Chinas
Recht 2003.1
29.8.02/1
Gesetz
der VR China zur Übernahme von Dorfland <1>
Verabschiedet
am 29.8.2002 vom Ständigen Ausschuß des Nationalen Volkskongresses
Inhalt
1.
Kapitel: Allgemeine Regeln
2.
Kapitel: Übernahme durch Familien
1. Abschnitt: Rechte und Pflichten des
Vergebers und des Übernehmers
2. Abschnitt: Grundsätze und Verfahren der
Übernahme
3. Abschnitt: Dauer der Übernahme und
Übernahmevertrag
4. Abschnitt: Schutz des Rechts auf
Übernahme der Bewirtschaftung von Land
5. Abschnitt: Zirkulation des Rechts auf
Übernahme der Bewirtschaftung von Land
3.
Kapitel: Übernahme in anderer Weise
4.
Kapitel: Streitlösung und rechtliche Verantwortung
5.
Kapitel: Ergänzende Regeln
1.
Kapitel: Allgemeine Regeln
§
1 Um das auf der Übernahme der
Bewirtschaftung durch die Familien beruhende voll integrierte System der
Bewirtschaftung in zwei Stufen zu stabilisieren und vervollkommnen, den Bauern
langfristige gesicherte Landnutzungsrechte zu geben, die legalen Rechtsinteressen
der Parteien der Übernahme von Dorfland zu schützen, die Entwicklung der
Landwirtschaft und dörflichen Wirtschaft und die Stabilisierung der dörflichen
Gesellschaft voranzutreiben, wird aufgrund der Verfassung dies Gesetz bestimmt.
§
2 Als "Dorfland" bezeichnet
dies Gesetz bäuerlichen Kollektiven gehörendes sowie dem Staat gehörendes und
von bäuerlichen Kollektiven genutztes Ackerland, Waldland, Grasland und anderes
nach dem Recht für die Landwirtschaft genutztes Land.
§
3 Der Staat wendet ein System der
Übernahme der Bewirtschaftung des Dorflands durch Familien an.
Als Art und Weise der Übernahme von
Dorfland wird die Übernahme durch Familien innerhalb der kollektiven
Wirtschaftsorganisation des Dorfes gewählt. Für nicht für diese Weise der Übernahme
geeignetes Dorfland wie öde Berge, Schluchten, Hügel oder Watten kann eine
Übernahme etwa durch Ausschreibung, Versteigerung oder öffentlich ausgehandelte
Übernahme gewählt werden.
§
4 Der Staat schützt nach dem Recht die
langfristige Stabilität der Übernahmebeziehungen am Dorfland.
Nach der Übernahme von Dorfland ändert sich
der Charakter des Eigentums am Land nicht. Übernommenes Land darf nicht
verkauft werden.
§
5 Die Mitglieder einer dörflichen
kollektiven Wirtschaftsorganisation sind berechtigt, nach dem Recht von dieser
Wirtschaftsorganisation vergebenes Dorfland zu übernehmen.
Keine Organisation und kein einzelner darf
den Mitgliedern der dörflichen kollektiven Wirtschaftsorganisation das Recht,
Land zu übernehmen, entziehen oder es widerrechtlich einschränken.
§
6 Bei der Übernahme von Dorfland sind
Frauen und Männer gleichberechtigt. Bei der Übernahme müssen die legalen
Rechtsinteressen der Frauen geschützt werden; keine Organisation und kein
einzelner darf Rechte, welche die Frauen auf Übernahme der Bewirtschaftung von
Land genießen müssen, entziehen oder verletzen.
§
7 Die Übernahme von Dorfland muß
grundsätzlich strikt öffentlich, fair und gerecht erfolgen und die
Interessenbeziehungen der drei Seiten - des Staates, des Kollektivs und des
einzelnen - korrekt regeln.
§
8 Bei der Übernahme von Dorfland
müssen die Gesetze und [Verwaltungs]rechtsnormen eingehalten und die
vernünftige Erschließung und nachhaltige Nutzung der Bodenressourcen geschützt
werden. Ohne Genehmigung nach dem Recht darf Übernahmeland nicht für
nichtlandwirtschaftliche Bauten genutzt werden.
Der Staat ermutigt die Bauern und die
dörflichen kollektiven Wirtschaftsorganisationen, ihre Investitionen in das
Land zu steigern, die Böden zu verbessern und die landwirtschaftliche
Produktivkraft zu steigern.
§
9 Der Staat schützt die legalen
Rechtsinteressen der Eigentümer kollektiven Lands und das Recht des
Übernehmers, die Bewirtschaftung des Lands zu übernehmen, keine Organisation
und kein Einzelner darf sie verletzen.
§
10 Der Staat schützt es, wenn der
Übernehmer nach dem Recht, freiwillig und entgeltlich das Recht, die
Bewirtschaftung des Lands zu übernehmen, zirkuliert.
§
11 Die für Landwirtschaft und für
Forstwirtschaft zuständigen Abteilungen des Staatsrats sind getrennt, jede
entsprechend ihren vom Staatsrat bestimmten Amtsobliegenheiten, landesweit für
die Anleitung der Verwaltung der Übernahme von Dorfland und der
Übernahmeverträge verantwortlich. Die Land- und Forstwirtschaftsbehörden der
territorialen Volksregierungen von der Kreisstufe aufwärts sind getrennt, jede
entsprechend ihren Amtsobliegenheiten, für die Verwaltung der Übernahme von
Dorfland und der Übernahmeverträge in ihrem Verwaltungsgebiet verantwortlich.
Die Volksregierungen der Gemeinden (bzw. Kleinstädte) sind in ihrem
Verwaltungsgebiet für die Verwaltung der Übernahme von Dorfland und der
Übernahmeverträge verantwortlich.
2.
Kapitel: Übernahme durch Familien
1.
Abschnitt: Rechte und Pflichten des Vergebers und des Übernehmers
§
12 Das dem bäuerlichen Kollektiv
gehörende Land steht nach dem Recht im Eigentum des bäuerlichen Kollektivs des
Dorfes und wird von der kollektiven Wirtschaftsorganisation des Dorfes oder dem
Dorfbevölkerungsausschuß vergeben; ist es auf bäuerliches Kollektiveigentum
mehrerer kollektiver Wirtschaftsorganisationen des Dorfes aufgeteilt, so wird
es von den einzelnen dörflichen kollektiven Wirtschaftsorganisationen oder von
den Zellen der Dorfbevölkerung vergeben. Bei der Vergabe dürfen die dörflichen
kollektiven Wirtschaftsorganisationen bzw. die Vertreterversammlung der
Dorfbevölkerung das Landeigentum der bäuerlichen Kollektive der einzelnen
dörflichen kollektiven Wirtschaftsorganisationen nicht verändern.
Staatseigenes und nach dem Recht von
bäuerlichen Kollektiven genutztes Dorfland wird von der das Land nutzenden
dörflichen kollektiven Wirtschaftsorganisation, dem Dorfbevölkerungsausschuß
oder den Zellen der Dorfbevölkerung vergeben.
§
13 Die vergebende Seite hat die folgenden
Rechte:
1.
Dorfland zu vergeben, das diesem Kollektiv gehört, oder das dem Staat gehört
und nach dem Recht von diesem Kollektiv genutzt wird;
2. zu
überwachen, daß der Übernehmer das Land entsprechend der im Übernahmevertrag
bestimmten Verwendung vernünftig nutzt und schützt;
3.
Handlungen des Übernehmers zu unterbinden, welche das übernommene Land und
landwirtschaftliche Ressourcen schädigen;
4.
andere von Gesetzen und Verwaltungsnormen bestimmte Rechte.
§
14 Die vergebende Seite hat die folgenden
Pflichten:
1. Das
Recht des Übernehmers auf die Übernahme der Bewirtschaftung des Lands zu
schützen; der Vergeber darf den Übernahmevertrag nicht rechtswidrig ändern oder
aufheben;
2. das
Recht des Übernehmers zu achten, selbst über Produktion und Vertrieb zu
bestimmen; der Vergeber darf sich in die normale Produktions- und
Vertriebstätigkeit, die der Übernehmer nach dem Recht durchführt, nicht
einmischen;
3.
entsprechend den Vereinbarungen im Übernahmevertrag dem Übernehmer insbesondere
bei Produktion und Technik und mit Informationen Dienstleistungen zur Verfügung
zu stellen;
4. die
Gesamtplanung des Kreises und der Gemeinde (Kleinstadt) für die Landnutzung
durchzuführen und den Bau der landwirtschaftlichen Basisanlagen in dieser
kollektiven Wirtschaftsorganisation zu organisieren;
5.
andere von Gesetzen und Verwaltungsnormen bestimmte Pflichten.
§
15 Bei der Übernahme durch Familien
sind die Bauernhaushalte dieser kollektiven Wirtschaftsorganisation die
Übernehmer.
§
16 Die übernehmende Seite hat die
folgenden Rechte:
1. Im
Rahmen der rechtlichen Vorschriften das Recht auf die Nutzung des übernommenen
Lands und die Ziehung seiner Früchte sowie auf Zirkulation des Übernahme- und
Bewirtschaftungsrechts <2> zu genießen; der Übernehmer ist berechtigt,
Produktion und Vertrieb autonom zu organisieren und über die Produkte zu
verfügen;
2. wenn
das übernommene Land nach dem Recht beschlagnahmt bzw. in Besitz genommen wird,
hat der Übernehmer das Recht, nach dem Recht einen entsprechenden Ausgleich zu
erhalten;
3.
andere von Gesetzen und Verwaltungsnormen bestimmte Rechte.
§
17 Die übernehmende Seite hat die
folgenden Pflichten:
1. Die
landwirtschaftliche Nutzung des übernommenen Landes beizubehalten; der
Übernehmer darf es nicht für nicht landwirtschaftliche Bauten nutzen;
2. das
Land nach dem Recht zu schützen und vernünftig zu nutzen; der Übernehmer darf
dem Land keinen dauerhaften Schaden zufügen;
3.
andere von Gesetzen und Verwaltungsnormen bestimmte Pflichten.
2.
Abschnitt: Grundsätze und Verfahren der Übernahme
§
18 Bei der Übernahme von Land müssen
die folgenden Grundsätze beachtet werden:
1. Daß
dann, wenn nach den Vorschriften zusammengefaßt die Übernahme organisiert wird,
die Mitglieder der betreffenden kollektiven Wirtschaftsorganisation nach dem
Recht gleichberechtigt das Recht zur Übernahme von Land ausüben und auch
freiwillig darauf verzichten können;
2.
demokratische Aushandlung [der Übernahmeverträge], Faineß und Vernünftigkeit;
3. das
Übernahmeprojekt muß gemäß § 12 nach dem Recht die Zustimmung von zwei Dritteln
der Versammlung bzw. der Vertreter der Dorfbevölkerung der Mitglieder der
kollektiven Wirtschaftsorganisation finden;<3>
4.
Übereinstimmung des Übernahmeverfahrens mit dem Recht.
§
19 Die Übernahme von Land muß nach dem
folgenden Verfahren durchgeführt werden:
1. Die
Versammlung der Dorfbevölkerung der Mitglieder der kollektiven
Wirtschaftsorganisation wählt eine Übernahme-Arbeitsgruppe;
2. die
Arbeitsgruppe entwirft nach den Gesetzen und [Verwaltungs]rechtsnormen ein
Übernahmeprojekt und macht es bekannt;
3. nach
dem Recht wird die Versammlung der Dorfbevölkerung der Mitglieder der
kollektiven Wirtschaftsorganisation einberufen, die das Übernahmeprojekt
diskutiert und verabschiedet;
4. die
Ausführung des Übernahmeprojekts wird öffentlich organisiert;
5. es
werden Übernahmeverträge abgeschlossen.
3.
Abschnitt: Dauer der Übernahme und Übernahmevertrag
§
20 Die Dauer der Übernahme von
Ackerland beträgt 30 Jahre. Grasland wird für 30 bis 50 Jahre übernommen.
Waldland wird für 30 bis 70 Jahre übernommen; bei besonderen Arten von Wald
kann mit Genehmigung der für Forstwirtschaftsverwaltung zuständigen Abteilung
des Staatsrats die Übernahmedauer darüber hinaus ausgedehnt werden.
§
21 Der Vergeber muß mit dem Übernehmer
einen schriftlichen Übernahmevertrag schließen.
Der Übernahmevertrag umfaßt in der Regel
folgende Punkte:
1. Die
Bezeichnungen des Vergebers und des Übernehmers und die Namen und Adressen des
Verantwortlichen beim Vergeber und des Vertreters des Übernehmers;
2.
Bezeichnung, Lage, Fläche und Gütegrad des übernommenen Lands;
3.
Dauer der Übernahme, Anfangs- und Enddatum;
4.
Verwendung des übernommenen Lands;
5.
Rechte und Pflichten des Vergebers und des Übernehmers;
6. Haftung
für Vertragsverletzungen.
§
22 Der Übernahmevertrag tritt mit dem
Tag seiner Errichtung in Kraft. Der Übernehmer erlangt mit Inkrafttreten des
Übernahmevertrags das Recht, die Bewirtschaftung des Lands zu übernehmen.
§
23 Die territoriale Volksregierung auf
Kreis- oder höherer Stufe muß dem Übernehmer einen schriftlichen Nachweis des
Rechts auf Übernahme der Bewirtschaftung des Lands bzw. des Waldrechts
ausstellen und [diese Rechte] registrieren und [dafür] ein Register erstellen,
um die Rechte auf Übernahme der Bewirtschaftung von Land festzustellen.
Für die Ausstellung von schriftlichen
Nachweisen der Rechte auf Übernahme der Bewirtschaftung von Land bzw. der
Waldrechte dürfen außer der vorgeschriebenen Erhebung der Selbstkosten für die
Erstellung von Urkunden keine Kosten erhoben werden;
§
24 Wenn der Übernahmevertrag in Kaft
getreten ist, darf der Vergeber ihn nicht deshalb ändern oder aufheben, weil
sich der Übernehmer oder der Verantwortliche ändert, oder weil die kollektive
Wirtschaftsorganisation aufgeteilt wird oder fusioniert.
§
25 Staatsbehörden und ihre Beamten
dürfen ihre Amtsbefugnisse nicht benutzen, um sich in die Übernahme von
Dorfland einzumischen oder um Übernahmeverträge zu ändern oder aufzuheben.
4.
Abschnitt: Schutz des Rechts auf Übernahme der Bewirtschaftung von Land
§
26 Während der Dauer der Übernahme darf
der Vergeber das übernommene Land nicht wieder einziehen.
Wenn während der Dauer der Übernahme die
gesamte übernehmende Familie in eine Kleinstadt umzieht, muß je nach dem Wunsch
der übernehmenden Seite ihr ihr Recht auf Übernahme der Bewirtschaftung des
übernommenen Lands belassen oder gestattet werden, nach dem Recht dies Recht zu
zirkulieren.
Wenn während der Dauer der Übernahme die
gesamte übernehmende Familie in eine in Stadbezirke unterteilte Stadt umzieht
und in [das Register der] nicht landwirtschaftlichen Haushalte übertragen wird,
muß sie übernommenes Acker- und Grasland dem Vergeber zurückgeben. Wenn der
Übernehmer es nicht zurückgibt, kann der Vergeber das übernommene Acker- und
Grasland wieder einziehen.
Wenn während der Dauer der Übernahme der
Übernehmer übernommenes Land zurückgibt, oder der Vergeber es nach dem Recht
wieder einzieht, hat der Übernehmer, der in das übernommene Land investiert und
dessen Produktionsfähigkeit gesteigert hat, das Recht, dafür einen
entsprechenden Ausgleich zu erhalten.
§
27 Während der Dauer der Übernahme darf
der Vergeber nicht korrigieren, welches Land übernommen wird.
Wenn während der Dauer der Übernahme
Naturkatastrophen dem übernommenen Land schwere Schäden zufügen, und dies oder
sonstige besondere Umstände eine entsprechende Korrektur [der Verteilung] des
übernommenen Acker- oder Graslandes auf die einzelnen bäuerlichen Haushalte erforderlich
machen, ist dafür das Einverständnis von zwei Dritteln der Mitglieder der
Versammlung bzw. der Vertreter der Dorfbevölkerung der Mitglieder dieser
kollektiven Wirtschaftsorganisation einzuholen, und [die Korrektur] ist der
Volksregierung der Gemeinde (Kleinstadt) und den insbesondere für
Landwirtschaft zuständigen Behörden der Volksregierung auf Kreisstufe zur
Genehmigung zu melden. Wenn im Übernahmevertrag vereinbart worden ist, daß
nicht korrigiert worden darf, so gilt diese Vereinbarung.
§ 28 Zur Korrektur [der Verteilung] des
übernommenen Lands bzw. zur Vergabe an neu hinzugekommene Bevölkerung muß das
folgende Land benutzt werden:
1.
Reserveland, das die kollektive Wirtschaftsorganisation nach dem Recht
zurückbehalten hat,
2.
Land, das durch auf dem Recht beruhende Erschließung oder auf andere Weise
hinzugekommen ist,
3.
Land, das Übernehmer nach dem Recht freiwillig zurückgegeben haben.
§
29 Während der Dauer der Übernahme kann
der Übernehmer freiwillig dem Vergeber übernommenes Land zurückgeben. Wenn der
Übernehmer freiwillig dem Vergeber übernommenes Land zurückgibt, muß er den
Vergeber ein halbes Jahr vorher schriftlich unterrichten. Wenn der Übernehmer
während der Dauer der Übernahme übernommenes Land zurückgibt, darf er während der
Dauer der Übernahme nicht erneut die Übernahme von Land fordern.
§
30 Wenn eine Frau während der Dauer der
Übernahme heiratet und an ihrem neuen Wohnort kein Übernahmeland erhalten hat,
darf der Vergeber ihr bisher übernommenes Land nicht wieder einziehen; wenn sie
geschieden wird oder ihr Gatte stirbt, und sie weiter am bisherigen
[Ehe]wohnort lebt oder zwar nicht mehr dort lebt, aber am neuen Wohnort kein
Übernahmeland erhalten hat, darf der Vergeber ihr bisher übernommenes Land
nicht wieder einziehen.
§
31 Die dem Übernehmer zustehenden
Früchte der Übernahme werden nach dem Erbgesetz vererbt.
Wenn Übernehmer von Waldland sterben,
können Erben während der Dauer der Übernahme die Übernahme fortsetzen.
5.
Abschnitt: Zirkulation des Rechts auf Übernahme der Bewirtschaftung von Land
<2>
§
32 Das mit der Übernahme durch Familien
erlangte Recht auf Übernahme der Bewirtschaftung von Land kann nach dem Recht
wahlweise durch Weitervergabe der Übernahme, Verpachtung, Tausch, Übertragung
oder auf andere Art zirkuliert werden.
§
33 Bei der Zirkulation des Rechts auf
Übernahme der Bewirtschaftung von Land müssen die folgenden Grundsätze
eingehalten werden:
1.
Aushandlung unter Gleichberechtigten, Freiwilligkeit, Entgeltlichkeit; keine
Organisation und kein einzelner darf Übernehmer zur Zirkulation des Rechts auf
Übernahme der Bewirtschaftung von Land zwingen oder sie daran hindern;
2. der
Charakter des Eigentums am Land und die landwirtschaftliche Nutzung des Lands
dürfen nicht verändert werden;
3. die
Dauer der Zirkulation darf die von der Dauer der Übernahme verbleibende Zeit
nicht überschreiten;
4. der
[Zirkulations]empfänger muß fähig sein, Landwirtschaft zu betreiben;
5. bei
sonst gleichen Voraussetzungen haben die Mitglieder dieser kollektiven
Wirtschaftsorganisation ein Vorrecht [auf die Übernahme].
§
34 Subjekt der Zirkulation des Rechts
auf Übernahme der Bewirtschaftung von Land ist der Übernehmer. Der Übernehmer
ist berechtigt, nach dem Recht unabhängig zu bestimmen, ob und in welcher Weise
er das Recht auf Übernahme der Bewirtschaftung von Land zirkuliert.
§
35 Während der Dauer der Übernahme darf
der Vergeber den Übernahmevertrag nicht einseitig aufheben. Er darf nicht unter
dem Vorwand, daß die Minderheit sich der Mehrheit fügen muß, den Übernehmer
zwingen, das Recht auf Übernahme der Bewirtschaftung von Land aufzugeben oder
zu ändern, er darf nicht mit der Begründung, "Mundkornfelder",
"Verantwortungsfelder" oder dergleichen abzugrenzen, übernommenes Land
wieder einziehen und zur Übernahme [neu] ausschreiben, er darf kein
übernommenes Land zur Verrechnung gegen Schulden wieder einziehen.<4>
§
36 Bei der Zirkulation des Rechts auf
Übernahme der Bewirtschaftung von Land muß die Gebühr für eine Weitervergabe
der Übernahme, die Pacht oder die Übertragungsgebühr von den Parteien
ausgehandelt werden. Der Ertrag der Zirkulation gehört dem Übernehmer; keine
Organisation und kein einzelner darf davon etwas eigenmächtig einbehalten oder
abführen.
§
37 Wenn das Recht auf Übernahme der
Bewirtschaftung von Land durch Weitervergabe der Übernahme, Verpachtung,
Tausch, Übertragung oder in anderer Weise zirkuliert wird, müssen die Parteien
[darüber] einen schriftlichen Vertrag schließen. Wenn sie zur Zirkulation die
Form der Übertragung wählen, muß das Einverständnis des Vergebers eingeholt
werden; wenn sie die Weitervergabe der Übernahme, Verpachtung, Tausch oder
andere Formen der Zirkulation wählen, muß das dem Vergeber zu den Akten
gemeldet werden.
Der Vertrag über die Zirkulation des Rechts
auf Übernahme der Bewirtschaftung von Land umfaßt in der Regel folgende Punkte:
1.
Namen und Adressen der Parteien;
2.
Bezeichnung, Lage, Fläche und Gütegrad des zirkulierten Lands;
3.
Dauer der Zirkulation, Anfangs- und Enddatum;
4.
Verwendung des zirkulierten Lands;
5.
Rechte und Pflichten der Parteien;
6.
Preis der Zirkulation und Zahlungsweise;
7.
Haftung für Vertragsverletzungen.
§
38 Wenn das Recht auf Übernahme der
Bewirtschaftung von Land durch Tausch oder Übertragung zirkuliert wird, und die
Parteien Registrierung verlangen, müssen sie bei der Volksregierung auf Kreis-
oder höherer Stufe Registrierung beantragen. Unregistriert kann [der Vorgang]
gutgläubigen Dritten nicht entgegengehalten werden.
§
39 Der Übernehmer kann für eine
bestimmte Dauer das Recht auf Übernahme der Bewirtschaftung eines Teils des
Lands oder des ganzen Lands an einen Dritten weitervergeben oder verpachten,
ohne daß sich die Übernahmebeziehung zwischen Übernehmer und Vergeber ändert.
Wenn der Übernehmer das Land für höchstens
ein Jahr zur Bearbeitung an seiner Statt einem anderen übergibt, braucht kein
schriftlicher Vertrag abgeschlossen zu werden.
§
40 Übernehmer können zur bequemeren
Bearbeitung oder aus [sonstigen] eigenen Bedürfnissen Rechte auf Übernahme der
Bewirtschaftung an Land, das der gleichen kollektiven Wirtschaftsorganisation
gehört, austauschen.
§
41 Wenn ein Übernehmer eine verläßliche
nicht landwirtschaftliche Berufstätigkeit oder eine verläßliche
Einkommensquelle hat, kann er mit dem Einverständnis des Vergebers das Recht
auf Übernahme der Bewirtschaftung des ganzen oder eines Teils des [von ihm
übernommenen] Lands einem anderen Produktion und Vertrieb in der Landwirtschaft
betreibenden Bauernhaushalt übertragen; letzterer Bauernhaushalt errichtet mit
dem Vergeber eine neue Übernahmebeziehung, und damit endet die
Übernahmebeziehung zwischen dem ursprünglichen Übernehmer und dem Vergeber in
Bezug auf dieses Land.
§
42 Zur Entwicklung der Landwirtschaft
können Übernehmer sich freiwillig verbinden, ihre Rechte auf Übernahme der
Bewirtschaftung als Anteile einbringen und landwirtschaftliche
genossenschaftliche Produktion betreiben.
§
43 Wenn ein Übernehmer in das
übernommene Land investiert und dessen Produktionskraft gesteigert hat, so hat
er bei auf dem Recht beruhender Zirkulation des Rechts auf Übernahme der
Bewirtschaftung das Recht, einen entsprechenden Ausgleich zu erhalten.
3.
Kapitel: Übernahme in anderer Weise
§
44 Wenn nicht für eine Übernahme in der
Weise der Übernahme durch Familien geeignetes Dorfland, wie öde Berge,
Schluchten, Hügel oder Watten, in anderer Weise, wie durch Ausschreibung oder
Versteigerung oder in öffentlichen Verhandlungen, übernommen wird, gilt dies
Kapitel.
§
45 Wenn Dorfland in anderer Weise
übernommen wird, muß ein Übernahmevertrag unterzeichnet werden. Rechte und
Pflichten der Parteien, Übernahmedauer und anders werden von den Parteien
ausgehandelt. Bei Übernahme durch Ausschreibung oder Versteigerung wird die
Übernahmegebühr durch den öffentlichen Wettbewerb bei den Geboten und Preisen
bestimmt; bei Übernahme durch öffentliche Verhandlungen wird sie von den
Parteien ausgehandelt.
§
46 Öde Berge, Schluchten, Hügel, Watten
usw. können direkt über Ausschreibungen, Versteigerungen, öffentliche
Verhandlungen oder auf andere Weise übernommen und bewirtschaftet werden; es
kann auch das Recht auf Übernahme der Bewirtschaftung in Anteile für die
Mitglieder dieser kollektiven Wirtschaftsorganisation umgerechnet werden, und
dann wird Übernahme der Bewirtschaftung oder eine aktiengenossenschaftliche
Bewirtschaftung durchgeführt.
Bei der Übernahme öder Berge, Schluchten,
Hügel oder Watten müssen die einschlägigen Gesetze und Verwaltungsrechtsnormen
eingehalten werden, muß verhindert werden, daß Muttererde verlorengeht, muß das
ökologische Gleichgewicht geschützt werden.
§
47 Bei der Übernahme von Dorfland in
anderer Weise haben unter sonst gleichen Voraussetzungen Mitglieder dieser
kollektiven Wirtschaftsorganisation ein Vorrecht auf die Übernahme.
§
48 Wenn der Vergeber Dorfland an
Einheiten oder einzelne außerhalb der eigenen kollektiven
Wirtschaftsorganisation zur Übernahme vergibt, muß vorher das Einverständnis
von zwei Dritteln der Mitglieder der Dorfbevölkerungsversammlung bzw. der
Dorfbevölkerungsvertreter der Mitglieder dieser kollektiven
Wirtschaftsorganisation eingeholt und [die Vergabe] der Volksregierung der
Gemeinde (Kleinstadt) zur Genehmigung gemeldet werden.
Wenn Einheiten oder einzelne außerhalb der
eigenen kollektiven Wirtschaftsorganisation übernehmen, darf der
Übernahmevertrag [erst] unterschrieben werden, nachdem der Kredit und die
Bewirtschaftungsfähigkeit des Übernehmers überprüft worden sind.
§
49 Wenn man Dorfland durch
Ausschreibung, Versteigerung, öffentliche Verhandlung oder in anderer Weise
übernommen und mit nach dem Recht erfolgter Registrierung einen schriftlichen
Nachweis des Rechts auf Übernahme der Bewirtschaftung des Lands bzw. des
Waldrechts erlangt hat, kann man sein Recht auf Übernahme der Bewirtschaftung
von Land nach dem Recht übertragen, verpachten, als Anteil einbringen,
verpfänden oder in anderer Weise zirkulieren.
§
50 Wenn Rechte auf Übernahme der
Bewirtschaftung von Land durch Ausschreibung, Versteigerung, öffentliche Verhandlung
oder in anderer Weise erlangt worden sind, und Übernehmer sterben, wird der
ihnen zustehende Ertrag der Übernahme nach dem Erbgesetz vererbt; während der
Dauer der Übernahme können ihre Erben die Übernahme fortsetzen.
4.
Kapitel: Streitlösung und rechtliche Verantwortung
§
51 Streitigkeiten wegen der Übernahme
der Bewirtschaftung von Land können die Parteien in Verhandlungen beilegen, sie
können auch insbesondere den Dorfbevölkerungsausschuß oder die Volksregierung
der Gemeinede (Kleinstadt) um Schlichtung bitten.
Wenn Parteien nicht verhandeln und auch
keine Schlichtung wollen, oder Verhandlungen oder eine Schlichtung erfolglos
bleiben, können sie bei einem Schiedsorgan für Dorflandübernahmen ein
Schiedsverfahren beantragen, sie können auch direkt beim Volksgericht Klage
erheben.
§
52 Wenn eine Partei sich dem
Schiedsspruch eines Schiedsorgans für Dorflandübernahmen nicht unterwerfen
will, kann sie innerhalb von 30 Tagen ab Erhalt des schriftlichen
Schiedsspruchs beim Volksgericht Klage erheben. Klagt sie nicht fristgemäß, so
wird der schriftliche Schiedsspruch rechtskräftig.
§
53 Alle Organisationen und einzelne,
die das Recht des Übernehmers auf Übernahme der Bewirtschaftung von Land
verletzen, haften zivilrechtlich.
§
54 Wenn beim Vergeber eine der
folgenden Handlungen vorliegt, haftet er zivilrechtlich darauf, Verletzungen
einzustellen, die ursprünglichen Sachen zurückzugeben, den ursprünglichen
Zustand wiederherzustellen, Beeinträchtigungen auszuschließen, Gefahren zu
beseitigen, Schaden zu ersetzen:
1. Wenn
er in das nach dem Recht dem Übernehmer zustehende Recht eingreift, selbst über
Produktion und Vertrieb zu bestimmen;
2. wenn
er übernommenes Land in Verletzung dieses Gesetzes wieder einzieht oder [dessen
Vergabe] korrigiert;
3. wenn
er den Übernehmer zwingt oder daran hindert, das Recht auf Übernahme der
Bewirtschaftung von Land zu zirkulieren;
4. wenn
er unter dem Vorwand, daß die Minderheit sich der Mehrheit fügen müsse, den
Übernehmer zwingt, das Recht auf Übernahme der Bewirtschaftung von Land
aufzugeben oder es zu ändern und dies Recht [dann] zirkuliert;
5. wenn
er mit der Begründung, "Mundkornfelder",
"Verantwortungsfelder" oder dergleichen abzugrenzen, übernommenes
Land wieder einzieht und zur Übernahme ausschreibt;
6. wenn
er übernommenes Land zur Verrechnung gegen Schulden wieder einzieht;
7. wenn
er Frauen die ihnen nach dem Recht zustehenden Rechte auf Übernahme der
Bewirtschaftung entzieht oder diese Rechte verletzt;
8. bei
anderen Handlungen, die das Recht auf Übernahme der Bewirtschaftung von Land
verletzen.
§
55 Unwirksam sind Vereinbarungen im
Übernahmevertrag, die dem Willen des Übernehmers nicht entsprechen oder
zwingende Vorschriften in Gesetzen oder verwaltungsrechtlichen Normen
verletzen, nach denen insbesondere übernommenes Land nicht wieder eingezogen
oder korrigiert werden darf.<5>
§
56 Wenn eine Partei Vertragspflichten
nicht oder nicht vereinbarungsgemäß erfüllt, haftet sie wegen der
Vertragsverletzung nach dem »Vertragsgesetz der VR China«.
§
57 Wenn irgendeine Organisation oder
irgendein einzelner den Übernehmer zwingt, das Recht auf Übernahme der
Bewirtschaftung zu zirkulieren, ist diese Zirkulation unwirksam.
§
58 Organisationen und einzelne, die
eigenmächtig Erträge der Zirkulation von Rechten auf Übernahme der
Bewirtschaftung von Land einbehalten oder abführen, müssen sie zurückgeben.
§
59 Wenn entgegen den
Landverwaltungsvorschriften rechtswidrig Land beschlagnahmt oder in Anspruch
genommen wird, oder der Ausgleich für beschlagnahmtes Land unterschlagen oder
zweckentfremdet wird, und dies eine Straftat bildet, wird nach dem Recht die
strafrechtliche Verantwortung verfolgt; werden anderen dadurch Schäden
verursacht, wird auf Ersatz usw. gehaftet.
§
60 Verwendet der Übernehmer
übernommenes Land rechtswidrig für nichtlandwirtschaftliche Bauten, so belegt
ihn die zuständige Behörde der Volksregierung auf Kreis- oder höherer Stufe
nach dem Recht mit einer Sanktion.
Verursacht der Übernehmer am übernommenen
Land einen dauerhaften Schaden, so ist der Vergeber berechtigt, das zu
unterbinden und vom Übernehmer Ersatz des verursachten Schadens zu fordern.
§
61 Wenn Behörden und ihre Beamte ihre
Amtsbefugnisse nutzen, um sich in Übernahmen von Dorfland einzumischen und Übernahmeverträge
zu ändern oder aufzuheben, um sich in das nach dem Recht dem Übernehmer
zustehende Recht einzumischen, selbst über Produktion und Vertrieb zu
bestimmen, oder wenn sie Übernehmer zwingen oder daran hindern, ein Recht auf
Übernahme der Bewirtschaftung von Land zu zirkulieren, oder sonstwie mit
Eingriffen in dies Recht den Übernehmer schädigen, haften sie auf Schadenersatz
usw.; bei schwerwiegenden Umständen verhängt die übergeordnete Behörde bzw. die
Einheit, bei der sie sich befinden, Verwaltungsmaßnahmen<6> gegen die
direkt Verantwortlichen; wenn der Sachverhalt eine Straftat bildet, wird nach
dem Recht die strafrechtliche Verantwortung verfolgt.
5.
Kapitel: Ergänzende Regeln
§
62 Übernahmen nach den staatlichen
Vorschriften zur Übernahme von Dorfland vor Inkrafttreten dieses Gesetzes,
einschließlich der Übernahmen, bei denen die Dauer der Übernahme über die nach
diesem Gesetz hinausgeht, sind auch nach Inkrafttreten dieses Gesetzes weiter
wirksam, das Land darf nicht erneut übernommen werden <7>. Wenn dem
Übernehmer noch kein schriftlicher Nachweis des Rechts auf Übernahme der
Bewirtschaftung des Lands bzw. des Waldrechts ausgegeben worden ist, muß das
nachgeholt werden.
§
63 Ist vor Inkrafttreten dieses
Gesetzes Reserveland zurückbehalten worden, so darf seine Fläche 5% der
Gesamtfläche des Ackerlands dieser kollektiven Wirtschaftsorganisation nicht
überschreiten. Wenn sie keine 5% erreicht, darf sie [dennoch] nicht noch erhöht
werden.
Ist vor Inkrafttreten dieses Gesetzes kein
Reserveland zurückbehalten worden, so darf auch nach seinem Inkrafttreten
keines zurückbehalten werden.
§
64 Die Ständigen Ausschüsse der
Volkskongresse der PAS können aufgrund dieses Gesetzes in Verbindung mit den
tatsächlichen Verhältnissen ihres Verwaltungsgebietes Ausführungsbestimmungen
erlassen.
§
65 Dies Gesetz tritt am 1.3.2003 in
Kraft.
Quelle:
www.cctv.com/news/china/20020829/416.html
Anmerkungen:
<1>
- Vorbemerkung zur Terminologie: Wir haben bisher chin. xiang mit Dorf, cun mit
Ort übersetzt. Davon gehen wir nun ab und übersetzen xiang als Gemeinde, cun
als Dorf. -
In der Landwirtschaft ist man in China wie
in der DDR und anderen sozialistischen Ländern nach sowjetischem Muster
verfahren: Zunächst kam die Bodenreform (1950-53), in der die Bauern nach
genauen Vorschriften in Klassen eingeteilt, das Land der
"Grundherren" und "reichen Bauern" verteilt und vor allem
die reichen Bauern zum guten Teil ermordet wurden (seltener die
"Grundherren", weil sie meist in der Stadt lebten). Überlebende
Angehörige dieser Pariaklassen, auch ihre Nachkommen, waren jahrzehntelang Ziel
aller politischen Kampagnen und wurden auch sonst stets benachteiligt; saubere
Klassenabkunft war Voraussetzung jeder Karriere. 1955/6 wurden die Bauern in
landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften gezwungen, ab 1958, im
"Großen Sprung vorwärts", wurden diese Genossenschaften in großen
"Volkskommunen" zusammengefaßt, die auch die staatliche Verwaltung in
den Dörfern übernahmen. Mit Errichtung der Volkskommunen verloren die Bauern
das Eigentum am Land, die Produktion wurde von der Kommune zentral gelenkt. Das
führte Anfang der 1960er Jahre zu einer entsetzlichen Hungersnot. (Die Zahl der
Opfer wird bis heute geheimgehalten, wahrscheinlich waren es um die 30 Millionen;
offiziell wird die Schuld daran immer noch Naturkatastrophen zugeschrieben).
Darauf wurden die Entscheidungsrechte in der Kommune etwas dezentralisiert,
nämlich auf drei Stufen (Kommune, Brigade, Gruppe) verteilt. Weiterhin aber
unterlag die landwirtschaftliche Produktion zentraler Planung, zusätzlich
sorgten zentral befohlene Kampagnen immer wieder für Katastrophen, so die
Kampagne zur Anlage von Wasserreisfeldern, die danach auch in wasserarmen oder
sonstwie ungeeigneten Gebieten anzulegen waren; die Kampagne zum Tiefpflügen,
bei der oft unfruchtbarer Boden über eine dünne Humusschicht gepflügt wurde;
Kampagnen zur Landgewinnung, die Schutzforsten gegen die Wüste oder Seen
zerstörten, die bei Überschwemmungen als Rückhaltebecken gedient hatten. Zeitweise
ließ man den Bauern etwas "Selbstbehaltland", das sie für die
Selbstversorgung eigenverantwortlich bebauen durften, in politischen Kampagnen
nahm man ihnen auch das wieder. Abgabesolls wurden eisern durchgesetzt. Als Mao
1976 starb, lebten die meisten Bauern im Elend, die Versorgung der Städte war
ständig in Gefahr.
Die Entwicklung spiegelt sich einigermaßen
auch in offiziellen Zahlen. Danach betrug der landwirtschaftliche
Produktionswert (zu gleichbleibenden Preisen berechnet) in Prozent des Werts
von 1952: 1949 67.3, 1952 100, 1957 124.8, 1962 100, 1965 137.1, 1970 166.4,
1976 207.1, 1981 280.8; Veränderungen dieses Werts im jährlichen Durchschnitt:
1949-57 +7%, 1958-62 -4.3%, 1963-65 +11.1%, 1966-76 +3.8%.(Xiandai Zhongguo
jingji shidian [Wirtschaftslexikon des modernen China], hrsg.v. Ma Hong, Peking
1982, S.103 f.)
Ab 1978 kam es zu raschem Wachstum (1978-81
jährlich +5.5%), das sich ab 1982 noch beschleunigte: War 1953 bis 1980 die
Produktion durchschnittlich jährlich um 3.5% gewachsen (höhere Wachstumsraten
während dieser Zeit folgten stets Perioden des Niedergangs, bezeichneten also
meist nur die Rückkehr zum alten Stand), so wuchs 1981-85 die
landwirtschaftliche Produktion jährlich durchschnittlich um 8.2%! Schließlich
war 1990 gegenüber 1949 die Produktion von Getreide um das Vierfache (pro Kopf
der Bevölkerung um 87%) und u.a. die von Fleisch um das Zehnfache gestiegen
(Xiandai Zhongguo jingji da shidian [Großes Wirtschaftslexikon des modernen
China], hrsg.v. Ma Hong, Sun Shangqing, Peking 1993, S.1457; Guo Shutian, Min
Yaoliang: Nongye [Landwirtschaft], in Zhongguo bumen chanye zhengce yanjiu
[Untersuchungen zur Industriepolitik der chinesischen Wirtschaftszweige],
hrsg.v. Wang Huijiong u.a. Peking 1988, S.71 f.)
Zu diesem plötzlichen Aufschwung kam es,
weil fast jedermann das Elend, die ständigen Kampagnen, zuletzt die jahrelangen
nun auch die Führungsschicht treffenden Verfolgungen der Kulturrevolution leid
war. Druck vor allem von unten erzwang deshalb 1978 dramatische Veränderungen
zuerst auf dem Dorf, dann im ganzen Land, die dann auch in Parteibeschlüssen
gutgeheißen wurden: Die Einstufung in Pariaklassen wurde aufgehoben. Die
"reichen Bauern" und "Grundherren" und ihre Kinder und
Enkel, bis dahin wie aussätzige Verbrecher behandelt, wurden normale Bauern.
(Die Grundlage ihrer Sonderbehandlung, Art.15 II Verfassung 1975=Art.18 II
Verfassung 1978, verschwand aber erst 1982.) Die Bauern, bis dahin von den
Volkskommunen erbärmlich in "Arbeitspunkten" bezahlt, erlangten mit
der "Übernahme der Verantwortung" rasch die Verfügung über Produktion
und Gewinne zurück ("zweite Befreiung").
Hunger und die Angst vor der nächsten
Kampagne verschwanden damals fast über Nacht: Das Ende des
"Klassenkampfs" und der Anstieg der landwirtschaftlichen Produktion
infolge der "Übernahme" (noch gefördert durch die Verdoppelung der
staatlichen Ankaufspreise landwirtschaftlicher Produkte 1978 bis 1987; vgl.
China - Zahlen und Fakten: Die Preisreform, Peking 1990, S.11) gaben der
gesamten Wirtschaftsreform gleich zu Anfang den nötigen Schwung.
Diese "Übernahme" war zunächst
von Ort zu Ort sehr unterschiedlich geregelt. Bald aber setzte sich überall die
am weitesten gehende Form durch, die Übernahme durch die Familien (Haushalte),
(so schon 1978 in der Volkskommune Wangwu, Kreis Dan, Hainan; vgl. Nongcun
renmin gongshe shengchan zerenzhi leibi [Vergleich der Arten von Ordnungen der
Verantwortung für die Produktion in den Volkskommunen], Peking 1981, S.133
ff.). In den zentralen Parteibeschlüssen, die ab Ende 1981, stets zum
Jahresende oder Jahresanfang (als "Dokument Nr.1") die Entwicklung
auf dem Land mehr zusammenfaßten als bestimmten, wird sie Ende 1981 noch
kritisch bewertet; man verwechsele sie leider, leider oft mit Rückverteilung
des Lands, mit Rückkehr zum Privateigentum ("Zusammenfassung der Konferenz
zur Dorfarbeit", Ende 1981, Punkt 2 a.E.). Nach dem Beschluß des
Politbüros vom 31.12.1982 (dort Nr.3) war sie aber die Hauptform der Übernahme.
Nr.3.1 der »Mitteilung des ZK zur Dorfarbeit im Jahre 1984« vom 1.1.1984
bestimmt bereits eine Mindestfrist der Übernahme durch die Familien - damals 15
Jahre - und die Möglichkeit, diese für Obstpflanzungen, Wald und Ödland länger
auszudehnen, sowie Garantien gegen Eingriffe. (Xuexi zhongyang yihao wenjian zhengce
jieda yibai ti [100 Erklärungen zum Studium der Nr.1-Dokumente der Zentrale],
hrsg.v. Liu Bang, Peking 1985, S.46 f., 29 f., 12 f., vgl. auch die
Zusammenfassung S. 62 ff.)
1983 wurden die Volkskommunen aufgelöst. An
ihrer Stelle wurden die Gemeinden (xiang) unterste Stufe der Staatsverwaltung.
Die "Brigaden" hießen nun Dörfer (cun) und sollten
"Dorfbevölkerungsausschüsse" wählen; die Gruppen bestanden teils als
"Zellen" (zu; vgl. in vorliegendem Gesetz § 12) weiter. Die
wirtschaftlichen Aufgaben der Volkskommunen sollten "kollektive
Wirtschaftsorganisationen" meist auf der Ebene der Dörfer, manchmal auf
der der Zellen übernehmen.
Denn die Bauern erhielten das Eigentum an
ihrem Land nicht zurück; im Gegenteil: Ihre Enteignung beruhte bis dahin auf
nicht einmal veröffentlichten Parteibeschlüssen, insbesondere auf dem
»Korrigierten Entwurf für für die Arbeit der dörflichen Volkskommunen« - den
«60 Artikeln« - vom November 1962 (so jedenfalls laut »Einigen Bestimmungen des
Staatlichen Landverwaltungsamts zum Eigentum und Nutzungsrecht am Land« vom
31.3.1995, § 4, Changyong shenong falü fagui [Ständig verwandtes Recht zur
Landwirtschaft], Peking 2001, S.274). Jetzt erhielt diese Enteignung oder doch
ihr Ergebnis mit Art. 10 der Verfassung von 1982 erstmals eine formelle
rechtliche Grundlage. Eigentümer des Lands waren danach nun die
"kollektiven Wirtschaftsorganisationen". Wie bis dahin die
Volkskommunen oder deren Untereinheiten, so sollten nun diese
Wirtschaftsorganisationen die in vorliegendem Gesetz geregelten
"Übernahmeverträge" über die "Übernahme" der
"kollektiveigenen" Produktionsmittel, insbesondere des Dorflands
abschließen. Das ist das in § 2 erwähnte "voll integrierte System der
Bewirtschaftung in zwei Stufen" - nämlich der Stufe der das Land
bewirtschaftenden Bauern und der Stufe der Landeigentümer, eben der
"kollektiven Wirtschaftsorganisationen".
Die Übernahme, in der Praxis mit die
wichtigste Neuerung im chinesischen Wirtschaftssystem, wurde jedoch in der
Gesetzgebung zunächst kaum geregelt; bei weitem am wichtigsten waren die
"Dokumente Nr.1" der Partei. Sie bestätigten aber mehr die Richtung,
in der sich die Dinge entwickeln sollten, als konkrete Rechtssätze festzulegen.
Die Praxis leitete aus ihnen zwar solche Sätze ab, aber das war
verfassungsrechtlich bedenklich. Landesweite formelle Gesetzgebung erwähnt die
Übernahme erstmals in §§ 80 II, 81 III der Allgemeinen Grundsätze des
Zivilrechts (12.4.86/1), in denen aber auch nur steht, daß Rechte und Pflichten
von Übernehmer und Übergeber sich aus dem Übernahmevertrag ergeben und vom
Gesetz geschützt werden.
Infolgedessen war bei der Übernahme und den
sich daraus ergebenden Rechten und Pflichten zunächst so ziemlich alles
umstritten. Umstritten war, ob sich eine Partei, vor allem ein Bauer, bei
Streitigkeiten an die Gerichte wenden konnte. Umstritten war, wie lange die
Übernahmedauer sein konnte oder sollte. Umstritten war die Natur des
Übernahmerechts - war es ein Sachenrecht, ein Schuldrecht, ein
Mitgliedschaftsrecht? Umstritten war, aus welchen Gründen der Übernahmevertrag
gekündigt, ob und an wen das Übernahmerecht übertragen werden konnte.
Streitigkeiten entstanden zunächst meist
daraus, daß die Vergeber Übernahmeverträge einseitig kündigten, weil sie eine
günstigere Verwendung für das Land sahen oder bereuten, Land, das in der
Volkskommune kaum etwas eingebracht hatte, nun an Leute vergeben zu haben, die
nach erheblichem Einsatz nun damit gutes Geld verdienten. Wollte der Übernehmer
gegen solche Kündigung vorgehen, so hieß es gewöhnlich, er müsse sich zunächst
an die örtliche Landwirtschaftsbehörde wenden. Die zögerte dann die Sache
hinaus oder gab keinen schriftlichen Bescheid, und die Gerichte der Grundstufe
nahmen ohne einen solchen Bescheid den Fall nicht an. Pekinger Bauern wandten
sich deshalb sogar an das Rechtsinstitut der Chinesischen Akademie für
Sozialwissenschaften um Hilfe. Schließlich wies das Oberste Volksgericht am
14.4.1986 mit »Ansichten zu einigen Fragen bei der Bearbeitung von Fällen
dörflicher Übernahmeverträge« (Akt.Z. Fa (jing) fa 1986/13; Zhonghua renmin
gongheguo changyong sifa jieshi quanshu [Alle ständig verwandten
Justizerläuterungen der VR China], Peking 2001, S.2-248) die Gerichte an,
Klagen in solchen Fällen auch ohne vorangegangene Schlichtung oder sonstiges
Vorverfahren bei Behörden anzunehmen. Es bestimmte dort auch, wann solche
Verträge nichtig waren (bei Rechtsverstößen; wenn sie staatliche Interessen
oder das Gemeinwohl schädigten; wenn sie undemokratisch oder durch Betrug,
Drohung u.ä. zustandegekommen waren; bei eigenmächtiger Weiterübertragung), und
wann eine Vertragsänderung verlangt werden konnte (im wesentlichen bei
erheblichen Änderungen der Vertragsgrundlage und schweren Vertragsverletzungen
der anderen Seite; ferner bei "unvernünftigen" Übernahmegebühren,
wobei das Gericht Anhaltspunkte dafür gab, was "vernünftige" Gebühren
waren). In den folgenden Jahren ergingen fast überall Provinzverordnungen mit
genaueren Regeln, oft auch zur Übernahmefrist (seit dem Parteidokument Nr.1 von
1984 für Ackerland mindestens 15 Jahre, für Wald, Obstland, Ödland länger, z.B.
schon nach Regeln für Fujian vom 7.3.1984 (Difangxing fagui xuanbian [Auswahl
territorialer Rechtsnormen], Peking 1991, S.1692) für dorfeigene Berge 10-20
Jahre, Bambus-, Tee-, Tungbaum- u.ä. Pflanzungen über 50 Jahre, Wasserflächen,
Watten über 20, anderes Ödland über 30 Jahre). Landesweite Regeln finden sich
dann auch im Gesetz über Dorfbevölkerungsausschüsse vom 4.11.1998 (4.11.98/2;
dort übersetzt: Ortsausschußgesetz), § 5 II und in § 4 II seines Vorgängers vom
24.11.1987; im Landwirtschaftsgesetz vom 2.7.1993 (2.7.93/1), §§ 12-17; im
Landverwaltungsgesetz vom 29.8.1998, §§ 14,15 (29.8.98/1; vgl. aber den
Vorläufer vom 25.6.1986, Fassung vom 29.12.1988, § 12!) und in neuen »Bestimmungen«
des Obersten Volksgerichts zum dörflichen Übernahmevertrag vom 5.6.1999
(Zhonghua renmin gongheguo changyong sifa jieshi quanshu 2-75), welche die
»Ansichten« vom 14.4.1986 abgelöst haben.
Ab 1995 sollten auslaufende
Übernahmeverträge für Ackerland um 30 Jahre verlängert, neue Verträge
schriftlich auf 30 Jahre geschlossen werden (»Ansichten des
Landwirtschaftsministeriums zur Stabilisierung und Verbesserung der
Landübernahmebeziehung«, vom 30.12.1994, gebilligt vom Staatsrat am 28.3.1995,
Nr.2; Changyong shenong falü fagui S.661). Im übrigen ergab sich aus den
zitierten Vorschriften: Das Übernahmerecht war übertragbar, wenn der Vergeber
zustimmte und auch ohne seine Zustimmung jedenfalls bei langfristigen Verträgen
über die Übernahme von Ödland. Es war nach dem Erbrecht auch vererblich,
jedenfalls dann, wenn ein zum landwirtschaftlichen Betrieb fähiger Erbe
vorhanden war. Weil es in den »Allgemeinen Grundsätzen zum Zivilrecht« im
Abschnitt über "Vermögensrechte" und vor dem Abschnitt über
"Schuldrechte" geregelt wurde, stuften führende Zivilrechtler es als
Sachenrecht ein (Jiang Ping: Minfa jiaocheng [Kurs im Zivilrecht], Peking 1988,
S.225; ders.: Minfaxue [Zivilrechtswissenschaft], Peking 2000, S.398; Wang
Jiafu in Wang Jiafu, Xie Huaishi: Minfa jiben zhishi [Grundwissen zum
Zivilrecht], Peking 1987, S.176).
Jedoch unterlag sein Inhalt weitgehend
vertraglicher Regelung, seine Eintragung im Register der Landrechte war nicht
vorgesehen (vgl. »Einige Bestimmungen des Staatlichen Landverwaltungsamts zum
Eigentum und Nutzungsrecht am Land« vom 31.3.1995, aaO. Kap.4, sowie die
»Regeln für die Landregistrierung« vom 18.12.1995, Changyong shenong... S.248,
§§ 2, 25, die allerdings die Möglichkeit der Registrierung als "anderes
Recht" offenlassen), anders als bei "Nutzungsrechten", die in
der Gesetzgebung deutlich vom Übernahmerecht unterschieden wurden; es wurde in
der Praxis auch meist nicht registriert und erhielt deshalb auch keinen Schutz
vor gutgläubigen Dritten, denen "kollektive Wirtschaftsorganisationen"
etwa Land zum Bau von Villen oder Unternehmen verpachteten. Das führte zu
Streitigkeiten, bei denen sich die Bauern manchmal mit Gewalt gegen solche
Unternehmen wehrten, die ihnen nicht nur Land nahmen, sondern auch noch die
Umwelt verpesteten. Angesichts der Praxis betrachtet auch die Literatur das
Übernahmerecht in seiner gegenwärtigen Gestalt heute oft als Schuldrecht (vgl.
Chen Su in Liang Huixing: Zhongguo wuquanfa caoan jianyi gao [Vorschlag eines
Entwurfs für ein Sachrechtsgesetz der VR China], Peking 2000, S.510).
Streitig war ferner, ob auf den
Übernahmevertrag als Vertrag zwischem bäuerlichem Genossenschaftsmitglied und
juristischer Person nach § 2 des Wirtschaftsvertragsgesetzes i.d.F.v. 2.9.1993
auch dies Wirtschaftsvertragsgesetz anwendbar war, oder vielmehr, weil es sich
nicht um einen Vertrag zwischen Gleichgestellten, sondern um eine
Über/Unterordnungsbeziehung zwischen einem kollektiv und seinem Mitglied
handelte, für ihn auch dies allgemeine Vertragsrecht nicht galt. (Vgl. Shen
Guansheng: Nongye chengbao hetong jiqi jiufen de chuli [Der landwirtschaftliche
Übernahmevertrag und die Regelung von Streitigkeiten daraus], Peking 1993 S.14
f.)
Neuere Gesetzgebung verfestigt deshalb das
Übernahmerecht. Auch nach §§ 14 II, 15 II des Landverwaltungsgesetzes sind
Übernahmeverträge für kollektives Land auf 30 Jahre abzuschließen. Kleine
Korrekturen der Vergabe darf es nur in Einzelfällen mit Zustimmung von zwei
Dritteln der Dorfversammlung, der Gemeinderegierung und der Kreis-Landwirtschaftsverwaltung
geben. Vergabe ist unter diesen Voraussetzungen auch an Auswärtige möglich. Die
»Ansichten« des Ministeriums verbieten auch "kleine Korrekturen" in
kürzeren Abständen als 5 Jahren, sie verbieten ferner, mehr als 5% des kollektiven
Lands als Reserve zurückzuhalten und gestatten die verschiedenen Formen der
"Zirkulation" des Übernahmerechts. Nach § 13 II des
Landwirtschaftsgesetzes hat der Übernehmer nach Ablauf der Vertragsdauer ein
Vorrecht auf die Neuvergabe. Die zitierten »Regeln« des Obersten Volksgerichts
regeln u.a. konkreter, wann der Vertrag nichtig, wann kündbar ist (und erklären
trotz der älteren Formvorschrift der »Ansichten« des Ministeriums praxisnah
auch mündliche Vereinbarungen, ja "Aufgabenzuweisungen" zu Übernahmeverträgen.)
All das wird in vorliegendem Gesetz
übernommen und weiter ausgebaut. Neu ist vor allem: Das Übernahmerecht (oder
der Übernahmevertrag?) soll registriert werden (§ 23 I). Allerdings ist die
Registrierung nicht rechtsbegründend - das Recht wird vielmehr durch den
Vertrag begründet, § 22 -, und Adressat der Registrierungspflicht nach § 23 I
sind die Behörden, nicht die Bauern, sodaß die Vorschrift wohl darauf
hinausläuft, daß die Behörden den Bauern die Möglichkeit geben sollten, ihre
Übernahmerechte zu registrieren. Das Übernahmerecht kann frei
"zirkuliert" werden, falls der Empfänger es landwirtschaftlich nutzen
kann, dagegen nur mit Zustimmung des Vergebers, wenn der Empfänger im
Übernahmevertrag an die Stelle des Übernehmers tritt, es sei denn, verschiedene
Übernehmer tauschen nur untereinander Landstücke aus; wenn der Übernehmer es
verpachtet, als Einlage einbringt oder untervergibt, braucht er auch die
Zustimmung des Vergebers nicht. Auch die "Zirkulation" kann (kann,
nicht muß) teilweise - nämlich wenn das Recht übertragen oder getauscht wird -
registriert werden, und diese Registrierung kann dann Dritten entgegengehalten
werden, § 38 S.2. Es fällt auf, daß diese Schutzwirkung der Registrierung nur
hier vorgesehen ist; es fragt sich, ob die Registrierung des ursprünglichen
Rechtserwerbs auch diese Wirkung hat.
Letzte Konsequenzen zieht der Entwurf des
Sachenrechtsgesetzes, der von Liang Huixing und seinen Mitarbeitern im Auftrag
des Nationalen Volkskongresses im Rahmen der Ausarbeitung eines Zivilgesetzbuches
ausgearbeitet, 1999 dem Parlament vorgelegt und 2000 mit Erläuterungen
veröffentlicht wurde (Liang Huixing: Zhongguo wuquanfa caoan jianyi gao
[Vorschlag eines Entwurfs für ein Sachrechtsgesetz der VR China], Peking). Die
Bauern sollten danach statt des Übernahmerechts ein Nutzungsrecht am Land
erhalten, ein Sachenrecht, auf 50 Jahre befristet, dessen Frist aber, wenn der
Nutzer es will, beim Ablauf zu gleichbleibenden Bedingungen zu verlängern ist.
Es kann dann oder vorher zu genau umschriebenen Voraussetzungen - für Bauten im
Allgemeininteresse des Gebiets oder für landwirtschaftliche Infrastruktur - vom
Vergeber gegen Entschädigung wieder eingezogen werden; ist der Nutzer Mitglied
des Vergebers, muß er entsprechendes anderes Land bekommen. Sonst kann der
Vergeber das Recht nur aufheben, wenn der Nutzer 5 Jahre die Pacht schuldig
geblieben ist oder das Land durch eigenmächtige Veränderung der Nutzungsart
zerstört hat. Für die vertraglich zu vereinbarende Nutzungsgebühr soll der
Staatsrat mit Verwaltungsrechtsnorm einen bestimmten Anteil am Ertrag als
Höchstsatz festsetzen. Die Nutzungsrechte sind ähnlich übertragbar und
verpachtbar wie nach dem vorliegenden Gesetz. Mit diesem Nutzungsrecht würden
die Bauern endlich eine sichere Grundlage für ihre Arbeit bekommen.
Wang Liming, einer der Professoren, die
ursprünglich mit der Arbeit an diesem Entwurf beauftragt waren, hat mit seinen
Mitarbeitern einen Gegenentwurf vorgelegt (www.civillaw.com.cn / elisor /
content.asp?type='???'&programid=2&id=10), der in seinen Vorschriften
zum Übernahmerecht (§§ 271-297) es im wesentlichen beim jetzigen Stand beläßt.
Nur soll höchstens auf 50 Jahre übernommen werden, und beim Ablauf der Frist
darf dem Übernehmer eine Verlängerung nicht "ohne ordentlichen Grund"
verweigert werden, "soweit der Vertrag oder das Gesetz nichts anderes
bestimmen", § 274. Der "ordentliche Grund" wird nicht näher
definiert. Das Übernahmerecht entsteht mit Registrierung, die Dritten
entgegengehalten werden kann (§§ 273, 24; vgl. § 38 des vorliegenden Gesetzes).
Das Recht kann aufgehoben werden, wenn geschuldete Gebühren eine vertraglich
vereinbarte Höhe erreichen (vgl. dagegen das Verbot der Aufrechnung gegen
Schulden in § 35 des vorliegenden Gesetzes), wenn eigenmächtige
Nutzungsveränderung die Ertragsfähigkeit des Lands erheblich beeinträchtigt,
und wenn das Land mindestens zwei Jahre brachliegt, § 291. Es kann, gegen
Entschädigung, auch vorfristig wieder eingezogen werden, wenn nach der
"dörflichen oder kleinstädtischen Planung die Nutzung verändert
wird", § 290; es kann bei "Bedarf für den gesellschaftlichen
öffentlichen Nutzen" auch vom Staat gegen Entschädigung eingezogen werden,
§ 293. Das Recht kann bei Änderung der "staatlichen Richtlinien"
geändert oder aufgehoben werden (§ 275), und zwar "von Parteien"; ob
damit eine einseitige Änderung durch eine Partei, wohl den Vergeber, gemeint
ist, bleibt unklar, ist aber wohl gemeint, denn daß beide gemeinsam den
Übernahmevertrag ändern können, ist selbstverständlich. Grenzen für die
Übernahmegebühr enthält der Entwurf nicht. Das Übernahmerecht kann ohne
Zustimmung des Vergebers übertragen, verpachtet und verpfändet werden, soweit
dabei der Nutzungszewck des Lands nicht verändert wird. Kurz, Wangs Entwurf
regelt manches etwas klarer, erleichtert die Bildung größerer Betriebe,
verbessert aber die Rechtstellung der Bauern nicht wesentlich.
Die Rechtsarbeitskommission (Fagongwei, ein
behördenartiges Organ des Ständigen Ausschusses des Nationalen Volkskongresses)
hat am 23.12.2002 dem Ständigen Ausschuß einen Entwurf eines Zivilgesetzbuches
vorgelegt, der auch ein Sachenrecht und darin Bestimmungen zum Übernahmerecht
der Bauern enthält. Diese Bestimmungen sollen denen des vorliegenden Gesetzes
entsprechen. Sie liegen uns nicht vor, lassen sich aber einigermaßen aus der
ausführlichen Kritik der Chinesischen Universität für Politik und Recht vom
10.6.2002 am Entwurf erschließen, die in www.lawintime.com veröffentlicht
worden ist (ein Unterschied zu vorliegendem Gesetz ist danach, daß nach dem
Entwurf das Übernahme- und Bewirtschaftungsrecht nicht verpachtet werden). Die
Kritik der Universität wandte sich u.a. gegen die Übertragbarkeit des Rechts.
Sie könne leicht dazu führen, daß eine große Zahl von Menschen weder durch
solche Rechte, noch durch eine Sozialversicherung (aus städtischen
Arbeitsplätzen) sozial abgesichert sei - daß damit ein Proletariat aus vielen
Millionen völlig ungesicherter Wanderarbeiter entstehe. (Diesem Problem soll
jetzt § 41 des vorliegenden Gesetzes begegnen.) Die Kritik wandte sich auch
gegen die Registrierung der Übernahme von kollektivem Land durch Mitglieder des
Kollektivs. In diesem, dem Regelfall, genüge die Aushändigung des Vertrags für
kollektivinterne Publizität. Registrierung verlange den kostspieligen Aufbau
einer entsprechenden Bürokratie und bürde damit den Bauern noch mehr Lasten
auf. Da nun nach § 23 I des vorliegenden Gesetzes stets registriert werden
soll, fragt man sich, ob auch diese von der Universität befürchteten Folgen
eingetreten sind.
<2>
Zirkulation: Dieser eigenartige Ausdruck, sonst in der Wirtschaft für die
"Zirkulation" von Geld oder Waren verwandt, wird hier gebraucht, weil
damit zwei unterschiedliche Arten von Rechtshandlungen zusammengefaßt werden
sollen: einmal die Übertragung des Übernahmerechts selber - seine Übertragung,
die Übernahme der vertraglichen Stellung des Übernehmers in seinem Vertrag mit
dem Vergeber durch einen Dritten oder die Einbringung des Rechts als Einlage in
eine Kapitalgesellschaft; zum anderen die Überlassung der Ausübung des Rechts
durch Weitervergabe oder Verpachtung. Vgl. zur Zirkulation auch den
Parteibeschluß 30.12.01, der mit der Autorität des ZK die Zirkulation vor
Einmischung durch Ortsgewaltige schützen soll.
<3>
In § 12 werden die Organisationen angegeben, die Vergeber sind, nämlich die
"Wirtschaftsorganisation" - wie sie eigentlich schon seit zwei
Jahrzehnten überall gebildet werden sollte, aber oft noch nicht gebildet worden
ist - oder der "Dorfbevölkerungsausschuß" oder eine "Dorfbevölkerungszelle".
Hier dagegen werden die Vertreter dieser Vergeber angegeben, nämlich die
Versammlung aller ihrer Mitglieder - die Dorfbevölkerungsversammlung, nicht der
Dorfbevölkerungsausschuß - oder eine Vertreterversammlung, womit vor allem eben
der Dorfbevölkerungsausschuß gemeint sein dürfte.
<4>
Anfang der 1980er Jahre wurden die Felder vielfach nach Kopfzahl der Haushalte
verteilt (juntianzhi = Ordnung gleicher Felder). Dann wanderten jedoch immer
mehr Bauern in nicht landwirtschaftliche Berufe ab; auch wuchs der für den
Markt produzierte Anteil der landwirtschaftlichen Produkte. Damit brauchte
nicht jeder Haushalt mehr gleich viel Land pro Kopf. Die Ordnung gleicher
Felder behinderte auch die Entstehung wirtschaftlich sinnvoller größerer
Betriebe. Deshalb ging man Mitte der 1980er Jahre vielfach zur
Doppelfeldordnung (shuangtianzhi) über. Sie unterschied
"Mundkornfelder" einerseits, "Verantwortungsfelder" oder
"Übernahmefelder" andererseits. Die Mundkornfelder zur
Selbstversorgung wurden nach Kopfzahl zugeteilt. Auf sie war nur
Landwirtschaftssteuer zu leisten. Für die Verantwortungsfelder war auch die in
den Übernahmeverträgen festgesetzte Übernahmegebühr zu zahlen. Vielfach wurden
sie dem Meistbietenden gegeben. Teilweise änderte man öfters den Anteil der
beiden Arten am gesamten Land, ohne etwas an den konkreten Flächen zu ändern,
die den einzelnen Haushalten zugeteilt waren (dann behielt also ein Haushalt
seine Äcker, aber die Klassifizierung einzelner Äcker als Mundkorn-oder
Verantwortungsfelder änderte sich, und damit änderten sich auch die vom
Haushalt zu zahlenden Abgaben). Teilweise unterschied man bei den
Verantwortungsfeldern noch einen Teil, der zu einem niedrigen für alle gleichen
Satz "verpachtet" wurde, und einen Teil, der den Meistbietenden zugeteilt
wurde. (Vgl. Ren Changqing: Shuangtianzhi [Doppelfelderordnung], in Xiandai
Zhongguo jingji da shidian, hrsg. v. Ma Hong u.a., S.1508) All diese
"Ordnungen" bestehen zwar teils bis heute weiter. Das vorliegende
Gesetz scheint, außer für die atypische Übernahme "in anderer Weise",
diese Unterscheidung mehrerer Arten von Land jedoch abzulehnen, ohne sie
geradezu zu verbieten. Es verbietet aber die für die Doppelfelderordnung
typischen Änderungen der Verträge während der Laufzeit; es verbietet weitgehend
die Zurückstellung von "Reserveland", die ebenfalls zur wechselnden
Vergabe genutzt werden kann, vgl. § 63; und Ausschreibung und Versteigerung an
den Meistbietenden sollen nur noch bei Übernahme "in anderer Weise",
insbeondere für Ödland, verwandt werden, vgl.das 3. Kapitel.
<5>
Nach dem eindeutigen Wortlaut ist jede dem Willen des Übernehmers nicht
entsprechende Klausel unwirksam. Das ist ein ungewöhnlich starker Schutz der
Willensfreiheit; nach § 54 II des Vertragsgesetzes sind solche Klauseln sonst
nur anfechtbar. Man könnte vermuten, daß hier ein so starker Schutz gar nicht
gewollt war, sondern man nur die dem Willen des Übernehmers widersprechenden
Klauseln unwirksam machen wollte, die erlauben, Land wieder einzuziehen oder
die Vergabe zu "korrigieren". Es mag aber auch sein, daß man die
meist rechtsunkundigen Übernehmer besonders wirksam schützen wollte. Was die
Praxis aus der Vorschrift macht, bleibt abzuwarten.
<6>
=Disziplinarstrafen
<7>
D.h., es darf nicht verlangt werden, daß der Übernehmer einen neuen
Übernahmevertrag abschließt; der alte Vertrag gilt weiter. Die Vorschrift sagt
nicht, was geschehen soll, wenn der alte Vertrag eine nach dem Gesetz zu kurze
Übernahmedauer vorsieht. In diesem Fall wird man annehmen müssen, daß diese
Vertragsklausel nun nach § 55 unwirksam ist und die gesetzliche Mindestdauer
gilt.
Übersetzung,
Anmerkungen, Copyright daran: F.Münzel, Hamburg