klage wegen Untätigkeit der Beklagten erhoben wird, dafür, daß ein Antrag [auf
Tätigwerden der Beklagten] gestellt worden ist;
3. wenn
in Verbindung mit der Klage Verwaltungsentschädigungsklage erhoben wird, dafür,
daß die Verletzung durch die beklagte Handlung Schaden verursacht hat;
4. für
andere Umstände, für die der Kläger beweispflichtig ist.
§
28 Wenn einer der folgenden Umstände
vorliegt, kann die Beklagte mit Erlaubnis des Volksgerichts einschlägige
Beweise nachtragen:
1. Wenn
die Beklagte bei Erlaß des konkreten Verwaltungsakts bereits Beweise gesammelt
hatte, sie aber wegen höherer Gewalt oder aus anderen ordentlichen Gründen
nicht vorlegen konnte;
2. wenn
der Kläger oder ein Dritter im Verlauf des Prozesses Gründe oder Beweise für
eine Zurückweisung vorträgt, die er im Verlauf der Ausführung des konkreten
Verwaltungsakts durch die Beklagte nicht vorgetragen hat.
§
29 Wenn einer der folgenden Umstände
vorliegt, hat das Volksgericht das Recht, Beweise zu erheben:
1. Wenn
der Kläger oder ein Dritter oder sein Prozeßvertreter Anhaltspunkte für Beweise
liefert, sie aber auf keine Weise selbst sammeln kann und beantragt, daß das
Volksgericht sie erhebt;
2. wenn
eine Partei das Original eines Schriftstücks oder einer Sache zur Verfügung
stellen muß, dies aber auf keine Weise selber tun kann.
§
30 Die folgenden Beweise können nicht
die Grundlage der Feststellung sein, daß der konkrete Verwaltungsakt, gegen den
geklagt wird, dem Recht entspricht:
1.
Beweise, welche die Beklagte oder ihr Prozeßvertreter nach Erlaß des konkreten
Verwaltungsakts selbst gesammelt haben;[vgl. a:28.]
2.
andere Beweise, welche die Beklagte unter erheblicher Verletzung des rechtlich
festgesetzten Verfahrens gesammelt hat.
§
31 Von der Kammer nicht nachgeprüfte
Beweise können nicht Grundlage einer Entscheidung des Volksgerichts sein.
Von der Behörde der erneuten Beratung im
Verlauf der erneuten Beratung gesammelte und nachgetragene Beweise können dem
Volksgericht nicht als Grundlage dienen, um den ursprünglichen konkreten
Verwaltungsakt aufrechtzuerhalten.
Von der Beklagten im Verlauf des
Berufungsverfahrens der Kammer vorgelegte Beweise, die sie im Verfahren erster
Instanz nicht vorgelegt hat, können dem Volksgericht zweiter Instanz nicht als
Grundlage dienen, um die Entscheidung erster Instanz aufzuheben oder zu ändern.
[Vgl.a:30.]
5.
Klage und Annahme [der Klage]
§
32 Das Volksgericht muß ein Kollegium
bilden, um die Klage zu überprüfen. Entspricht die Klage den Bedingungen für
eine Klage, so muß innerhalb von sieben Tagen das Verfahren eröffnet werden;
entspricht sie ihnen nicht, so muß innerhalb von sieben Tagen verfügt werden,
daß sie nicht zur Behandlung angenommen wird.
[a:40.]
Läßt sich innerhalb von sieben Tagen nicht
bestimmen, ob die Klage zur Behandlung angenommen werden soll, so muß sie erst
einmal angenommen werden; stellt sich bei der Überprüfung nach der Annahme
heraus, daß sie den Bedingungen für eine Klage nicht entspricht, so wird sie
durch Verfügung zurückgewiesen.
Eröffnet das Volksgericht, welches die
Klage erhalten hat, nicht innerhalb von sieben Tagen das Verfahren, erläßt es
aber auch keine Verfügung, so kann der Kläger beim nächsthöheren Volksgericht
Beschwerde einlegen oder Klage erheben. Ist das nächsthöhere Volksgericht der
Ansicht, daß die Bedingungen für die Annahme einer Klage zur Behandlung
vorliegen, so muß es den Fall zur Behandlung annehmen; nach der Annahme kann es
ihn überweisen oder ein tieferes Volksgericht bestimmen, um ihn zu behandeln,
es kann ihn auch selbst behandeln.
Die in den vorstehenden drei Absätzen
bestimmten Fristen laufen von dem Tag an, an dem das Volksgericht, das die
Klage erhält, die Klagschrift erhalten hat; wird, weil der Inhalt der
Klagschrift lückenhaft ist, dem Kläger auferlegt, ihn zu ergänzen bzw. zu
korrigieren, so läuft die Frist von dem Tag an, an dem das Volksgericht das
ergänzte und korrigierte Material erhält.
§ 33 Wenn Gesetze und andere Rechtsnormen
bestimmen, daß zunächst eine erneute Beratung beantragt werden muß, aber
Bürger, juristische Personen oder andere Organisationen, ohne erneute Beratung
zu beantragen, direkt Klage erheben, nimmt das Volksgericht diese Klage nicht
zur Behandlung an.
[a:32.]
Wenn die Behörde der erneuten Beratung den
Antrag auf erneute Beratung nicht zur Behandlung annimmt oder innerhalb der vom
Recht bestimmten Frist keinen Beschluß aufgrund erneuter Beratung erläßt, und
sich Bürger, juristische Personen oder andere Organisationen dem nicht
unterwerfen wollen und nach dem Recht beim Volksgericht Klage erheben, muß das
Volksgericht sie nach dem Recht zur Behandlung annehmen.
§
34 Wenn Gesetze und andere Rechtsnormen
nicht bestimmen, daß eine erneute Verwaltungsberatung notwendige Voraussetzung
für die Erhebung einer Verwaltungsklage ist, und Bürger, juristische Personen
oder andere Organisationen sowohl Klage erheben, als auch erneute Beratung
beantragen, ist die Stelle zuständig, die den Antrag zuerst erhält; erhalten
sie ihn gleichzeitig, so haben die Bürger, juristischen Personen oder anderen
Organisationen die Wahl. Wenn sie bereits eine erneute Verwaltungsberatung
beantragt haben, nimmt das Volksgericht eine während der Frist für die erneute
Beratung erhobene Klage nicht zur Behandlung an.
[a:31.]
§
35 Wenn Gesetze und andere Rechtsnormen
nicht bestimmen, daß eine erneute Verwaltungsberatung notwendige Voraussetzung
für die Erhebung einer Verwaltungsklage ist, und Bürger, juristische Personen
oder andere Organisationen, nachdem sie erneute Verwaltungsberatung bei der
Behörde dafür beantragt haben, mit deren Zustimmung diesen Antrag zurücknehmen
und innerhalb der vom Recht bestimmten Klagefrist gegen den ursprünglichen konkreten
Verwaltungsakt Klage erheben, muß das Volksgericht die Klage nach dem Recht zur
Behandlung annehmen.
§
36 Erlaubt das Volksgericht mit
Verfügung dem Kläger, die Klage zurückzunehmen, und erhebt der Kläger in der
gleichen Sache und mit den gleichen Gründen erneut Klage, so nimmt das
Volksgericht sie nicht zur Behandlung an.
[a:61.
Abs.1]
Ist die Verfügung, welche die Rücknahme der
Klage erlaubt, deutlich fehlerhaft, und beantragt der Kläger Wiederaufnahme, so
muß das Volksgericht im Entscheidungsüberwachunsverfahren die ursprüngliche die
Rücknahme erlaubende Verfügung aufheben und den Fall von neuem behandeln.
§
37 Zahlt der Kläger oder
Berufungskläger nicht in der vorgeschriebenen Frist im Voraus die Gebühr für
die Annahme des Falls zur Behandlung, und beantragt er auch nicht Stundung,
Herabsetzung oder Erlaß der Gebühr, oder wird dem Antrag nicht stattgegeben, so
wird das automatisch als Klagerücknahme behandelt. Erhebt nach der
Klagerücknahme der Kläger oder Berufungskläger innerhalb der vom Recht
bestimmten Frist nochmals Klage oder Berufungsklage und regelt nach dem Recht
die Frage der Vorauszahlung der Prozeßgebühren, so muß das Volksgericht [die
Klage bzw. Berufungsklage] zur Behandlung annehmen.
[a:61.
Abs. 2]
§
38 Nachdem das Urteil des Volksgerichts
den konkreten Verwaltungsakt einer Behörde aufgehoben hat, muß das
Volksgericht, wenn Bürger, juristische Personen oder andere Organisationen sich
einem von der Behörde erneut erlassenen konkreten Verwaltungsakt nicht
unterwerfen wollen und Klage beim Volksgericht erheben, diese Klage nach dem
Recht zur Behandlung annehmen.
[a:26.
S.1]
§
39 Wenn Bürger, juristische Prsonen
oder andere Organisationen beantragen,
daß eine Behörde eine vom Recht bestimmte Amtspflicht ausführt, und die Behörde
das nicht innerhalb von 60 Tagen von dem Tag an tut, an dem sie den Antrag
erhalten hat, muß das Volksgericht eine Klage des Bürgers, der juristischen
Person oder der sonstigen Organisation nach dem Recht zur Behandlung annehmen.
Wenn Gesetze, Rechtsnormen, Satzungen oder andere Schriftstücke normativen
Charakters zu den Fristen der Erfüllung der Amtspflicht durch die Behörde etwas
anderes bestimmen, gelten diese Bestimmungen.
Wenn Bürger, juristische Prsonen oder
andere Organisationen unter dringenden
Umständen beantragen, daß eine Behörde ihre vom Recht bestimmte Amtspflicht zum
Schutze ihrer Personen- oder Vermögensrechte ausführt, und die Behörde das
nicht tut, unterliegt die Klagefrist nicht den Begrenzungen des vorigen
Absatzes.
§ 40 Wenn eine Behörde beim Erlaß eines konkreten
Verwaltungsaktes keine Rechtsurkunde erstellt oder zugestellt hat, und Bürger,
juristische Personen oder andere Organisationen sich dem nicht unterwerfen
wollen und beim Volksgericht Klage erheben, müssen sie nur die Existenz des
konkreten Verwaltungsaktes beweisen, und das Volksgericht muß nach dem Recht
die Klage zur Behandlung annehmen.
[a:34]
§
41 Wenn eine Behörde beim Erlaß eines
konkreten Verwaltungsaktes Bürgern, juristischen Personen oder anderen Organisationen
ihr Klagerecht oder die Klagefrist nicht bekanntgibt, so wird die Klagefrist
von dem Tag an gerechnet, an dem die Bürger, juristischen Personen oder anderen
Organisationen von dem Klagerecht oder der Klagefrist erfahren oder erfahren
haben müssen; sie läuft jedoch nicht länger als zwei Jahre von dem Tag an, an
dem sie von dem Inhalt des konkreten Verwaltungsakts erfahren haben oder
erfahren haben müssen.
Wenn ein Beschluß aufgrund erneuter
Beratung Bürgern, juristischen Personen oder anderen Organisationen ihr
Klagerecht oder die Klagefrist nicht bekanntgibt, wird [ebenfalls] der vorige
Absatz angewandt.
§
42 Wenn Bürger, juristische Personen
oder andere Organisationen den Inhalt des von einer Behörde erlassenen
konkreten Verwaltungsaktes nicht kennen, rechnet ihre Klagefrist von dem Tag
an, an dem sie davon erfahren haben oder erfahren haben müssen. Wenn seit dem
Erlaß bei unbewegliches Vermögen berührenden konkreten Verwaltungsakten 20, bei
anderen konkreten Verwaltungsakten 5 Jahre vergangen sind, nimmt das
Volksgericht die Klage nicht [mehr] zur Behandlung an.
[a:35.]
§
43 Wird die Klagefrist aus Gründen
überschritten, die nicht beim Kläger selbst liegen, so wird die dadurch
verlorene Zeit nicht in die Klagefrist eingerechnet. Konnte wegen der
Einschränkung der persönlichen Freiheit nicht Klage erhoben werden, so wird die
Zeit, in der die Freiheit eingeschränkt war, nicht in die Klagefrist
eingerechnet.
6.
Behandlung [des Falls] und Urteil
§
44 Wenn einer der folgenden Umstände
vorliegt, muß verfügt werden, daß [die Klage] nicht angenommen wird; ist sie
bereits angenommen worden, so wird sie mit Verfügung zurückgewiesen:
1. Wenn
die einzelnen Punkte der [Klag]forderung nicht zum Bereich der
verwaltungsgerichtlichen Urteilsgewalt gehören;
2. wenn
der Kläger nicht befähigt ist, Subjekt einer Klage zu sein;
3. wenn
der Kläger falsche Beklagte aufgeführt hat und ablehnt, sie zu ändern,
4. wenn
das Gesetz bestimmt, daß Prozeßhandlungen vom gesetzlichen oder gewillkürten
Repräsentanten bzw. Vertreter vorzunehmen sind, sie aber nicht von ihm
vorgenommen werden;
5. wenn
vom Prozeßvertreter vertretungsweise Klage erhoben wird dann, wenn seine
Vertretung nicht den vom Recht bestimmten Anforderungen entspricht;
6. wenn
die Klage ohne ordentlichen Grund die Klagefrist überschreitet;
7. wenn
Gesetze oder andere Rechtsnormen bestimmen, daß vor einer Klage das Verfahren
der erneuten Beratung zu durchlaufen ist, und keine erneute Beratung beantragt
worden ist;
8. wenn
der Kläger zum wiederholten Male Klage erhebt;
9. wenn
die Klage zurückgenommen worden ist und ohne ordentlichen Grund erneut erhoben
wird;
10.
wenn der Prozeßgegenstand durch die Kraft eines [rechts]wirksamen Urteils
gebunden ist;
11.
wenn die Klage andere vom Recht bestimmte Voraussetzungen nicht erfüllt.
Wenn Umstände nach dem vorigen Absatz
ergänzt, korrigiert oder geändert werden können, muß das Volksgericht eine
Frist dafür setzen; wenn [die Klage] fristgemäß ergänzt, korrigiert oder
geändert wird, muß es sie nach dem Recht annehmen.
§
45 Wenn der Kläger, nachdem die
Zweitschrift der Klagschrift zugestellt worden ist, neue Klagforderungen
erhebt, läßt das Volksgericht sie nicht zu, außer wenn es dafür ordentliche
Gründe gibt.
§
46 Wenn einer der folgenden Umstände
vorliegt, kann das Volksgericht beschließen, daß [mehrere Fälle] zusammen
behandelt werden:
1. Wenn
mehrere Behörden aufgrund unterschiedlicher Gesetze und sonstiger Rechtsnormen
zur gleichen Sache getrennte konkrete Verwaltungsakte erlassen, und Bürger,
juristische Personen oder andere Organisationen sich ihnen nicht unterwerfen
und beim gleichen Volksgericht Klage erheben;
[a:46.]
2. wenn
von [einer oder mehreren] Behörde[n] gegenüber mehreren Bürgern, juristischen
Personen oder anderen Organisationen zur gleichen Tatsache getrennte konkrete
Verwaltungsakte erlassen werden, die sich diesen Akten nicht unterwerfen und
getrennt beim gleichen Volksgericht Klage erheben;
[a:47.]
3. wenn
im Prozeßverlauf die Beklagte gegenüber dem Kläger einen neuen konkreten
Verwaltungsakt erläßt, und der Kläger sich ihm nicht unterwirft und beim
gleichen Volksgericht Klage erhebt;
[a:48.]
4. in
anderen Fällen, die nach Ansicht des Volksgerichts zusammen behandelt werden
können.
§
47 Wenn eine Partei Ausschluß [eines
Gerichtsmitglieds wegen Befangenheit] beantragt, muß sie die Gründe erläutern
und zur Anfang der Behandlung des Falls vortragen; wenn sie die
Ausschlußumstände nach Beginn der Behandlung des Falls erfährt, muß sie den
Antrag vor Abschluß der Verhandlung vor der Kammer vorbringen.
Der, dessen Ausschluß beantragt worden ist,
muß, solange das Volksgericht nicht beschlossen hat, ob er ausgeschlossen wird,
die Teilnahme an der Behandlung des Falls vorläufig einstellen, asugenommen
dann, wenn der Fall erfordert, daß Dringlichkeitsmaßnahmen ergriffen werden.
[a:49.]
Über einen von einer Partei gestellten
Antrag auf Ausschluß muß das Volksgericht innerhalb von drei Tagen mündlich
oder schriftlich beschließen.
Will sich der Antragssteller einem Beschluß
nicht unterwerfem, mit dem der Antrag auf Ausschluß zurückgewiesen wird, kann
er bei dem Volksgericht, das den Beschluß0 gefaßt hat, einmal eine nochmalige
Beratung beantragen. Während der Frist für die erneute Beratung stellt der,
dessen Ausschluß beantragt wird, die Teilnahme an der Behandlung des Falls
nicht ein. Das Volksgericht muß innerhalb von drei Tagen einen Beschluß
aufgrund erneuter Beratung fassen und dem Antragsteller mitteilen.
[a:50.]
§
48 Das Volksgericht kann in Fällen, in denen
es möglich ist, daß es wegen der Handlungen einer Partei oder aus anderen
Gründen dazu kommt, daß ein konkreter Verwaltungsakt oder ein [rechts]wirksames
Urteil eines Volksgerichts nicht oder nur schwer vollstreckt werden kann, auf
Antrag einer Gegenpartei eine Vermögenssicherungsmaßnahme verfügen; wenn keine
Partei einen solchen Antrag stellt, kann das Volksgericht nötigenfalls auch
nach dem Recht eine Vermögenssicherungsmaßnahme ergreifen.
]a:51.
Abs.1]
Wenn das Volksgericht Fälle behandelt, in
denen die Klage sich degegen richtet, daß eine Behörde nicht nach dem Recht
Trostgeld, Sozialversicherungsleistungen oder das Minimum zur Lebenssicherung
geleistet hat, kann es auf Antrag des Kläger nach dem Recht schriftlich
Vorausvollstreckung verfügen.
[a:55.]
Will sich eine Partei der Verfügung einer
Vermögenssicherung oder Vorausvollstreckung nicht unterwerfen, so kann sie eine
erneute Beratung beantragen. Während der Frist für die erneute Beratung wird
die Vollstreckung der Verfügung nicht eingestellt.
[a:56.]
§
49 Wenn ein dem Recht gemäß geladener
Kläger oder Berufungskläger ohne ordentlichen Grund nicht vor der Kammer
erscheint oder ohne Erlaubnis der Kammer sich vor Abschluß der Sitzung
entfernt, kann dies als Klagerücknahme behandelt werden.
[a:59.]
Beantragt ein Kläger oder Berufungskläger
Klagerücknahme, verfügt das Volksgericht, dies nicht zu gestatten, und
erscheint der dem Recht gemäß geladene Kläger oder Berufungskläger ohne
ordentlichen Grund nicht vor der Kammer, oder entfernt er sich ohne Erlaubnis
der Kammer vor Abschluß der Sitzung, so kann das Volksgericht ein
Versäumnisurteil fällen.
[a:60.]
Wenn ein dem Recht gemäß geladener Dritter
ohne ordentlichen Grund nicht vor der Kammer erscheint oder ohne Erlaubnis der
Kammer sich vor Abschluß der Sitzung entfernt, wirkt sich das auf die
Behandlung des Falls nicht aus.
§
50 Wenn die Beklagte während der
Behandlung des Falls in erster Instanz den konkreten Verwaltungsakt, gegen den
geklagt wird, ändert, muß sie dies dem Volksgericht schriftlich mitteilen.
Wenn der Kläger oder ein Dritter sich dem
Akt nach der Änderung nicht unterwerfen will und Klage erhebt, muß das
Volksgericht in die Behandlung des konkreten Verwaltungsakts nach der Änderung
eintreten.
Wenn die Beklagte den ursprünglichen
konkreten Verwaltungsakt ändert, der Kläger die Klage nicht zurücknimmt, und
das Volksgericht nach Prüfung zu der Ansicht gelangt, daß der ursprüngliche
konkrete Verwaltungsakt rechtwidrig war, muß es ein Urteil fällen, welches dessen
Rechtswidrigkeit feststellt; wenn es ihn [dagegen] für rechtmäßig hält, muß es
die Klagforderung des Klägers mit Urteil zurückweisen.
[a:62.]
Klagt der Kläger gegen Untätigkeit der
Beklagten, erläßt die Beklagte [dann] im Prozeß einen konkreten Verwaltungsakt,
und nimmt der Kläger die Klage nicht zurück, so werden die vorstehenden
Bestimmungen entsprechend angewandt.
§
51 Ergibt sich im Prozeßverlauf einer
der folgenden Umstände, so wird das Verfahren gehemmt:
1. Wenn
der Kläger stirbt, muß abgewartet werden, bis ein naher Verwandter zum Ausdruck
bringt, ob er am Verfahren teilnehmen will;
2. wenn
der Kläger die Prozeßhandlungsfähigkeit verliert, solange kein gesetzlich
bestimmter Vertreter festgestellt worden ist;
3. wenn
eine als Partei auf einer Seite stehende Behörde, juristische Person oder
sonstige Organisation endet, solange noch nicht festgestellt worden ist, wer
ihre Rechte und Pflichten übernimmt;
4. wenn
eine Partei auf einer Seite wegen höherer Gewalt nicht am Verfahren teilnehmen
kann;
[Nrn.
1.-4.: a:64. Abs.1]
5. wenn
der Fall Fragen der Gesetzesanwendung betrifft, und es erforderlich ist, [diese
Fragen] den dazu berechtigten Organen mit der Bitte um Erläuterungen oder
Feststellungen zu übersenden;
6. wenn
sich die Beurteilung des Falls auf die Ergebnisse der Behandlung von dazu in
Bezug stehenden Zivil-, Straf- oder anderen Verwaltungsfällen stützen muß, die
noch nicht abgeschlossen sind;
[a:63.]
7. bei
anderen Umständen, bei denen das Verfahren gehemmt werden muß.
Nach dem Fortfall der Gründe der Hemmung
des Verfahrens wird es weitergeführt.
[a:64.
Abs.2]
§
52 Ergibt sich im Prozeßverlauf einer
der folgenden Umstände, so wird das Verfahren beendet:
1. Wenn
der Kläger stirbt und keine nahen Verwandten hat, oder die nahen Verwandten auf
das Klagerecht verzichten;
2. wenn
die klagende juristische Person oder sonstige Organisation endet, und
derjenige, der ihre Rechte und Pflichten übernimmt, auf das Klagerecht
verzichtet.
Wenn in einem aus den Gründen der Nrn. 1, 2
oder 3 des § 51 Abs. 1 dieser Erläuterungen gehemmten Verfahren innerhalb von
90 Tagen niemand den Prozeß fortführt, wird die Beendung des Verfahrens
verfügt, außer bei besonderen Umständen.
[a: 64.
Abs.3]
§
53 Wenn der Beschluß aufgrund erneuter Beratung
den ursprünglichen konkreten Verwaltungsakt aufrechterhält, und das Urteil des
Volksgerichts diesen Verwaltungsakt aufhebt, ist der Beschluß aufgrund erneuter
Beratung von selbst unwirksam.
[a:65.]
Ist ein Beschluß aufgrund erneuter
Beratung, der den ursprünglichen konkreten Verwaltungsakts ändert, fehlerhaft,
so muß das Volksgericht, wenn es im Urteil den Beschluß aufgrund erneuter
Beratung aufhebt, die erneut beratende Behörde anweisen, nochmals einen
Beschluß aufgrund erneuter Beratung zu treffen.
§
54 Wenn das Volksgericht die Beklagte
verurteilt, erneut einen konkreten Verwaltungsakt zu erlassen, und der von der
Beklagten erneut erlassene konkrete Verwaltungsakt im Ergebnis mit dem
ursprünglichen konkreten Verwaltungsakt übereinstimmt, aber wichtige Tatsachen
oder Gründe geändert worden sind, handelt es sich nicht um eine Sachverhalt
nach § 55 Verwaltungsprozeßgesetz.
[a:67.]
Wenn das Volksgericht wegen Verletzung des
vom Recht bestimmten Verfahrens mit Urteil den mit der Klage angegriffenen
konkreten Verwaltungsakt aufhebt, und die Behörde erneut einen konkreten
Verwaltungsakt erläßt, unterliegt [sie] dabei nicht den Beschränkungen nach §
55 Verwaltungsprozeßgesetz.
[a:68.]
Wenn die Behörde aufgrund der gleichen
Tatsachen und Gründe erneut einen mit dem ursprünglichen konkreten
Verwaltungsakt im wesentlichen übereinstimmenden konkreten Verwaltungsakt
erläßt, muß das Volksgericht ihn nach § 54 Nr.2, § 55 Verwaltungsprozeßgesetz
mit Urteil aufheben oder teilweise aufheben und nach § 65 Absatz 3
Verwaltungsprozeßgesetz verfahren.
[a:26.
S.2]
§
55 Bei der Behandlung einer
Verwaltungsache darf das Volksgericht Sanktionen gegen den Kläger nicht
verschärfen, außer wenn auch [andere rechtlich] Interessierte Kläger sind.
Bei der Behandlung einer Verwaltungsache
darf das Volksgericht gegen jemand, gegen den die Behörde keine Sanktionen
verhängt hat, direkt keine Verwaltungssanktionen verhängen.
[a:66.]
§
56 Wenn einer der folgenden Umstände
vorliegt, muß das Volksgericht die Klageforderung des Klägers mit Urteil
zurückweisen:
1. Wenn
die Gründe für eine Klage wegen Untätigkeit der Beklagten keinen Bestand haben;
2. wenn
der konkrete Verwaltungsakt, gegen den Klage erhoben wird, rechtmäßig, aber
fraglich ist, ob er vernünftig ist;
3. wenn
der konkrete Verwaltungsakt, gegen den Klage erhoben wird, rechtmäßig ist, es
aber wegen Änderungen von Gesetzen oder Richtlinien erforderlich ist, ihn zu
ändern oder aufzuheben;
4. bei
anderen Umständen, bei denen die Klageforderung mit Urteil zurückgewiesen
werden muß.
§
57 Wenn das Volksgericht der Ansicht
ist, daß der konkrete Verwaltungsakt, gegen den Klage erhoben wird, rechtmäßig,
es aber nicht angebracht ist, ihn mit Urteil aufrechtzuerhalten oder die
Klageforderung zurückzuweisen, kann es mit Urteil seine Rechtmäßigkeit oder
Wirksamkeit feststellen.
In den folgenden Fällen muß das
Volksgericht mit Urteil fesstellen, daß der konkrete Verwaltungsakt, gegen den
Klage erhoben wird, rechtswidrig oder unwirksam ist:
1. Wenn
die Beklagte vom Recht bestimmte Amtsobliegenheiten nicht erfüllt, es aber nun
ohne praktische Bedeutung wäre, sie mit Urteil anzuweisen, diese
Amtsobliegenheiten zu erfüllen;
2. wenn
der konkrete Verwaltungsakt, gegen den Klage erhoben wird, rechtswidrig ist, aber
keinen aufhebbaren Inhalt hat;
3. wenn
der konkrete Verwaltungsakt, gegen den Klage erhoben wird, nach dem Recht nicht
zustandegekommen oder unwirksam ist.
§
58 Wenn der konkrete Verwaltungsakt,
gegen den Klage erhoben wird, rechtswidrig ist, seine Aufhebung aber die
Interessen des Staates oder der Allgemeinheit erheblich schädigen kann, muß das
Volksgericht mit Urteil die Rechtswidrigkeit des konkreten Verwaltungsakts
festellen und und die beklagte Behörde anweisen, entsprechende Abhilfemaßnahmen
zu ergreifen; werden Schäden verursacht, so wird nach dem Recht zur Übernahme
der Haftung auf Ersatz verurteilt. [Vgl. a:98.]
§
59 Wenn ein Urteil nach § 54 Nr.2
Verwaltungsprozeßgesetz einen rechtswidrigen Verwaltungsakt, gegen den Klage
erhoben worden ist, aufhebt, und dies die Interessen des Staates oder der
Allgemeinheit oder die rechtmäßigen Rechtsinteressen anderer schädigen kann, so
kann das Volksgericht dies gleichzeitig mit dem aufhebenden Urteil in den
folgenden Formen regeln:
1. Es
kann die Beklagte verurteilen, erneut einen konkreten Verwaltungsakt zu
erlassen;
2. es
kann die beklagte Behörde anweisen, entsprechende Abhilfemaßnahmen zu
ergreifen;
3. es
kann der Beklagten und [sonst] betroffenen Behörden justizielle Vorschläge
machen;
4. wenn
rechtswidrige Straftaten entdeckt werden, kann es den dazu berechtigten
Behörden vorschlagen, die Sache nach dem Recht zu erledigen.
§
60 Verurteilt das Volksgericht die
Beklagte, erneut einen konkreten Verwaltungsakt zu erlassen, und kann, wenn diese
das nicht unverzüglich tut, dies die Interessen des Staates, der Allgemeinheit
oder von Parteien schädigen, so kann eine Frist für den erneuten Erlaß eines
konkreten Verwaltungsakts festgesetzt werden.
Wenn das Volksgericht die Beklagte
verurteilt, eine vom Recht bestimmte Amtsobliegenheit zu erfüllen, so muß es
ihr dafür eine Frist setzen, außer wenn sich wegen besonderer Umstände eine
Frist schwer bestimmen läßt.
§
61 Wenn eine Entscheidung der Beklagten
in einem Zivilrechtsstreit zwischen gleichberechtigten Subjekten das Recht
verletzt, und eine Partei des Zivilrechtsstreits verlangt, daß das Volksgericht
auch den betreffenden Zivilrechtsstreit löst, kann das Volksgericht ihn mit
behandeln.
§
62 Wenn ein Volksgericht bei der
Behandlung einer Verwaltungssache Justizerläuterungen des Obersten
Volksgerichts anwendet, muß es sie im Urteil zitieren.
Bei der Behandlung einer Verwaltungssache
kann das Volksgericht in Entscheidungsurkunden dem Recht gemäße wirksame
Satzungen und andere Schriftstücke normativen Charakters heranziehen.
§
63 Verfügungen werden in folgendem
Bereich verwandt:
1. für
die Nichtannahme [einer Klage oder Beschwerde] zur Behandlung;
2. für
die Zurückweisung einer Klage;
3. auf
Einwände zur Zuständigkeit;
4. zur
Beendung des Verfahrens;
5. zur
Hemmung des Verfahrens;
6. zur
Übertragung oder Bestimmung der Zuständigkeit;
7. zur
vorläufigen Einstellung oder zur Zurückweisung des Antrags auf vorläufige
Einstellung der Ausführung eines konkreten Verwaltungsaktes während der
Prozeßdauer;
8. zur
Vermögenssicherung;
9. zur
Vorausvollstreckung;
10. um
die Rücknahme der Klage zu genehmigen oder die Genehmigung dazu zu verweigern;
11. um
Schreibfehler in einer Entscheidungsurkunde zu ergänzen oder zu korrigieren;
12. um
die Vollstreckung zu hemmen oder zu beenden;
13. um
die Behandlung eines Falls an sich zu ziehen, zur Wiederaufnahme des Falls
anzuweisen oder zu seiner erneuten Behandlung zurückzuverweisen;
14. um
die Vollstreckung des konkreten Verwaltungsakts einer Behörde zu genehmigen
oder nicht zu genehmigen;
15. wo
sonst Verfügungen erforderlich sind.
[a:71.
Abs.1 (außer für oben Nrn. 3,6,13,14)]
Gegen Verfügungen nach Nrn. 1., 2. und 3.
können die Parteien Berufung einlegen.
[a:71.
Abs.2]
§
64 Die Fristen zur Behandlung eines
Falls nach §§ 57 und 60 Verwaltungsprozeßgesetz bezeichnen die Dauer vom Tag
der Eröffnung des Verfahrens bis zur Verkündung der Entscheidung. Nicht
eingerechnet werden Zeiten für Gutachten, für die Erledigung von Streitigkeiten
über oder Einwänden gegen die Zuständigkeit und Zeiten der Hemmung des
Verfahrens.
§
65 Wenn das Volksgericht in erster
Instanz ein Urteil oder eine Verfügung gefällt hat, und alle Parteien Berufung
einlegen, sind alle Seiten, die Berufung eingelegt haben, Berufungskläger.
Wenn ein Teil der Parteien Berufung
eingelegt hat, sind die Parteien der anderen Seite, die keine Berufung
eingelegt haben, Berufungsbeklagte; die anderen Parteien werden mit der
gleichen Position aufgeführt wie in der Vorinstanz.
[a:72.]
§
66 Wenn eine Partei Berufung einlegt,
muß sie entsprechend der Zahl der anderen Parteien oder Prozeßvertreter
Zweitschriften der Berufungsschrift einreichen.
Wenn das Volksgericht erster Instanz eine
Berufungsschrift erhält, muß es innerhalb von 5 Tagen die Zweitschriften der
Berufungsschrift den anderen Parteien zustellen; Parteien der Gegenseite müssen
eine Erwiderungsschrift innerhalb von 10 Tagen ab dem Tag des Erhalts der
Zweitschrift der Berufungsschrift einreichen.
Das Volksgericht erster Instanz muß
innerhalb von 5 Tagen ab dem Tag des Erhalts der Erwiderungsschrift [deren]
Zweitschriften den Parteien zustellen.
Wenn das Volksgericht erster Instanz
Berufungsschrift und Erwiderungsschrift erhalten hat, muß es sie innerhalb von
5 Tagen zusammen mit den gesamten Akten und Beweisen dem Volksgericht zweiter
Instanz übersenden. Bereits erhaltene Prozeßkosten werden zusammen damit
überwiesen.
[a:73.,74.]
§
67 Bei der Behandlung von
Berufungsfällen muß das Volksgericht zweiter Instanz in vollem Umfang
überprüfen, ob die Entscheidung des Volksgerichts erster Instanz und der
konkrete Verwaltungsakt der Beklagten dem Recht entsprechen.
Wenn über eine vom Volksgericht erster
Instanz festgestellte Tatsache zwischen den Parteien Streit besteht, oder wenn
das Volksgericht zweiter Instanz sie für unklar hält, muß es sie in der Sitzung
[=Verhandlung vor der Kammer] behandeln.
[a:75.]
§
68 Wenn das Volksgericht zweiter
Instanz nach Behandlung eines Falls der Ansicht ist, daß die Verfügung, mit der
das Volksgericht erster Instanz eine Klage nicht zur Behandlung angenommen oder
zurückgewiesen hat, wirklich fehlerhaft ist, daß die Klage vielmehr den vom
Recht bestimmten Voraussetzungen entspricht, muß es die Aufhebung der Verfügung
des Volksgerichts erster Instanz verfügen und es anweisen, nach dem Recht das
Verfahren zu eröffnen und die Klage zur Behandlung anzunehmen bzw. die
Behandlung des Falls fortzusetzen.
[a:77.]
§
69 In Verwaltungssachen, in denen das
Volksgericht zweiter Instanz verfügt, den Fall zu seiner erneuten Behandlung an
das Volksgericht erster Instanz zurückzuverweisen, muß dieses ein anderes
Kollegium bilden, um den Fall zu behandeln.
[a:78.]
§
70 Wenn es bei der Behandlung von
Berufungsfällen erforderlich ist, daß das Volksgericht zweiter Instanz das
Urteil erster Instanz ändert, muß es gleichzeitig ein Urteil zu dem konkreten
Verwaltungsakt fällen, gegen den geklagt wird. [a:vgl.79.]
§
71 Wenn im Urteil erster Instanz
Parteien, die am Prozeß teilzunehmen hatten, oder Klagforderungen weggelassen
worden sind, muß das Volksgericht zweiter Instanz die Aufhebung des Urteils
erster Instanz und die Zurückverweisung zu erneuter Behandlung verfügen.
Wenn im Urteil erster Instanz die Forderung
nach Verwaltungsentschädigung weggelassen worden ist, und das Volksgericht
zweiter Instanz nach Prüfung der Ansicht ist, daß nach dem Recht keine
Entschädigung gewährt werden soll, muß es die Forderung nach
Verwaltungsentschädigung mit Urteil zurückweisen.
Wenn im Urteil erster Instanz die Forderung
nach Verwaltungsentschädigung weggelassen worden ist, und das Volksgericht
zweiter Instanz nach Prüfung der Ansicht ist, daß nach dem Recht eine
Entschädigung gewährt werden muß, kann es gleichzeitig mit der Feststellung,
daß der konkrete Verwaltungsakt rechtswidrig war, zur Frage der
Verwaltungsentschädigung schlichten; bleibt die Schlichtung ohne Erfolg, so muß
es den die Verwaltungsentschädigung betreffenden Teil zu erneuter Behandlung
zurückverweisen.
Wenn eine Partei während der Behandlung des
Falls in zweiter Instanz eine Forderung auf Verwaltungsentschädigung erhebt,
kann das Volksgericht zweiter Instanz schlichten; bleibt die Schlichtung ohne
Erfolg, muß es die Partei auffordern, gesondert Klage zu erheben.
§
72 In den folgenden Fällen liegen
"Verstöße gegen Gesetze oder sonstige Rechtsnormen" im Sinne des § 63
des Verwaltungsprozeßgesetzes vor:
1. wenn
hauptsächliche Beweise für in einem Urteil oder einer Verfügung erster Instanz
festgestellte Tatsachen unzureichend sind;
2. wenn
die Anwendung von Gesetzen oder sonstigen Rechtsnormen in einem Urteil oder
einer Verfügung erster Instanz wirklich fehlerhaft war;
3. wenn
Verstöße gegen das vom Recht bestimmte Verfahren eine korrekte Entscheidung des
Falles beeinträchtigen konnten;
4. bei
anderen Verstößen gegen Gesetze oder sonstige Rechtsnormen.
§
73 Wenn eine Partei die Wiederaufnahme
des Falls beantragt, muß sie dies innerhalb von zwei Jahren ab Rechtskraft des
Urteils bzw. der Verfügung tun.
Wenn eine Partei gegen eine rechtskräftige
Schlichtungsurkunde zu einer Verwaltungsentschädigung Beweise vorlegt, die
zeigen, daß die Schlichtung gegen den Grundsatz der Freiwlligkeit verstoßen
hat, oder daß der Inhalt der Schlichtungsvereinbarung gesetzliche Bestimmungen
verletzt hat, kann sie innerhalb von zwei Jahren Wiederaufnahme beantragen.
§
74 Wenn ein Volksgericht, nachdem es
einen Antrag auf Wiederaufnahme erhalten hat, bei Prüfung feststellt, daß er
den Bedingungen für die Wiederaufnahme entspricht, muß es das Verfahren
eröffnen und dies unverzüglich den Parteien aller Seiten mitteilen; wenn er den
Voraussetzungen nicht entspricht, weist es ihn zurück.
§
75 Fälle, in denen die
Volksstaatsanwaltschaft im Verfahren der Überwachung der Behandlung und
Entscheidung [bei Gerichtsverfahren] Widerspruch (kangsu) einlegt, muß das
Volksgericht wiederaufnehmen.
Wenn das Volksgericht in der Sitzung
[=Verhandlung vor der Kammer] Fälle von Widersprüchen (kangsu) behandelt, muß
es die Volksstaatsanwaltschaft auffordern, jemand zur Teilnahme an der
Verhandlung zu entsenden.
§
76 Wenn in Wiederaufnahmefällen der
Volksgerichte im Verfahren der Überwachung der Behandlung und Entscheidung das
fragliche rechtskräftige Urteil bzw. die fragliche rechtskräftige Verfügung von
einem Volksgericht erster Instanz erlassen wurde, werden sie [in der
Wiederaufnahme] nach dem Verfahren erster Instanz behandelt, und gegen die
dabei ergehenden Urteile und Verfügungen können die Parteien Berufung einlegen;
wenn das fragliche rechtskräftige Urteil bzw. die fragliche rechtskräftige
Verfügung von einem Volksgericht zweiter Instanz erlassen wurde, werden sie
nach dem Verfahren zweiter Instanz behandelt, und die dabei ergehenden Urteile
und Verfügungen sind rechtskräftig; wenn ein höheres Volksgericht sie im
Verfahren der Überwachung der Behandlung und Entscheidung an sich zieht, werden
sie [ebenfalls] nach dem Verfahren zweiter Instanz behandelt, und die dabei
ergehenden Urteile und Verfügungen sind rechtskräftig.
Zur Behandlung von Wiederaufnahmefällen muß
das Volksgericht ein anderes Kollegium bilden.
§
77 Wenn im Verfahren der Überwachung
der Behandlung und Entscheidung beschlossen wird, einen Fall wiederaufzunehmen,
muß die Hemmung der Vollstreckung der ursprünglichen Entscheidung verfügt
werden; die Verfügung wird vom Gerichtsvorsitzenden unterschrieben und mit dem
Stempel des Volksgerichts gestempelt.
[a:80.]
Wenn ein höheres Volksgericht beschließt,
einen Fall an sich zu ziehen, oder ein tieferes Volksgericht anweist, ihn
wiederaufzunehmen, muß es dazu eine Verfügung erlassen; die Verfügung muß klar
angeben, daß die Vollstreckung des ursprünglichen Urteils gehemmt wird; bei
dringenden Umständen kann die die Vollstreckung hemmende Verfügung mündlich dem
für die Vollstreckung verantwortlichen Volksgericht oder dem Volksgericht
mitgeteilt werden, welches das wirksame Urteil bzw. die rechtskräftige
Verfügung erlassen hat; jedoch muß innerhalb von zehn Tagen nach der mündlichen
eine schriftliche Verfügung ergehen.
§ 78 Wenn das Volksgericht einen
wiederaufgenommenen Fall behandelt und zu der Ansicht gelangt, daß das
fragliche wirksame Urteil bzw. die fragliche wirksame Verfügung tatsächlich
fehlerhaft ist, kann es gleichzeitig mit der Aufhebung dieses Urteils bzw. dieser
Verfügung eine entsprechende Entscheidung über dessen bzw. deren Inhalt fällen,
es kann aber auch verfügen, daß das Urteil bzw. die Verfügung aufgehoben und
die Sache zur erneuten Behandlung an das Volksgericht zurückverwiesen wird, das
die wirksame Entscheidung erlassen hatte.
§
79 Wenn ein Volksgericht über die
Annahme, die Nichtannahme oder die Zurückweisung einer Klage zunächst
fehlerhaft entschieden hat, muß das Volksgericht, welches den Fall in zweiter
Instanz oder im Wiederaufnahmeverfahren behandelt, ihn je nach den Umständen
wie folgt regeln:
1. Wenn
das Volksgericht erster Instanz ein Urteil in der Sache gefällt hat, und das
Volksgericht zweiter Instanz dann der Ansicht ist, daß [die Klage] nicht zur
Behandlung angenommen werden durfte, kann es gleichzeitig mit der Aufhebung des
Urteils erster Instanz [den Fall] zur erneuten Behandlung zurückverweisen oder
die Klage direkt zurückweisen;
2. wenn
das Volksgericht zweiter Instanz fehlerhaft die Verfügung des Volksgerichts
erster Instanz, die Klage nicht zur Behandlung anzunehmen, aufrechterhalten
hat, muß das wiederaufnehmende Volksgericht die Verfügungen der Volksgerichte
erster und zweiter Instanz aufheben und das Volksgericht erster Instanz
anweisen, [die Klage] zur Behandlung anzunehmen;
3. wenn
das Volksgericht zweiter Instanz fehlerhaft die Verfügung des Volksgerichts
erster Instanz, die Klage zurückzuweisen, aufrechterhalten hat, muß das
wiederaufnehmende Volksgericht die Verfügungen der Volksgerichte erster und
zweiter Instanz aufheben und das Volksgericht erster Instanz anweisen, [den
Fall] zu behandeln.
§
80 Wenn ein Volksgericht bei der
Behandlung eines Wiederaufnahmefalls entdeckt, daß bei einer [rechts]wirksamen
Entscheidung einer der folgenden Umstände vorliegt, muß es verfügen, daß der
Fall zur erneuten Behandlung an das Volksgericht zurückverwiesen wird, das das
wirksame Urteil bzw. die wirksame Verfügung erlassen hat:
1. wenn
ein Richter oder Sekretär, der diesen Fall behandelt hat, [wegen möglicher
Befangenheit] ausgeschlossen werden mußte und nicht ausgeschlossen worden ist;
2. wenn
nach dem Recht der Fall in der Sitzung [=vor der Kammer] verhandelt werden
mußte, und ein Urteil ohne Verhandlung in der Sitzung ergangen ist;
3. wenn
ein Versäumnisurteil ergangen ist, ohne daß die Partei dem Recht gemäß geladen
worden war;
4. wenn
Parteien, die an dem Prozeß teilzunehmen hatten, weggelassen worden sind;
5. wenn
über zu dem Fall in Bezug stehende Klagforderungen nicht entschieden worden
ist;
6. wenn
sonst ein Verfahren entgegen den rechtlichen Bestimmungen eine korrekte
Entscheidung des Fall beeinträchtigen konnte.
§
81 Wenn Wiederaufnahmefälle nach dem
Verfahren erster Instanz behandelt werden, gelten dafür die Fristen des § 57
Verwaltungsprozeßgesetz.
Wenn Wiederaufnahmefälle nach dem Verfahren
zweiter Instanz behandelt werden, gelten dafür die Fristen des § 60
Verwaltungsprozeßgesetz.
§
82 Wenn ein Volksgericht der Grundstufe
beantragt, die Frist für die Behandlung eines Falls zu verlängern, muß es dies
direkt dem Volksgericht der Oberstufe melden und um seine Genehmigung ersuchen;
gleichzeitig muß es das dem Volksgericht der Mittelstufe zu den Akten melden.
7.
Vollstreckung
§
83 Wenn die Ausführung von
rechtskräftigen schriftlichen Urteilen oder Verfügungen in Verwaltungssachen,
Urteilen oder Schlichtungsurkunden über Verwaltungsentschädigungen von darin
verpflichteten Parteien verweigert wird, können die Parteien der Gegenseite
nach dem Recht beim Volksgericht Zwangsvollstreckung beantragen.
[a:81.]
§
84 It der Antragsteller ein Bürger, so
beträgt die Frist für den Antrag auf Vollstreckung von [rechts]wirksamen
schriftlichen Urteilen oder Verfügungen in Verwaltungssachen, Urteilen oder
Schlichtungsurkunden über Verwaltungsentschädigungen ein Jahr; ist eine
Behörde, eine juristische Person oder eine sonstige Organisation Antragsteller,
so beträgt die Frist 180 Tage.
Die Frist für den Antrag auf
Zwangsvollstreckung läuft von dem in der Rechtsurkunde bestimmten letzten Tag
für [ihre] Ausführung an; wenn dort keine Frist für die Ausführung bestimmt
ist, läuft sie von dem Tag an, an dem diese Rechtsurkunde den Parteien
zugestellt wird.
Wird der Antrag verspätet gestellt, so
nimmt das Volksgericht ihn nicht zur Behandlung an, außer wenn es dafür ordentliche
Gründe gibt.
[a:
Nr.87]
§
85 Rechtskräftige schriftliche Urteile
und Verfügungen in Verwaltungssachen, Urteile und Schlichtungsurkunden über
Verwaltungsentschädigungen werden vom Volksgericht erster Instanz vollstreckt.
[a:81.]
Ist das Volksgericht erster Instanz der
Ansicht, daß besondere Umständ Vollstreckung durch das Volksgericht zweiter
Instanz erfordern, so kann es dies dem Volksgericht zweiter Instanz melden und
es um Vollstreckung bitten; das Volksgericht zweiter Instanz kann beschließen,
daß es selbst vollstreckt, es kann auch beschließen, daß vom Volksgericht
erster Instanz vollstreckt wird.
§
86 Wenn eine Behörde gemäß § 66
Verwaltungsprozeßgesetz Vollstreckung ihres konkreten Verwaltungsakts
beantragt, müssen die folgenden Voraussetzungen gegeben sein:
1. Der
konkrete Verwaltungsakt kann nach dem Recht vom Volksgericht vollstreckt
werden;
2. der
konkrete Verwaltungsakt ist wirksam und hat einen vollstreckbaren Inhalt;
3.
Antragsteller ist die Behörde, welche diesen konkreten Verwaltungsakt erlassen
hat, oder eine von Gesetzen, sonstigen Rechtsnormen oder Satzungen ermächtigte
Organisation;
4.
Antragsgegner ist der in diesem konkreten Verwaltungsakt festgestellte
Verpflichtete;
5. der
Antragsgegner hat in der im konkreten Verwaltungsakt festgesetzten Frist oder
der von der Behörde anderswo bestimmten Frist seine Pflicht nicht erfüllt;
6. der
Antragsteller stellt seinen Antrag in der vom Recht bestimmten Frist;
7. der
Verwaltungsfall, in dem Vollstreckung beantragt wird, gehört in den
Zuständigkeitsbereich des Volksgerichts, das den Antrag auf Vollstreckung zur
Behandlung annimmt.
Das Volksgericht muß bei einem Antrag, der
den Voraussetzungen entspricht, das Verfahren eröffnen, den Antrag zur
Behandlung annehmen und den Antragsteller [davon] unterrichten; wenn der Antrag
nicht den Voraussetzungen entspricht, muß es verfügen, daß er nicht zur
Behandlung angenommen wird.
[a:82.]
§
87 Wenn Gesetze und sonstige
Rechtsnormen Behörden kein Zwangsvollstreckungsrecht geben, und eine Behörde
beim Volksgericht Zwangsvollstreckung beantragt, muß das Volksgericht den
Antrag nach dem Recht zur Behandlung annehmen.
Wenn Gesetze und sonstige Rechtsnormen
bestimmen, daß eine Behörde sowohl nach dem Recht [selbst] zwangsvollstrecken,
als auch beim Volksgericht Zwangsvollstreckung beantragen kann, und die Behörde
beim Volksgericht Zwangsvollstreckung beantragt, kann das Volksgericht [den
Antrag] nach dem Recht zur Behandlung annehmen.
§
88 Eine Behörde muß beim Volksgericht
einen Antrag auf Zwangsvollstreckung ihres konkreten Verwaltungsakts innerhalb
von 180 Tagen ab dem Tag stellen, an dem die vom Recht bestimmte Klagefrist des
Vollstreckungsgegners endet. Wird der Antrag verspätet gestellt, so nimmt das
Volksgericht ihn nicht zur Behandlung an, außer wenn es dafür ordentliche
Gründe gibt.
[a:88.
Abs.1 S.2,3]
§
89 Wenn eine Behörde beim Volksgericht
Zwangsvollstreckung ihres konkreten Verwaltungsakts beantragt, wird [der
Antrag] vom Volksgericht der Grundstufe des Orts zur Behandlung angenommen, an
dem sich die Antragstellerin befindet; ist unbewegliches Vermögen Gegenstand
der Vollstreckung, so wird er vom Volksgericht der Grundstufe des Ortes des
Vermögens zur Behandlung angenommen.
Wenn das Volksgericht der Grundstufe der
Ansicht ist, daß die Vollstreckung wirklich schwierig wäre, kann es dies einem
höheren Volksgericht melden und [dieses] um Vollstreckung bitten; das höhere
Volksgericht kann beschließen, selbst zu vollstrecken, es kann auch
beschließen, daß vom tieferen Volksgericht vollstreckt wird. [a:82. S.2]
§
90 Wenn eine dazu gesetzlich
ermächtigte Behörde in einem Zivilrechtsstreit zwischen gleichberechtigten
Subjekten eine Entscheidung erlassen hat, eine Partei in der vom Recht
bestimmten Frist weder [dagegen] klagt, noch [der Entscheidung] nachkommt, und
die Behörde, welche die Entscheidung erlassen hat, in der Frist für den Antrag
auf Vollstreckung beim Volksgericht keinen Antrag auf Zwagsvollstreckung
gestellt hat, kann der im wirksamen konkreten Verwaltungsakt festgestellte
Berechtigte oder sein Erbe oder ein von ihm Ermächtigter innerhalb von 90 Tagen
beim Volksgericht Zwangsvollstreckung beantragen.
Wenn berechtigte Bürger, juristische
Personen oder andere Organisationen beim Volksgericht Zwangsvollstreckung eines
konkreten Verwaltungsakts beantragen, werden die Vorschriften für den Antrag
einer Behörde beim Volksgericht auf Zwangsvollstreckung ihres konkreten
Verwaltungsakts berücksichtigt.
§
91 Eine Behörde, welche beim
Volksgericht Zwangsvollstreckung ihres konkreten Verwaltungsakts beantragt, muß
einen schriftlichen Vollstreckungsantrag einreichen, ferner die der
Vollstreckung zugrundeliegende Verwaltungsrechtsurkunde, Unterlagen zum Beweis
dafür, daß der konkrete Verwaltungsakt dem Recht entspricht und Unterlagen zu
den Vermögensverhältnissen des Vollstreckungsgegners und was sonst an
Unterlagen einzureichen ist.
[a:85.]
Wenn berechtigte Bürger, juristische
Personen oder andere Organisationen beim Volksgericht Zwangsvollstreckung
beantragen, muß das Volksgericht bei der Behörde, welche die Entscheidung
erlassen hat, die betreffenden Unterlagen einholen.
§
92 Haben die Behörde oder der im
konkreten Verwaltungsakt festgestellte Berechtigte, bevor sie beim Volksgericht
Zwangsvollstreckung beantragen, gute Gründe für die Annahme, daß der
Vollstreckungsgegner sich der Vollstreckung entziehen könnte, so können sie
beantragen, daß das Volksgericht Maßnahmen zur Vermögenssicherung ergreift.
Wenn letzterer Zwangsvollstreckung beantragt, muß er entsprechende
Vermögenssicherheit leisten.
[a:51.]
§
93 Nachdem das Volksgericht den Fall
des Antrags einer Behörde auf Vollstreckung ihres konkreten Verwaltungsakts zur
Behandlung angenommen hat, muß es innerhalb von 30 Tagen aus der
Verwaltungskammer ein Kollegium bilden, um die Rechtmäßigkeit des konkreten
Verwaltungsakts zu prüfen und eine Verfügung darüber zu erlassen, ob [seine]
Zwangsvollstreckung gestattet werden soll; ist es erforderlich,
Zwangsvollstreckungsmaßnahmen zu ergreifen, so werden sie von dem Organ dieses
Gerichts vollstreckt, das für die Zwangsvollstreckung nicht streitiger
Verwaltungsakte verantwortlich ist.
§
94 Wenn im Verlauf eines Prozesses die
Beklagte oder der im konkreten Verwaltungsakt festgestellte Berechtigte beantragt,
daß das Volksgericht den beklagten konkreten Verwaltungsakt zwangsvollstreckt,
und das Volksgericht keine Vollstreckung gewährt, es aber den Interessen des
Staates oder der Allgemeinheit oder den legalen Rechtsinteressen anderer nicht
wiedergutzumachenden Schaden zufügen könnte, wenn nicht unverzüglich
vollstreckt wird, kann das Volksgericht Vorausvollstreckung gewähren. Wenn
letzterer Zwangsvollstreckung beantragt, muß er entsprechende
Vermögenssicherheit leisten. [a:vgl.57.]
§
95 Wenn bei einem konkreten
Verwaltungsakt, dessen Vollstreckung beantragt wird, einer der folgenden
Umstände vorliegt, muß das Volksgericht verfügen, daß keine Vollstreckung
gewährt wird:
1. Wenn
offensichtlich eine tatsächliche Grundlage fehlt;
2. wenn
offensichtlich eine rechtliche Grundlage fehlt; [vgl.a:86]
3. wenn
sonst offensichtlich das Recht verletzt und die legalen Rechtsinteressen des
Vollstreckungsgegners geschädigt werden.
§
96 Wenn eine Behörde es ablehnt, einem
wirksamen Urteil oder einer wirksamen Verfügung eines Volksgerichts
nachzukommen, kann das Volksgericht nach § 65 Abs. 3 Verwaltungsprozeßgesetz
verfahren und ferner unter Berücksichtigung von § 102 Zivilprozeßgesetz gegen
den Hauptverantwortlichen oder direkt Verantwortliche Geldbußen verhängen. [Vgl.
a:57]
8.
Sonstiges
§
97 Die Volksgerichte können bei der
Behandlung von Verwaltungsfällen außer dem Verwaltungsprozeßgesetz und den
vorliegenden Erläuterungen auch einschlägige Vorschriften des
Zivilprozeßgesetzes berücksichtigen.
[a:114.]
§
97 Diese Erläuterungen werden vom Tag
des Erlasses an angewandt. »"Einige Ansichten des Obersten Volksgerichts
zur sorgfältigen Durchführung des Verwaltungsprozeßgesetzes der VR China",
versuchsweise durchgeführt« treten gleichzeitig außer Kraft; soweit vom
Obersten Volksgericht bisher erlassene justizielle Erläuterungen und mit den
betreffenden Behörden gemeinsam erlassene normative Schriftstücke mit diesen
Erläuterungen nicht übereinstimmen, wird nach diesen Erläuterungen verfahren.
Quelle:
www.dffy.com/law/xzssfjs.htm
Anmerkungen:
<1>
Diese Erläuterungen ersetzen die in 4.4.89/1 noch mit wiedergegebenen
Erläuterungen vom 11.6.1991. Der Vergleich mit den alten Erläuterungen ist
interessant; wir geben deshalb zu den einzelnen Paragraphen jeweils, soweit
vorhanden, die Nummer der entsprechenden alten Erläuterung - abgekürzt a - in
eckigen Klammern an, finden, z.B. zu § 97 [a:114.], will sagen: § 97,
entsprechend Nr.114 der alten Erläuterungen. Der Vergleich zeigt: Die neuen
Erläuterungen sind wissenschaftlicher als die alten, systematischer aufgebaut,
lassen viel Überflüssiges weg, insbesondere Zitate aus dem nach § 97 [a:114.]
ohnehin mit heranzuziehenden Zvilprozeßgesetz (so a:95., 96., die wörtlich §§
234,235 des Zivilprozeßgesetzes entsprechen), füllen dafür aber zahlreiche
Lücken der alten Erläuterungen; man vgl. insbesondere die zahlreichen
Vorschriften, zu denen keine Entsprechung in den alten Erläuterungen oder (mit
[vgl. a:..]) nur ein Hinweis auf in a entfernt entsprechende Vorschriften
angegeben ist.
Verlängert wurden gegenüber den alten
Erläuterungen einige Rechtsmittel- und Vollstreckungsfristen.
Hinzugekommen sind Vorschriften, welche die
Rechte von Klägern sichern, die von einer Behörde festgehalten werden (vgl.
insbesondere §§ 9, 11 II, 25, 43; die entsprechenden alten Erläuterungen sagen
nichts zu diesem Problem). Der nachträgliche Vortrag von Beweisen durch die
Behörden wird schärfer eingeschränkt als bisher, vgl. insbesondere §§ 30, 31.
Als Rechte, die, wenn ein Verwaltungsakt sie verletzt, Grund zur
Verwaltungsklage geben, werden jetzt auch das Recht auf "gerechten
Wettbewerb" (§ 13 Nr.1), aufgrund eines Übernahmevertrags für kollektives
landwirtschaftliches Land (d.h. das dem bäuerlichen Betrieb zugrundliegende
Recht; § 16) und auf Betriebsautonomie der Kapitalgesellschaft (§ 18)
aufgeführt, dagegen ein Recht, gegen die behördliche Löschung, Fusion,
Aufteilung, Eingliederung oder "Änderung der Zugehörigkeitsbeziehung"
zu klagen nur für nicht staatliche Unternehmen (§ 17).
Die positive Definition des konkreten
Verwaltungsakts [a:1], gegen den geklagt werden kann, ist in den neuen
Erläuterungen durch negative Definitionen des Verwaltungshandelns ersetzt
worden, gegen das nicht geklagt werden kann, insbesondere durch die Defintion
der Allgemeinverfügung in § 3, ferner die Definitionen der Staatsakte zu
Verteidigung, auswärtigen Beziehungen und der Ausrufung des Notstands u.ä.
sowie beamtenrechtliche Verfügungen (§§ 2,4). Der Ausschluß der
Verwaltungsklage allein für strafprozessuales Handeln der Polizei (§ 1 Nr.2)
ersetzt umständliche alte Erläuterungen zu den einzelnen polizeilichen
Verfügungen, gegen die geklagt werden konnte.
Interessant sind die neuen Vorschriften zum
Ausgleich von öffentlichem Interesse und Rechtmäßigkeit in §§ 57 - 59.
Insgesamt dienen die neuen Erläuterungen
einer vernünftigen, rechtsstaatlicheren Auslegung des für chinesische
Verhältnisse schon recht alten Verwaltungsprozeßgesetzes.
Rechtsstaatliche Bedenken mögen allerdings
gegen § 62 aufkommen, weil danach nun auch "Satzungen" jeder Art,
also jede behördliche Allgemeinverfügung "heranzuziehen" ist, während
das Verwaltungsprozeßgesetz die rechtliche Grundlage von Entscheidungen aus
wohlerwogenen Gründen auf Gesetze und "Verwaltungsnormen", d.h. mindestens
von Provinzregierungen erlassenen Normen beschränkt und darüber hinaus nur
erlaubt hatte, "Satzungen" höherer Behörden zu
"berücksichtigen". Aber damit waren die Allgemeinverfügungen weder
aus der Welt geschafft noch anfechtbar. Wenn nach § 62 jetzt
Allgemeinverfügungen dann "herangezogen werden können", wenn sie
"dem Recht entsprechen", so wird damit gleichzeitig die Prüfung ihrer
Rechtmäßigkeit vorgeschrieben, wenn auch nur jeweils anläßlich eines auf ihnen
beruhenden konkreten Verwaltungsaktes. Damit kann man praktisch viel effektiver
gegen bedenkliche Allgemeinverfügungen vorgehen, als wenn man, wie nach den
alten Erläuterungen, so tun muß, als existierten Allgemeinverfügungen gar
nicht.
<2>
"ihre rechtlichen Interessen berührt": chin. you falü shang lihai
guanxi, wörtlich: zu dem sie eine Beziehung haben, die gesetzlich vorteil- oder
nachteilhaft ist; gemeint ist, daß der Verwaltungsakt irgendwie gesetzliche
Rechte oder Pflichten des Klägers berührt. Ebenso hier in §§ 13 Nrn.2,4 und
z.B. in § 56 II Zvilprozeßgesetz. Wo im Original - in §§ 24, 55 - nur von
Leuten mit lihai guanxi, vor- oder nachteiligen Beziehungen, die Rede ist,
spricht unsere Übersetzung von "Interessierten". Gemeint ist dasselbe
wie bei den "rechtlichen" Interessen.
<3>
=einer Kapitalgesellschaft oder Aktiengenossenschaft
Übersetzung,
Anmerkungen, Copyright daran: F.Münzel, Hamburg