Chinas Recht
2002.10
7.1.02/1
Mitteilung zum Erlaß des „Standards der
Corporate Governance börsenzugelassener Gesellschaften“ <1>
Zhengjianfa [2002] Nr. 1
Chinesische Wertpapieraufsichtskommission
Staatlichen Wirtschafts- und Handelskommission
7. Januar 2002
An alle börsenzugelassenen Gesellschaften:
Um die Errichtung und Vervollständigung einer modernen
Unternehmensordnung bei börsenzugelassenen Gesellschaften voranzutreiben, die
Betreibung börsenzugelassener Gesellschaften zu normieren und die gesunde
Entwicklung des chinesischen Wertpapiermarktes zu fördern, wird nun der
„Standard der Corporate Governance börsenzugelassener Gesellschaften“ mit der
Aufforderung um eine entsprechende Ausführung erlassen.
Standard der Corporate Governance börsenzugelassener
Gesellschaften
Präambel
Um die Errichtung und Vervollständigung eines modernen
Unternehmenssystems bei börsenzugelassenen Gesellschaften voranzutreiben, die
Betreibung börsenzugelassener Gesellschaften zu normieren und die gesunde
Entwicklung des chinesischen Wertpapiermarktes zu fördern, wird dieser Standard
auf Grund der fundamentalen Prinzipien, die im „Gesellschaftsgesetz“,
„Wertpapiergesetz“ und in anderen einschlägigen Gesetzen und Rechtsnormen
bestimmt sind, und unter Berücksichtigung der allgemein anerkannten Standards
in der ausländischen Praxis bei der Corporate Governance festgelegt.
Dieser Standard legt die fundamentalen
Prinzipien der Corporate Governance börsenzugelassener Gesellschaften in China,
die Form der Verwirklichung des Schutzes der Rechte von Anlegern sowie den
Inhalt von Handlungsstandards und beruflicher Moral dar, nach denen sich
Vorstands- und Aufsichtsratmitglieder und Geschäftsführer sowie andere
hochrangige Manager börsenzugelassener Gesellschaften richten müssen.
Dieser Standard wird auf
börsenzugelassene Gesellschaften innerhalb des chinesischen Gebietes
angewendet. Beim Verbessern der Corporate Governance müssen börsenzugelassene
Gesellschaften den Geist verwirklichen, der in diesem Standard dargestellt
wird. Bei der Festlegung und Änderung der Gesellschaftssatzung und
detaillierter Regeln zur Corporate Governance von börsenzugelassenen
Gesellschaften müssen die Inhalte zum Ausdruck kommen, die in diesem Standard
angeführt werden. Dieser Standard ist ein wesentlicher Bewertungsmaßstab für
die Beurteilung, ob die Corporate Governance der börsenzugelassenen
Gesellschaft gut strukturiert ist, und gegenüber börsenzugelassenen
Gesellschaften, die schwerwiegende Probleme bei der Corporate Governance haben,
werden die Wertpapieraufsichtsorgane zur Durchführung einer Korrektur nach den
Erfordernissen dieses Standards anweisen.
1. Kapitel: Aktionäre und
Hauptversammlung
1. Abschnitt: Aktionärsrechte
§ 1 [Grundsatz]
Aktionäre sind Eigentümer der
Gesellschaft und genießen die legalen Rechte, die in Gesetzen,
Verwaltungsrechtsnormen und der Gesellschaftssatzung bestimmt sind.
Börsenzugelassene Gesellschaften müssen eine Struktur der Corporate Governance
etablieren, die gewährleisten kann, daß Aktionäre in vollem Umfang diese Rechte
ausüben.
§ 2 [Ziel der Corporate Governance]
Die Corporate Governance
börsenzugelassener Gesellschaften muß gewährleisten, daß alle Aktionäre und
insbesondere mittlere und kleine Aktionäre <2> eine gleichberechtigte
Stellung genießen. Aktionäre genießen entsprechend ihren Anteilen, die sie
innehaben, gleichberechtigt Rechte und übernehmen entsprechend Pflichten.
§ 3 [Informations- und
Mitwirkungsrecht]
Aktionäre genießen hinsichtlich
schwerwiegender Angelegenheiten der Gesellschaft, die in Gesetzen,
Verwaltungsrechtsnormen und der Gesellschaftssatzung bestimmt sind, das Recht
auf Information und das Recht zur Teilnahme. Börsenzugelassene Gesellschaften
müssen effiziente Wege etablieren, um mit den Aktionären Kontakt zu halten.
§ 4 [Rechtsschutz der Aktionäre]
Aktionäre haben das Recht, gemäß den
Bestimmungen in Gesetzen und Verwaltungsrechtsnormen durch Zivilklagen oder
andere rechtliche Mittel ihrer legalen Rechte zu schützen. Wenn Beschlüsse der
Hauptversammlung oder des Vorstandes gegen Bestimmungen in Gesetzen und
Verwaltungsrechtsnormen verstoßen und die legalen Rechtsinteressen der Anleger
verletzen, haben die Aktionäre das Recht, Klage zu erheben, um die Beendigung
der genannten rechtswidrigen oder schädigenden Handlung zu fordern. Wenn
Vorstands- oder Aufsichtsratmitglieder oder Geschäftsführer bei der Ausübung
ihres Amtes gegen Bestimmungen in Gesetzen, Verwaltungsrechtsnormen oder der
Gesellschaftssatzung verstoßen und der Gesellschaften einen Schaden
verursachen, haften sie auf Schadenersatz. Aktionäre haben das Recht zu
fordern, daß die Gesellschaft nach dem Recht Klage erhebt, um Schadenersatz zu
fordern.
2. Abschnitt: Normen für die
Hauptversammlung
§ 5 [Normen in der
Gesellschaftssatzung]
Börsenzugelassene Gesellschaften müssen
in der Satzung das Verfahren zur Einberufung und Beschlußfassung bei
Hauptversammlungen einschließlich Mitteilungen, Registrierung, Beratung der
Vorschläge, Abstimmung, Auszählung, Verkündung der Abstimmungsergebnisse,
Zustandekommen der Beschlüsse der Versammlung, des Versammlungsprotokolls und
dessen Unterschriften und Bekanntmachung festlegen.
§ 6 [Vorbereitung der Hauptversammlung
durch den Vorstand]
Der Vorstand muß sich gewissenhaft
beraten und die in der Hauptversammlung zu beratenden Gegenstände vorbereiten.
Die Hauptversammlung muß für jeden Vorschlag eine angemessene Zeit zur
Diskussion gewähren.
§ 7 [Grundsatz der Ermächtigung des
Vorstandes durch die Hauptversammlung]
Börsenzugelassene Gesellschaften müssen
in der Gesellschaftssatzung die Gründsätze der Ermächtigung des Vorstandes
durch die Hauptversammlung festlegen, wobei der Inhalt der Ermächtigung konkret
bestimmt sein muß.
§ 8 [Steigerung des Prozentsatzes der
an der Hauptversammlung teilnehmenden Aktionäre]
Börsenzugelassene Gesellschaften müssen
unter Gewährleistung der Legalität und Effizienz der Hauptversammlung den
Prozentsatz der an Hauptversammlungen teilnehmenden Aktionäre über verschiedene
Formen und Wege wie den voll umfänglichen Einsatz moderner Mittel der
Datentechnik steigern. Die Wahl des Zeitpunktes und des Ortes von
Hauptversammlungen muß dazu dienen, daß möglichst viele Aktionäre an der
Versammlung teilnehmen.
§ 9 [Stimmrechtsvertretung]
Aktionäre können selbst auf
Hauptversammlungen vor Ort abstimmen, sie können auch Stellvertreter
beauftragen, sie bei den Abstimmungen zu vertreten, wobei beides dieselbe
rechtliche Wirkung hat.
§ 10 [Stimmrechtskämpfe] <3>
Der Vorstand, unabhängige
Vorstandsmitglieder <4> und Aktionäre von börsenzugelassenen
Gesellschaften, die den einschlägigen Voraussetzungen entsprechen, können von
Aktionären der börsenzugelassenen Gesellschaft deren Abstimmungsrechte auf der
Hauptversammlung sammeln. Die Sammlung der Abstimmungsrechte muß unentgeltlich
durchgeführt werden, und es müssen Informationen den Personen, [deren
Stimmrechte] eingesammelt wurden, in vollem Umfang offengelegt werden.
§ 11 [Rolle institutioneller Anleger
bei der Abstimmung]
Institutionelle Anleger müssen bei
schwerwiegenden strategischen Entscheidungen wie bei der Wahl der
Vorstandsmitglieder und bei Anreizen und Kontrollen des Betreibers Wirkung
entfalten. <5>
3. Abschnitt: Verbundener Handel
§ 12 [Prinzipien des verbundenen
Handels]
Über einen verbundenen Handel zwischen
börsenzugelassenen Gesellschaften und verbundenen Personen <6> müssen
schriftliche Vereinbarungen abgeschlossen werden. Die Vereinbarungen müssen
sich nach den Prinzipien der Gleichberechtigung, Freiwilligkeit, Äquivalenz und
Entgeltlichkeit richten und der Inhalt der Vereinbarung muß klar und konkret
bestimmt sein. Gesellschaften müssen Angelegenheiten wie den Abschluß, die
Änderung, Beendigung und die Umstände der Erfüllung der Vereinbarung gemäß den
einschlägigen Bestimmungen offenlegen.<7>
§ 13 [Verbot der Monopolisierung;
Prinzip des Marktpreises]
Börsenzugelassene Gesellschaften müssen
effiziente Maßnahmen ergreifen, um zu verhindern, daß verbundene Personen durch
Formen wie die Monopolisierung der Kanäle des Einkaufes und des Vertriebes die
Betreibung der Gesellschaft beeinträchtigen oder die Interessen der
Gesellschaft schädigen. Aktivitäten bei einem verbundenen Handel müssen sich
nach den [allgemeinen] Handelsprinzipien richten, und die Preise bei einem
verbundenen Handel dürfen im Prinzip nicht vom Niveau des Preises bzw. der
Gebühren eines unabhängigen Dritten auf dem Markt abweichen. Gesellschaften
müssen die Grundlage von Festpreisen eines verbundenen Handels in vollem Umfang
offenlegen.
§ 14 [Schutz des Eigentums
börsenzugelassener Gesellschaften vor dem Zugriff durch Aktionäre]
Vermögen börsenzugelassener
Gesellschaften gehört zum Eigentum der Gesellschaft. Börsenzugelassene
Gesellschaften müssen effiziente Maßnahmen ergreifen, um zu verhindern, daß
Aktionäre und die mit ihnen verbundenen Parteien in irgendeiner Form
Geldmittel, Vermögen und andere Ressourcen der Gesellschaft in Anspruch nehmen
oder übertragen. Börsenzugelassene Gesellschaften dürfen Aktionären und mit
ihnen verbundenen Parteien keine Sicherheiten zur Verfügung stellen.
2. Kapitel: Beherrschender Aktionär und
börsenzugelassene Gesellschaft
1. Abschnitt: Normen für Handlungen des
beherrschenden Aktionärs
§ 15 [Prinzip der Börsenzulassung nach
Umwandlung]
Beherrschende Aktionäre müssen sich bei
der Umwandlung und Reorganisation von Gesellschaften, die einen Börsengang
planen, nach dem Prinzip der Börsenzulassung nach Umwandlung richten und
besonderes Gewicht auf die Schaffung einer angemessenen und ausgewogenen
Struktur der Anteilsrechte legen.
§ 16 [Prinzip der Umwandlung;
Abtrennung der sozialen Funktion]
Beherrschende Aktionäre müssen bei der
Umwandlung und Reorganisation von Gesellschaften, die einen Börsengang planen,
deren soziale Funktionen abtrennen und nicht wirtschaftliches Vermögen [von der
Gesellschaft] lösen; nicht wirtschaftliche Institutionen,
Wohlfahrtsinstitutionen und ihre Einrichtungen dürfen nicht in die
börsenzugelassene Gesellschaft eingehen.
§ 17 [Weiterbestehende Unternehmen;
Abbau von Arbeitsplätzen]
Weiterbestehende Unternehmen bzw.
Organe der beherrschenden Aktionäre, die Dienstleitungen für das Hauptgeschäft
der börsenzugelassenen Gesellschaft erbringen, können gemäß den Prinzipien der
Spezialisierung und der Marktwirtschaft in spezialisierte Gesellschaften
umgewandelt werden und auf der Grundlage von Geschäftsprinzipien mit der
börsenzugelassenen Gesellschaft einschlägige Vereinbarungen abschließen.
Weiterbestehende Unternehmen, die in anderen Geschäftsfeldern tätig sind,
müssen ihre Fähigkeit zur unabhängigen Entwicklung steigern. Weiterbestehende
Unternehmen, die keine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit mehr besitzen, müssen
sich nach den Bestimmungen in einschlägigen Gesetzen und Rechtsnormen über Wege
wie die Durchführung einer Insolvenz vom Markt zurückziehen. Wenn Unternehmen
bei der Reorganisation bestimmte Voraussetzungen haben, können sie sich auf
einmal von ihren sozialen Funktionen und überflüssigem Personal trennen und
keine weiter bestehenden Unternehmen erhalten.
§ 18 [Reformierung der
Personalangelegenheiten]
Beherrschende Aktionäre müssen
börsenzugelassene Gesellschaften dabei unterstützen, die Reformierung der
Arbeit, der Personalangelegenheiten und der [Gehalts-] Verteilung zu vertiefen,
den Mechanismus des Managements zu verändern, einen Wettbewerb um die
Anstellung und Beförderung von Managern, die Möglichkeit sowohl des Aufstiegs
als auch der Degradierung von Managern, und die Auswahl der Belegschaft
entsprechend ihrer Befähigung, die Möglichkeit der Aufnahme und der Entlassung
der von Beschäftigten, flexible Einkommen und unterschiedlichste Systeme
effizienter Anreize zu etablieren.
§ 19 [Pflichten beherrschender
Aktionäre]
Beherrschende Aktionäre sind
verpflichtet, gegenüber der börsenzugelassenen Gesellschaft und den anderen
Aktionären nach Treu und Glauben zu handeln. Beherrschende Aktionäre müssen
gegenüber der börsenzugelassenen Gesellschaft, die sie beherrschen, ihre Rechte
als Investoren streng nach dem Recht ausüben und dürfen nicht die legalen
Rechtsinteressen der börsenzugelassenen Gesellschaft oder der anderen Aktionäre
vermittels der Vermögensreorganisation oder auf andere Weise schädigen noch
ihre besondere Stellung dafür nutzen, nach zusätzlichen Vorteilen zu streben.
§ 20 [Verhalten beherrschender
Aktionäre bei Nominierung und Wahl von Vorstandsmitgliedern]
Beherrschende Aktionäre müssen sich bei
der Nominierung von Kandidaten für Vorstand und Aufsichtsrat der
börsenzugelassenen Gesellschaft streng nach den Voraussetzungen und Verfahren
richten, die in Gesetzen, Rechtsnormen und der Gesellschaftssatzung bestimmt
sind. Die Kandidaten, die von beherrschenden Aktionären für Vorstand und
Aufsichtsrat nominiert werden, müssen über entsprechende Fachkenntnisse und die
Fähigkeit zu Strategieentscheidungen und zur Überwachung verfügen. Beherrschende
Aktionäre dürfen gegenüber Beschlüssen bei der Wahl von Personal durch die
Hauptversammlung und Beschlüssen bei der Bestellung von Personal durch den
Vorstand keinerlei Genehmigungsverfahren durchführen; sie dürfen nicht über die
Hauptversammlung oder den Vorstand hinweg hochrangige Manager der
börsenzugelassenen Gesellschaft berufen oder entlassen.
§ 21 [Verhalten beherrschender
Aktionäre bei strategischen Entscheidungen]
Erhebliche strategische Entscheidungen
der börsenzugelassenen Gesellschaft müssen nach dem Recht von Hauptversammlung
und Vorstand getroffen werden. Beherrschende Aktionäre dürfen weder direkt noch
indirekt in strategische Entscheidungen der Gesellschaft und in nach dem Recht
entfaltete Produktions- und Betriebsaktivitäten eingreifen und die
Rechtsinteressen der Gesellschaft oder ihrer anderen Aktionäre schädigen.
2. Abschnitt: Unabhängigkeit der
börsenzugelassenen Gesellschaft
§ 22 [Prinzipien der Unabhängigkeit]
Personal, Vermögen und Finanzen der
beherrschenden Aktionäre einerseits, der börsenzugelassenen Gesellschaften
andererseits müssen getrennt werden, die Organe und Geschäfte sind unabhängig
<8>, die jeweilige Rechnungsführung ist unabhängig und Haftung und
Risiken werden jeweils unabhängig übernommen.
§ 23 [Unabhängigkeit des Personals]
Das Personal der börsenzugelassenen
Gesellschaft muß unabhängig von beherrschenden Aktionären sein.
Geschäftsführendes Personal, Verantwortliche für Finanzen, Verantwortliche für
Betrieb und Vertrieb sowie Vorstandssekretäre dürfen in der Einheit des
beherrschenden Aktionärs keine andere Amtspflichten ausüben als die eines
Vorstandsmitgliedes. Fungieren hochrangige Manager des beherrschenden Aktionärs
zugleich als Vorstandsmitglieder der börsenzugelassenen Gesellschaft, muß
gewährleistet sein, daß sie ausreichend Zeit und Energie haben, um die Arbeit
bei der börsenzugelassenen Gesellschaft zu übernehmen. <9>
§ 24 [Unabhängigkeit des Vermögens]
Vermögen, das beherrschende Aktionäre
in börsenzugelassene Gesellschaften investieren, muß vollkommen unabhängig
sein, und die Zuordnung der Rechte daran muß deutlich gemacht werden. Bringen
beherrschende Aktionäre als Sacheinlagen ein, müssen die Formalitäten zur
Änderung der Vermögensrechte erledigt und der Bereich dieses Vermögens klar
abgegrenzt werden. Die börsenzugelassene Gesellschaft muß dieses Vermögen
unabhängig registrieren, in den Büchern führen und darüber Rechnung führen und
es unabhängig verwalten. Beherrschende Aktionäre dürfen dieses Vermögen nicht
in Anspruch nehmen, darüber verfügen oder in das Management dieses Vermögens
durch die börsenzugelassene Gesellschaft eingreifen. <10>
§ 25 [Unabhängigkeit der Finanzen]
Börsenzugelassene Gesellschaften müssen
gemäß den Erfordernissen in einschlägigen Gesetzen und Rechtsnormen ein
vollständig ausgebautes System zur Verwaltung der Finanzen und der Buchhaltung
etablieren und unabhängig Rechnung führen. Beherrschende Aktionäre müssen die
Unabhängigkeit der Finanzen der Gesellschaft respektieren und dürfen nicht in
die Aktivitäten der Finanzen und der Buchhaltung der Gesellschaft eingreifen.
§ 26 [Unabhängigkeit der internen
Organe]
Vorstand, Aufsichtsrat und andere
interne Organe von börsenzugelassenen Gesellschaften müssen unabhängig
funktionieren. Zwischen beherrschenden Aktionären und ihren Funktionsabteilungen
auf der einen Seite und börsenzugelassenen Gesellschaften und deren
Funktionsabteilungen auf der anderen Seite gibt es keine Über- und
Unterordnungsverhältnisse. Beherrschende Aktionäre und ihnen untergeordnete
Organe dürfen keine Pläne oder Befehle für die Betreibung der
börsenzugelassenen Gesellschaft an die börsenzugelassene Gesellschaft oder an
die ihr untergeordneten Organe ausgeben und dürfen auch in keiner anderen Form
die Unabhängigkeit ihres Managements beeinträchtigen.
§ 27 [Unabhängigkeit der Geschäfte;
Wettbewerbsverbot]
Geschäfte börsenzugelassener
Gesellschaften müssen vollständig unabhängig von beherrschenden Aktionären
sein. Beherrschende Aktionäre und andere ihnen unterstehenden Einheiten dürfen
keine Geschäfte tätigen, die denen der börsenzugelassenen Gesellschaft gleichen
oder ähneln. Beherrschende Aktionäre müssen effiziente Maßnahmen ergreifen, um
Wettbewerb [mit der Gesellschaft] in der gleichen Branche zu vermeiden.
<11>
3. Kapitel: Vorstandsmitglieder und
Vorstand
1. Abschnitt: Verfahren zur Wahl und
Bestellung der Vorstandsmitglieder
§ 28 [Prinzipien der Wahl]
Börsenzugelassene Gesellschaften müssen
in der Gesellschaftssatzung ein normiertes und transparentes Verfahren zur Wahl
von Vorstandsmitgliedern festlegen, um eine öffentliche, unparteiische,
gerechte und unabhängige Wahl zu gewährleisten. <12>
§ 29 [Information der Aktionäre über
Vorstandskandidaten]
Börsenzugelassene Gesellschaften müssen
vor Einberufung der Hauptversammlung detaillierte Materialien über die Vorstandskandidaten
offenlegen, um zu gewährleisten, daß Aktionäre bei der Abstimmung ausreichend
mit den Kandidaten vertraut sind.
§ 30 [Versprechen der
Vorstandskandidaten]
Vorstandskandidaten müssen vor
Einberufung der Hauptversammlung ein schriftliches Versprechen abgeben, daß sie
mit der Nominierung einverstanden sind und versprechen, daß die zu den
Vorstandskandidaten offengelegten Materialien wahr und vollständig sind, und
gewährleisten, daß sie nach dieser Wahl ihre Pflichten als Vorstandsmitglied
gewissenhaft erfüllen werden. <13>
§ 31 [Kumulative Stimmabgabe]
<14>
Im Wahlverfahren der
Vorstandsmitglieder müssen die Meinungen der mittleren und kleinen Aktionäre in
vollem Umfang widergespiegelt werden. Bei der Wahl der Vorstandsmitglieder muß
sich die Hauptversammlung bemühen, eine kumulative Stimmabgabe durchzuführen.
Börsenzugelassene Gesellschaften, bei denen der beherrschende Aktionär einen
beherrschenden Anteil von mehr als 30% hält, müssen die kumulative Stimmabgabe
anwenden. <15> Börsenzugelassene Gesellschaften, die eine kumulative
Stimmabgabe anwenden, müssen in der Gesellschaftssatzung detaillierte
Ausführungsregeln für dieses System festlegen.
§ 32 [Abschluss von Bestellungsverträgen]
Börsenzugelassene Gesellschaften müssen
mit den Vorstandsmitgliedern Bestellungsverträge abschließen, in denen
Gegenstände wie Rechte und Pflichten von Gesellschaft und Vorstandsmitgliedern,
der Bestellungszeitraum, die Haftung der Vorstandsmitglieder für Verstöße gegen
Gesetze, Rechtsnormen und die Gesellschaftssatzung und die Kompensation bei
begründeter vorfristiger Kündigung klar festgelegt werden. <16>
2. Abschnitt: Pflichten der
Vorstandsmitglieder<17>
§ 33 [Prinzipien der Pflichten von
Vorstandsmitgliedern]
Vorstandsmitglieder müssen ihre
Pflichten gemäß dem größten Nutzen der Gesellschaft und der Gesamtheit der
Aktionäre, gemäß Treu und Glauben und nach Kräften erfüllen.
§ 34 [Zeitliche Verfügbarkeit der
Vorstandsmitglieder]
Vorstandsmitglieder müssen
gewährleisten, daß sie ausreichend Zeit und Energie zur Erfüllung der von ihnen
zu erfüllenden Pflichten haben.
§ 35 [Teilnahme an Vorstandssitzungen]
Vorstandsmitglieder müssen mit der
Einstellung gewissenhafter Verantwortung an Vorstandssitzungen teilnehmen und
zu den Tagesordnungspunkten klar eine Meinung vertreten. Wenn
Vorstandsmitglieder tatsächlich unmöglich persönlich an einer Vorstandssitzung
teilnehmen können, kann schriftlich ein anderes Vorstandsmitglied beauftragt
werden, gemäß dem Willen des Auftraggebers stellvertretend abzustimmen, wobei
der Auftraggeber unabhängig die rechtliche Haftung übernehmen muß.
§ 36 [Bindung der Vorstandsmitglieder
an Gesetz und Recht]
Vorstandsmitglieder müssen die
Bestimmungen in einschlägigen Gesetzen, Rechtsnormen und der
Gesellschaftssatzung einhalten und streng die von ihnen öffentlich abgegebenen
Versprechen befolgen.
§ 37 [Weiterbildung der
Vorstandsmitglieder]
Vorstandsmitglieder müssen aktiv an
einschlägigen Schulungen teilnehmen, um die Rechte und Pflichten und die
Haftung eines Vorstandsmitgliedes zu kennen, mit einschlägigen Gesetzen und
Rechtsnormen vertraut zu sein und um das Wissen zu beherrschen, das man als
Vorstandsmitglied haben muß.
§ 38 [Schadenersatzhaftung]
Wenn Beschlüsse des Vorstandes gegen
Bestimmungen in Gesetzen, Rechtsnormen und der Gesellschaftssatzung verstoßen,
und die Gesellschaft infolgedessen einen Schaden erleidet, haften diejenigen
Vorstandsmitglieder auf Schadenersatz, die an dem Beschluß teilgenommen haben.
Ausgenommen sind Vorstandsmitglieder, die beweisen, daß sie bei der Abstimmung
eine andere Meinung geltend gemacht haben, und dies im Sitzungsprotokoll
aufgezeichnet ist.
§ 39 [Haftpflichtversicherungen]
<18>
Mit Genehmigung durch die
Hauptversammlung können börsenzugelassene Gesellschaften für
Vorstandsmitglieder Haftungsversicherungen kaufen. Ausgenommen hiervon ist die
Haftung von Vorstandsmitgliedern wegen Verstoßes gegen Bestimmungen in
Gesetzen, Rechtsnormen und der Gesellschaftssatzung.
3. Abschnitt: Zusammensetzung und
Amtspflichten des Vorstandes
§ 40 [Ziel der Zusammensetzung]
Die Zusammensetzung des Vorstandes und
die Zahl seiner Mitglieder muß den Anforderungen in einschlägigen Gesetzen und
Rechtsnormen entsprechen <19>, um zu gewährleisten, daß Diskussionen
voller Erfolg durchgeführt und strategische Entscheidungen wissenschaftlich,
schnell und sorgfältig getroffen werden.
§ 41 [Professionalität]
Der Vorstand muß eine angemessene
professionelle Struktur haben, so daß seine Mitglieder das Wissen, die
technische Fähigkeit und Qualität haben, die zur Wahrnehmung des Amtes
notwendig sind.
§ 42 [Verantwortung gegenüber der
Hauptversammlung; Gewährleistung der Ausübung von Kompetenzen]
Der Vorstand ist der Hauptversammlung
verantwortlich. Die Corporate Governance-Struktur börsenzugelassener
Gesellschaften muß gewährleisten, daß der Vorstand seine Kompetenzen nach den
Bestimmungen in Gesetzen, Rechtsnormen und der Gesellschaftssatzung ausüben
kann.
§ 43 [Gleichbehandlung der Aktionäre;
Beachtung der Interessen anderer]
Der Vorstand muß die in einschlägigen
Gesetzen, Rechtsnormen und der Gesellschaftssatzung bestimmten Pflichten
gewissenhaft erfüllen, um zu gewährleisten, daß die Gesellschaft die
Bestimmungen in Gesetzen, Rechtsnormen und der Gesellschaftssatzung befolgt,
und er muß alle Aktionäre unparteiisch behandeln und den Interessen anderer
Interessierter Aufmerksamkeit schenken.
4. Abschnitt: Geschäftsordnung des
Vorstandes
§ 44 [Ziel der Geschäftsordnung]
Börsenzugelassene Gesellschaften müssen
in der Gesellschaftssatzung eine Geschäftsordnung des Vorstandes normieren, um
zu gewährleisten, daß der Vorstand hocheffizient funktioniert und
wissenschaftlich strategische Entscheidungen trifft.
§ 45 [Ordentliche und außerordentliche
Sitzungen; Vorbereitung der Sitzungen]
Der Vorstand muß periodisch Sitzungen
einberufen und gemäß den Erfordernissen rechtzeitig außerordentliche Sitzungen
einberufen. Sitzungen des Vorstandes müssen zuvor bestimmte
Diskussionsgegenstände haben.
§ 46 [Informationspflicht gegenüber
Vorstandsmitgliedern]
Vorstandssitzungen börsenzugelassener
Gesellschaften müssen streng nach dem festgelegten Verfahren durchgeführt
werden. Der Vorstand muß gemäß den festgelegten Fristen alle
Vorstandsmitglieder benachrichtigen und ihnen ausreichend Material
einschließlich Hintergrundmaterialien über den Diskussionsgegenstand der
Sitzung und Informationen und Zahlen zur Verfügung stellen, die den
Vorstandsmitgliedern helfen, die Geschäftsentwicklung der Gesellschaft zu
verstehen. Wenn mindestens zwei unabhängige Vorstandsmitglieder meinen, daß die
Materialien nicht vollständig oder die Ausführungen nicht klar sind, können sie
gemeinsam schriftlich dem Vorstand vorschlagen, die Vorstandssitzung oder die
Beratung dieser Angelegenheit zu verschieben, und der Vorstand muß [diesen
Vorschlag] annehmen muß.
§ 47 [Sitzungsprotokoll]
Das Protokoll von Vorstandssitzungen
muß vollständig und wahr sein. Vorstandssekretäre müssen die Protokollierung
der beratenen Punkte der Sitzungen gewissenhaft organisieren und ordnen.
Vorstandsmitglieder, Vorstandssekretäre <20> und Protokollführer, die an
den Sitzungen teilnehmen, müssen das Sitzungsprotokoll unterschreiben. Das
Protokoll von Vorstandssitzungen muß als wesentliche Akte der Gesellschaft
zweckgemäß aufbewahrt werden, um später eine wesentliche Grundlage für die
Klärung der Haftung von Vorstandsmitgliedern zu bilden.
§ 48 [Prinzipien und Grenzen der
Ermächtigung des Vorstandsvorsitzenden]
Wenn der Vorstand den
Vorstandsvorsitzenden ermächtigt, in der Zeit zwischen den Sitzungen einen Teil
der Kompetenzen des Vorstandes auszuüben, müssen börsenzugelassene
Gesellschaften die Prinzipien für die Ermächtigung und den Inhalt der
Ermächtigung in der Gesellschaftssatzung klar festlegen, wobei der Inhalt der
Ermächtigung klar bestimmt und konkret sein muß. Über alle Angelegenheiten, die
erhebliche Interessen der Gesellschaft betreffen, muß der Vorstand kollektiv
entscheiden.
5. Abschnitt: System unabhängiger
Vorstandsmitglieder
§ 49 [Stellung unabhängiger
Vorstandsmitglieder]
Börsenzugelassene Gesellschaften müssen
gemäß den einschlägigen Bestimmungen <21> ein System unabhängiger
Vorstandsmitglieder etablieren. Unabhängige Vorstandsmitglieder müssen von der
Gesellschaft, die sie angestellt hat, und von den wichtigen Aktionären
unabhängig sein. Ein unabhängiges Vorstandsmitglied darf in der
börsenzugelassenen Gesellschaft kein anderes Amt als das eines unabhängigen
Vorstandsmitgliedes haben.
§ 50 [Pflichten unabhängiger
Vorstandsmitglieder]
Unabhängige Vorstandsmitglieder tragen
gegenüber der Gesellschaft und der Gesamtheit der Aktionäre die Pflichten aus
Treu und Glauben und Due Diligence-Pflichten. Unabhängige Vorstandsmitglieder
müssen gemäß den Anforderungen der einschlägigen Gesetzen, Rechtsnormen und der
Gesellschaftssatzung gewissenhaft ihre Pflichten erfüllen, die Gesamtinteressen
der Gesellschaft schützen, insbesondere müssen sie darauf achten, daß die
legalen Rechtsinteressen der mittleren und kleinen Aktionäre nicht verletzt
werden. Unabhängige Vorstandsmitglieder müssen ihre Amtspflichten unabhängig
erfüllen und dürfen nicht von wichtigen Aktionären, den in der Praxis [die
Gesellschaft] beherrschenden Personen und anderen Einheiten oder Personen, die
mit der börsenzugelassenen Gesellschaft in einer [eigenen] Nutzen und Schaden
berührenden Beziehung stehen, beeinflußt werden.
§ 51 [Rechtmäßigkeit der Bestellung,
Wahl, Wechsel und Amtspflichten]
Die Voraussetzungen für eine
Bestellung, das Verfahren für Wahl und Wechsel, die Amtspflichten von
unabhängigen Vorstandsmitgliedern müssen den einschlägigen Bestimmungen
<22> entsprechen.
6. Abschnitt: Fachausschüsse des
Vorstandes <23>
§ 52 [Zusammensetzung]
Der Vorstand börsenzugelassener
Gesellschaften können gemäß einem entsprechenden Beschluß der Hauptversammlung
Fachausschüsse für Strategie, für Rechnungsprüfung, für Nominierung sowie für
Gehälter und Prüfungen einrichten. Die Fachausschüsse werden vollständig aus
Vorstandsmitgliedern gebildet <24>, wobei die unabhängigen Vorstandsmitglieder
in den Ausschüssen für Rechnungsprüfung, für Nominierung, für Gehälter und
Prüfungen die Mehrheit ausmachen und als Einberufende fungieren müssen; im
Ausschuß für Rechnungsprüfung muß zumindest eine unabhängiges Vorstandsmitglied
Fachmann für Buchhaltung sein.
§ 53 [Ausschuß für Strategie]
Wesentliche Amtspflicht des Ausschusses
für Strategie ist, die langfristige Entwicklungsstrategie und strategische
Entscheidungen über erhebliche Investitionen zu untersuchen und Vorschläge
[dazu] zu unterbreiten.
§ 54 [Ausschuß für Rechnungsprüfung]
Wesentliche Amtspflichten des
Ausschusses für Rechnungsprüfung sind: (1) Vorschläge zur Anstellung oder zum
Wechsel von externen Rechnungsprüfungsinstituten <25>; (2) Überwachung
und Ausführung des internen Rechnungsprüfungssystems der Gesellschaft; (3)
Verantwortung für die Kommunikation zwischen interner und externer
Rechnungsprüfung; (4) Prüfung der Finanzdaten der Gesellschaft und deren
Offenlegung; (5) Überprüfung des internen Kontrollsystems der Gesellschaft.
§ 55 [Ausschuß für Nominierung]
Wesentliche Amtspflichten des
Ausschusses für Nominierung sind: (1) Untersuchung des Standards und des
Verfahrens zur Wahl von Vorstandsmitgliedern und Geschäftsführungspersonal und
Unterbreiten von Vorschlägen; (2) breite Suche nach Personen, die zur Wahl zum
Vorstandsmitglied oder als Geschäftsführungspersonal geeignet sind; (3) Prüfung
der Kandidaten für den Vorstand und der ausgewählten Personen für die
Geschäftsführung und Unterbreiten von Vorschlägen. <26>
§ 56 [Ausschuß für Gehälter und
Prüfungen]
Wesentliche Amtspflichten des
Ausschusses für Gehälter und Prüfungen sind: (1) Untersuchung des Standards für
Prüfungen der Vorstandsmitglieder und des Geschäftsführungspersonals,
Durchführung der Prüfungen und Unterbreiten von Vorschlägen; (2) Untersuchung
und Prüfung der Richtlinien und Pläne für Gehälter der Vorstandsmitglieder und
hochrangiger Manager. <27>
§ 57 [Beauftragung von
Intermediärinstituten]
Jeder Fachausschuß kann Intermediärinstitute
zur Besorgung von Fachgutachten anstellen, wobei die entstehenden Kosten von
der Gesellschaft getragen werden.
§ 58 [Verantwortung gegenüber Vorstand;
Entscheidung über Anträge der Ausschüsse]
Jeder Fachausschuß ist gegenüber dem
Vorstand verantwortlich, Vorschläge der Fachausschüsse müssen dem Vorstand zur
Prüfung und Entscheidung vorgelegt werden. <28>
4. Kapitel: Aufsichtsratmitglieder und
Aufsichtsrat
1. Abschnitt Amtspflichten des
Aufsichtsrates
§ 59 [Stellung und Pflichten des
Aufsichtsrates]
Der Aufsichtsrat börsenzugelassener
Gesellschaften haftet gegenüber der Gesamtheit der Aktionäre, überwacht die
Finanzen der Gesellschaft und die Gesetz- und Vorschriftsmäßigkeit der
Erfüllung der Amtspflichten durch Vorstandsmitglieder, Geschäftsführer und
andere hochrangige Manager, um die Gesellschaft und die legalen
Rechtsinteressen der Aktionäre zu schützen.
§ 60 [Informationsrecht;
Geheimhaltungspflicht; Beauftragung von Intermediärinstituten]
Aufsichtsratmitglieder haben das Recht,
Kenntnis von den Betriebsverhältnissen der Gesellschaft zu erlangen und
übernehmen eine entsprechende Geheimhaltungspflicht. Der Aufsichtsrat kann
unabhängig Intermediärinstitute zur Besorgung von Fachgutachten anstellen.
§ 61 [Informationspflicht
börsenzugelassener Gesellschaften gegenüber dem Aufsichtsrat]
Börsenzugelassene Gesellschaften müssen
Maßnahmen ergreifen, um das Recht zur Kenntniserlangung der
Aufsichtsratmitglieder zu garantieren, und den Aufsichtsratmitgliedern die für
die ordnungsgemäße Erfüllung der Amtspflichten notwendige Hilfe zur Verfügung
stellen, keine Person darf eingreifen oder behindern. Angemessene Kosten, die
Aufsichtsratmitglieder zur Erfüllung der Amtspflichten benötigen, müssen von
der Gesellschaft getragen werden.
§ 62 [Überwachungsprotokoll]
Das Überwachungsprotokoll des
Aufsichtsrates und die Ergebnisse seiner Prüfung von Finanzen bzw. speziellen
Angelegenheiten müssen eine wesentliche Grundlage für die Bewertung der
Leistungen von Vorstandsmitgliedern, Geschäftsführern und anderen hochrangigen
Managern bilden.
§ 63 [Weiterleitung der Entdeckung von
Rechtsverstößen]
Wenn der Aufsichtsrat Handlungen von
Vorstandsmitgliedern, Geschäftsführern und anderen hochrangigen Managern
entdeckt, die gegen Gesetze, Rechtsnormen oder die Gesellschaftssatzung
verstoßen, kann er hierüber den Vorstand und die Hauptversammlung informieren,
er kann dies aber auch direkt dem Wertpapieraufsichtsorgan und anderen
einschlägigen Abteilungen berichten.
2. Abschnitt: Zusammensetzung und
Geschäftsordnung des Aufsichtsrates
§ 64 [Ziel der Zusammensetzung]
Aufsichtsratmitglieder müssen
Fachkenntnis oder Arbeitserfahrung im Hinblick auf Gesetze und die Buchhaltung
haben. Das Personal und die Struktur des Aufsichtsrates müssen gewährleisten,
daß der Aufsichtsrat unabhängig und effizient die Überwachung und Überprüfung
der Vorstandsmitglieder, Geschäftsführer, anderer hochrangiger Manager und der
Finanzen der Gesellschaft ausüben kann.
§ 65 [Geschäftsordnung]
In der Gesellschaftssatzung
börsenzugelassener Gesellschaften muß eine normierte Geschäftsordnung des
Aufsichtsrates festgelegt werden. Sitzungen des Aufsichtsrates müssen streng
nach dem festgelegten Verfahren durchgeführt werden.
§ 66 [Ordentliche und außerordentliche
Sitzungen]
Der Aufsichtsrat muß periodisch
Sitzungen einberufen und gemäß den Erfordernissen rechtzeitig außerordentliche
Sitzungen einberufen. Können Sitzungen des Aufsichtsrates aus irgendeinem Grund
nicht termingerecht einberufen werden, muß der Grund bekanntgemacht werden.
§ 67 [Aufforderung zur Teilnahme von
hochrangigen Managern]
Der Aufsichtsrat kann von
Vorstandsmitgliedern, Geschäftsführern und anderen hochrangigen Managern der
Gesellschaft sowie internen und externen Rechnungsprüfungspersonal verlangen,
daß sie an Sitzungen des Aufsichtsrats teilnehmen und Fragen von Interessen
[für den Aufsichtsrat] beantworten. <29>
§ 68 [Sitzungsprotokoll]
Sitzungen des Aufsichtsrats müssen
protokolliert werden, Aufsichtsratmitglieder und Protokollführer, die an der
Sitzung teilnehmen, müssen das Sitzungsprotokoll unterschreiben.
Aufsichtsratmitglieder haben das Recht zu verlangen, daß im Protokoll ihre
Äußerungen auf der Sitzung erläutert werden. Das Protokoll von
Aufsichtsratsitzungen muß als wesentliche Akte der Gesellschaft zweckgemäß aufbewahrt
werden.
5. Kapitel: Leistungsbewertung und
Anreiz- und Zügelungs-Mechanismus
1. Abschnitt: Leistungsbewertung von
Vorstands-, Aufsichtsratmitgliedern und Geschäftsführern
§ 69 [Festlegung von Standards und
Verfahren]
Börsenzugelassene Gesellschaften müssen
gerechte und transparente Standards und Verfahren zur Bewertung der Leistung
von Vorstands-, Aufsichtsratmitgliedern und Geschäftsführern etablieren.
§ 70 [Evaluierung von
Vorstandsmitgliedern und Geschäftsführern]
Die Organisation der Bewertung der
Leistung von Vorstandsmitgliedern und Geschäftsführern wird vom Vorstand bzw.
vom unter ihm errichteten Ausschuß für Gehälter und Prüfungen verantwortet. Bei
der Bewertung von unabhängigen Vorstands- und Aufsichtsratmitgliedern müssen
Selbstbewertungen und gegenseitige Bewertungen kombiniert werden.
§ 71 [Entscheidung über die Entlohnung
von Vorstandsmitgliedern]
Zur die Höhe und Art der Entlohnung von
Vorstandsmitgliedern wird vom Vorstand ein Vorschlag bei der Hauptversammlung
zur Entscheidung eingereicht. Wenn der Vorstand bzw. der Ausschuß für Gehälter
und Prüfungen die Bewertung eines Vorstandsmitgliedes durchführt und seine
Entlohnung diskutiert, muß sich dieses Vorstandsmitglied [als befangen]
zurückziehen.
§ 72 [Rechenschaft von Vorstand und Aufsichtsrat
gegenüber der Hauptversammlung]
Vorstand und Aufsichtsrat müssen
gegenüber der Hauptversammlung über die Umstände der Erfüllung der
Amtspflichten von Vorstands- und Aufsichtsratmitgliedern, die Ergebnisse der
Bewertung der Leistung und die Verhältnisse ihrer Gehälter berichten und
Publizität (pilu) gewähren.
2. Abschnitt: Bestellung von
Geschäftsführern
§ 73 [Rechtmäßigkeit der Bestellung von
Geschäftsführern]
Die Bestellung von Geschäftsführern
börsenzugelassener Gesellschaften muß streng nach den Bestimmungen in
einschlägigen Gesetzen, Rechtsnormen und der Gesellschaftssatzung durchgeführt
werden. <30> Keine Organisation und Einzelperson darf in das
ordnungsgemäße Verfahren zur Wahl und Bestellung von Geschäftsführern der
Gesellschaft eingreifen.
§ 74 [Anwerbung von qualifiziertem
Personal]
Börsenzugelassene Gesellschaften müssen
möglichst eine offene und transparente Form anwenden, um auf dem Markt für
qualifiziertes Personal innerhalb und außerhalb des Gebietes Geschäftsführer
auszuwählen und zu ernennen und in vollem Umfang die Wirkung von
Intermediärinstituten zur Geltung bringen.
§ 75 [Bestellungsverträge]
Börsenzugelassene Gesellschaften und
Geschäftsführer müssen Bestellungsverträge abschließen, in denen die
Beziehungen von Rechten und Pflichten beider Seiten klar festgelegt werden.
§ 76 [Rechtmäßigkeit und Bekanntmachung
der Bestellung und Entlassung]
Die Bestellung und Entlassung von
Geschäftsführern muß das gesetzlich bestimmte Verfahren einhalten und der
Allgemeinheit bekanntgemacht werden.
3. Abschnitt: Anreiz- und
Zügelungs-Mechanismus gegenüber Geschäftsführern
§ 77 [Anreizmechanismus]
Börsenzugelassene Gesellschaften müssen
einen Anreizmechanismus etablieren, der Gehälter mit der Leistung der
Gesellschaft und der Leistung der Einzelpersonen verknüpft, um qualifiziertes
Personal anzuziehen und die Stabilität bei den Geschäftsführern aufrecht zu
erhalten.
§ 78 [Grundlage für die Festlegung der
Gehälter]
Die Bewertung der Leistung
börsenzugelassener Gesellschaften gegenüber Geschäftsführern muß Grundlage für
die Festlegung der Gehälter und anderer Formen von Anreizen für Geschäftsführer
bilden.
§ 79 [Genehmigung der Gehälter durch
Vorstand; Publizität]
Die Pläne zur Zuteilung von Gehältern
für Geschäftsführer müssen die Genehmigung durch den Vorstand erhalten, der
Hauptversammlung erläutert werden und es muß Publizität gewährt werden.
§ 80 [Festlegung der Amtspflichten;
Verfolgung der rechtlichen Haftung durch Vorstand]
Börsenzugelassene Gesellschaften müssen
in der Gesellschaftssatzung die Amtspflichten von Geschäftsführern klar
festlegen. Wenn Geschäftsführer gegen Gesetze, Rechtsnormen und die
Gesellschaftssatzung verstoßen, so daß die Gesellschaft einen Schaden erleidet,
muß der Vorstand der Gesellschaft aktiv Maßnahmen ergreifen, um ihre rechtliche
Haftung zu verfolgen. <31>
6. Kapitel: Interessierte <32>
§ 81 [Kreis der Interessierten]
Börsenzugelassene Gesellschaften müssen
legale Rechtsinteressen von Interessierten wie Banken und anderen Gläubigern,
der Belegschaft, Verbrauchern, Zulieferern und der Nachbarschaft respektieren.
§ 82 [Prinzip der Zusammenarbeit]
Börsenzugelassene Gesellschaften müssen
aktiv mit den Interessierten zusammenarbeiten und gemeinsam die nachhaltige und
gesunde Entwicklung der Gesellschaft vorantreiben.
§ 83 [Schutz der Rechtsinteressen
Interessierter]
Börsenzugelassene Gesellschaften müssen
die notwendigen Voraussetzungen schaffen für den Schutz der Rechtsinteressen
der Interessierten, damit Interessierte die Möglichkeit und Kanäle haben,
Schadenersatz zu erhalten, wenn ihre legalen Rechtsinteressen verletzt werden.
§ 84 [Informationspflicht
börsenzugelassener Gesellschaften gegenüber Interessierten]
Börsenzugelassene Gesellschaften müssen
Banken und anderen Gläubigern die notwendigen Informationen zur Verfügung
stellen, damit sie die Betriebsverhältnisse und Finanzverhältnisse der
Gesellschaft beurteilen und strategische Entscheidungen treffen können.
§ 85 [Beteilung der Belegschaft an
Entscheidungen]
Börsenzugelassene Gesellschaften müssen
fördern, daß die Meinungen der Belegschaft zu der Betreibung der Gesellschaft,
den Finanzverhältnissen und erheblichen strategischen Entscheidungen, welche
die Interessen der Belegschaft betreffen, über direkte Verbindungen und den
Austausch mit Vorstand, Aufsichtsrat und Geschäftsführern Ausdruck finden.
<33>
§ 86 [Besonders zu beachtende Probleme]
Börsenzugelassene Gesellschaften
müssen, während sie die nachhaltige Entwicklung der Gesellschaft gewährleisten
und größtmöglichen Nutzen für die Aktionäre realisieren, gleichzeitig auch
Problemen wie der Wohlfahrt der Nachbarschaft, dem Umweltschutz und
gemeinnützigen Einrichtungen besondere Aufmerksamkeit schenken und die soziale
Verantwortung der Gesellschaft beachten.
7. Kapitel: Publizität und Transparenz
1. Abschnitt: Aufrechterhaltung der
Publizität börsenzugelassener Gesellschaften
§ 87 [Rechtmäßigkeit der Publizität]
Die Aufrechterhaltung der Publizität
ist die Verantwortung von börsenzugelassenen Gesellschaften. Börsenzugelassene
Gesellschaften müssen streng nach Bestimmungen in Gesetzen, Rechtsnormen und
der Gesellschaftssatzung wahr, genau, vollständig und rechtzeitig Informationen
offenlegen.
§ 88 [Weitere Publizität]
Börsenzugelassene Gesellschaften müssen
neben den Daten, die gemäß zwingenden Bestimmungen offengelegt werden, aus
eigener Initiative heraus rechtzeitig alle Daten offenlegen, die auf
strategische Entscheidungen von Aktionären und anderen Interessierten
wesentlichen Einfluß erzeugen könnten, und gewährleisten, daß alle Aktionäre
gleichberechtigt die Möglichkeit zum Erlangen der Daten haben.
§ 89 [Verständlichkeit von und bequemer
Zugang zu Daten]
Daten, die von börsenzugelassenen
Gesellschaften offengelegt werden, müssen leicht verständlich sein.
Börsenzugelassene Gesellschaften müssen gewährleisten, daß Nutzer in
wirtschaftlicher, bequemer und prompter Weise (wie z.B. über das Internet)
Daten erhalten können.
§ 90 [Verantwortlichkeit des
Vorstandssekretärs]
Der Vorstandssekretär
börsenzugelassener Gesellschaften verantwortet die Angelegenheiten der
Publizität einschließlich das Etablieren eines Systems der Publizität, den
Empfang von Besuchern, die Beantwortung von Anfragen, die Verbindung zu den
Aktionären und stellt Anlegern Materialien zur Verfügung, welche die Gesellschaft
öffentlich offengelegt hat. Vorstand und Geschäftsführer müssen die Arbeit des
Vorstandssekretärs aktiv unterstützen. Kein Organ und keine Einzelperson dürfen
in die Arbeit des Vorstandssekretärs eingreifen.
2. Abschnitt: Publizität von Daten zur
Corporate Governance
§ 91 [Katalog der Datenpublizität]
Börsenzugelassene Gesellschaften müssen
gemäß den Gesetzen, Rechtsnormen und anderen einschlägigen Bestimmungen Daten
im Zusammenhang mit der Corporate Governance der Gesellschaft offen legen
<34>, einschließlich Folgendem, aber nicht beschränkt darauf: (1)
Personal und Zusammensetzung von Vorstand und Aufsichtsrat; (2) der Arbeit und
Bewertung von Vorstand und Aufsichtsrat; (3) der Umstände der Tätigkeit und
Bewertung der unabhängigen Vorstandsmitglieder einschließlich der Umstände der
Teilnahme an Vorstandssitzungen unabhängiger Vorstandsmitglieder, der Umstände
der Äußerungen unabhängiger Meinungen und Meinungen zu Gegenständen wie
verbundenem Handel, Bestellung und Abberufung von Vorstandsmitgliedern und
hochrangigen Managern; (4) der Zusammensetzung und Umstände der Arbeit der
Fachausschüsse; (5) der praktischen Verhältnisse der Corporate Governance, der
Existenz von Abweichungen von diesem Standard und der Gründe hierfür; (6)
konkreter Pläne und Maßnahmen zur Verbesserung der Corporate Governance.
3. Abschnitt: Publizität zu
Rechtsinteressen der Aktionäre
§ 92 [Publizität zu Großaktionären und
einflußreichen Personen]
Börsenzugelassene Gesellschaften müssen
gemäß den einschlägigen Bestimmungen rechtzeitig detaillierte Materialien zu
Aktionären, die einen relativ großen Anteil der Aktien der Gesellschaft halten,
zu Aktionären, die bei übereinstimmendem Vorgehen in der Praxis die
Gesellschaft beherrschen, und zu Personen, die in der Praxis die Gesellschaft
beherrschen, offenlegen.
§ 93 [Publizität der Veränderungen der
Aktionärsstruktur]
Börsenzugelassene Gesellschaften müssen
rechtzeitig Umstände einer Veränderung der Anteile der Gesellschaft sowie
andere wesentliche Angelegenheiten bemerken und offenlegen, die eine
Veränderung der Anteile der Gesellschaft hervorrufen könnten.
§ 94 [Publizität der Veränderung des
Aktienbesitzes bei beherrschenden Aktionären]
Wenn beherrschende Aktionäre
börsenzugelassener Gesellschaften ihre Anteile an der Gesellschaft erhöhen,
vermindern oder verpfänden, oder wenn sich eine Übertragung des
Beherrschungsrechts der börsenzugelassenen Gesellschaft ereignet, müssen die
börsenzugelassene Gesellschaft und ihre beherrschenden Aktionäre rechtzeitig und
genau der Gesamtheit der Aktionäre entsprechende Daten offenlegen.
8. Kapitel: Ergänzende Regeln
§ 95 [Zeit des Inkrafttretens]
Dieser Standard wird vom Tag seines
Erlasses an durchgeführt.
Quelle: ZGZQB v. 10.1.2002, S. 15 =
CSRC-Amtsblatt 2002, Nr. 1, S. 1 ff.; englische Übersetzung unter:
http://www.csrc.org.cn/CSRCSite/eng/edeplt/rule/frzl02042901.htm (eingesehen am
10.10.2002)
Verwendete Abkürzungen:
CLP: China Law &
Practice, Hong Kong
CSRC: Chinesische
Wertpapieraufsichtskommission (Zhongguo zhengquan jiandu guanli weiyuanhui,
China Securities Regulatory Commission)
CSRC-Amtsblatt: Amtsblatt
der CSRC, monatlich herausgegeben von der CSRC (Zhongguo zhengquan jiandu
guanli weiyuanhui gonggao)
CSRC-Vorschriftensammlung:
Vorschriftensammlung zu Wertpapieren und Futures der VR China, herausgegeben in
Jahresbänden von der CSRC (Zhonghua Renmin Gongheguo Zhengquan qihuo fagui
huibian)
GesG: Gesellschaftsgesetz der VR China (29.12.93/1)
SCMP: South China Morning
Post, Hong Kong
ZGZQB: Chinesische Wertpapierzeitung
(Zhongguo zhengquan bao, China Securities
Journal)
<1> Zur Entstehung des
chinesischen Corporate Governance Kodexes
Der Begriff „Corporate Governance“
(chin. gongsi zhili) tauchte seit Frühjahr 2001 vermehrt in der Fachpresse der
Volksrepublik China auf. LIANG Dingbang (alias Anthony Neoh), ehemaliger Leiter
der Hong Kong Securities and Futures Commission (SFC) und gegenwärtig chief
adviser der CSRC, merkte zum Beispiel Ende April 2001 an, daß die
Kontrollfunktion von institutionellen Investoren wie Investmentfonds verstärkt
werden müsse, um die Corporate Governance börsennotierter Gesellschaften zu
verbessern (ZGZQB v. 30.4.2001, S. 1). Einen Monat später brachte LIANG
Dingbang in die Diskussion um die Reduzierung des Anteils staatseigener Aktien
das Argument ein, daß sich die geplante Verminderung der Staatsaktien auch
positiv auf die Corporate Governance auswirken würde (ZGZQB v. 24.5.2001, S.
1). Man schien ein wohlklingendes neues Wundermittel gegen alle Probleme
gefunden zu haben, die bei der Umwandlung der Staatsunternehmen in
Aktiengesellschaften aufgetreten waren. Und ein Wundermittel wurde dringend
benötigt, da das chinesische Finanzministerium gerade in einem
Untersuchungsbericht festgestellt hatte, daß 98,7% der Gesellschaften in ihren
Jahresberichten des Jahres 2000 falsche Angaben über ihre Gewinne gemacht
hatten (SCMP v. 28.5.2001, Business S. 4).
Die Arbeiten zum Entwurf eines Corporate
Governance Kodexes wurden Ende Mai 2001 eingeleitet. In Beijing fand zu diesem
Zweck ein Kongreß zur Corporate Governance statt, auf dem ZHOU Xiaochuan und
SHI Meilun (alias Laura Cha Shih May-lung), Vorsitzender bzw. Vizevorsitzende
der CSRC, ein System von „unabhängigen Vorstandsmitgliedern“ (duli dongshi)
propagierten, um die Transparenz von Gesellschaften zu erhöhen und den Schutz
von Kleinaktionären zu stärken (die Reden von ZHOU Xiaochuan und SHI Meilun
sind abgedruckt im CSRC-Amtsblatt 2001, Nr. 5, S. 29 ff.; vgl. auch ZGZQB v.
31.5.2001, S. 1, SCMP v. 1.6.2001, Business S. 4). Zugleich veröffentlichte die
CSRC den Entwurf der „Anleitung zur Errichtung eines Systems unabhängiger
Vorstandsmitglieder bei börsenzugelassenen Gesellschaften“ als
Konsultationspapier (abgedruckt in: ZGZQB v. 31.5.2001, S. 17). In acht
Abschnitten wurden die Anforderungen an unabhängige Vorstandsmitglieder, deren
Nominierung, Wahl und Abberufung sowie ihre Amtspflichten bestimmt. Vorgesehen
war, daß unabhängige Vorstandsmitglieder ein Drittel der Vorstandsmitglieder börsennotierter
Gesellschaften stellen. Die CSRC beauftragte die Tianqin Rechtsanwaltskanzlei
(Titan Law firm) in Beijing damit, Meinungen zu diesem Entwurf bis Mitte Juni
zu sammeln und ihr anschließend Vorschläge zu unterbreiten.
Die chinesische Fachpresse verfolgte die
Entwurfsarbeiten mit Interesse und startete ihrerseits eine Kampagne, um den
chinesischen Lesern (und Anlegern) deutlich zu machen, wie dringend eine
bessere Corporate Governance für Unternehmen in China sei. Als z.B. im Juni
2001 die Jinan Qingqi Motorrad AG in ihrem Jahresbericht Schulden in Höhe von
RMB 2,58 Mrd. Yuan gegenüber dem größten Aktionär der Gesellschaft, der China
Qingqi Gruppe Hauptgesellschaft, und Nettoverluste in Höhe von RMB 272 Mio.
Yuan aufdeckte, war die Ursache des Problems schnell gefunden: „Bei der
Corporate Governance unserer börsennotierten Gesellschaften existieren
schwerwiegende Mängel!“ (ZGZQB v. 6.6.2001, S. 1/4). Die China Qingqi Gruppe
Hauptgesellschaft hatte die Jinan Qingqi Motorrad AG bereits seit 1997 als
Geldautomat mißbraucht, indem sie die Belieferung der AG mit Rohstoffen sowie
die Absatzwege für die fertigen Produkte der AG vollständig monopolisiert
hatte. Sie ließ sich Rohstoffe teuer bezahlen, zahlte aber keinen angemessenen
Preis für die von der AG gefertigten Motorräder. Schnell kam man zu dem
Ergebnis, daß bei 35,5% der börsennotierten Gesellschaften solche Mängel der
Corporate Governance vorhanden seien (ZGZQB v. 7.6.2001, S. 1).
Als primär zu lösendes Problem machte
ZHOU Zhengqing, ehemaliger Vorsitzender der CSRC und gegenwärtig
Vizevorsitzender des Finanz- und Wirtschaftsausschusses des NVK, die fehlende
interne Kontrolle des Vorstandes aus (ZGZQB v. 11.6.2001, S. 1/4).
Vorstandsmitglieder würden allein die Interessen großer Aktionäre bei ihren
Entscheidungen berücksichtigen. Als Gegenmaßnahme schlug ZHOU Zhengqing vor,
stärker auf die Einrichtung unabhängiger Vorstandsmitglieder zu setzen. LI
Yining, ein angesehener Ökonom und Vater des chinesischen Kapitalmarktes,
sprach sich außerdem für ein System der Stimmrechtsvertretung (weituo daili
zhi) aus (ZGZQB v. 22.6.2001, S. 1). Dies würde helfen, die gegenwärtig
bestehende Situation zu verändern, daß „ein Aktionär zu groß ist“ (yi gu tai
da). Besser wäre, wenn sich „viele Aktionäre die Waage halten“ (duo gu zhi
heng). Mehrere relativ große Aktionäre würden das Problem beheben, daß
Hauptversammlung und Vorstand von Gesellschaften „ein Gesicht“ (yi ge miankong)
seien, d.h. daß die Hauptversammlung allein als verlängerter Arm des Vorstandes
fungiert und Beschlüssen immer im Sinne des Vorstandes zustimmt.
Bereits Anfang Juli 2001 erklärte TONG
Daochi, Vizeleiter der Abteilung zur Beaufsichtigung börsenzugelassener
Gesellschaften der CSRC, daß man den Entwurf eines Corporate Governance Kodexes
ausgearbeitet habe (ZGZQB v. 6.7.2001, S. 1/5). Eine wichtige Grundlage des
Entwurfes mit dem Arbeitstitel „Anleitung für einen Corporate Governance
Standard börsennotierter Gesellschaften in China“ (Zhongguo shishi gongsi zhili
zhunze zhiyin) seien die „OECD Principles of Corporate Governance“ (zu finden
unter: http://www.oecd.org/pdf/M00008000/M00008299.pdf; eingesehen am
2.10.2002) gewesen. TONG Daochi hob insbesondere die Rechte von Aktionären, wie
Mitwirkungs- und Informationsrechte, die Einführung von Klagemöglichkeiten der
Aktionäre in Prozeßstandschaft für die Gesellschaft („derivative suit“) und die
Einrichtung von Fachausschüssen unterhalb des Vorstandes hervor und stellte in
Aussicht, daß der Entwurf noch im August als Konsultationspapier veröffentlicht
werden würde.
ZHOU Xiaochuan äußerte kurz darauf, daß
man einen Entwurf mit dem Arbeitstitel „Fundamentale Prinzipien und Standard
der Corporate Governance börsennotierter Gesellschaften in China“ (Zhongguo
shangshi gongsi zhili de jiben yuanze he shuizhun) bereits im Mai 2001 mit den
Teilnehmern des Kongresses zur Corporate Governance in Beijing diskutiert habe
(ZGZQB v. 23.7.2001, S. 1). Derzeit würden noch die Meinungen verschiedener
Seiten zu dem Entwurf eingeholt. ZHOU Xiaochuan rechnete damit, daß man den
Kodex vor Jahresende erlassen würde.
Am 16.8.2001 erließ die CSRC die
„Anleitung zur Errichtung eines Systems von unabhängigen Vorstandsmitgliedern
in börsenzugelassenen Gesellschaften“ (Guanyu zai shangshi gongsi jianli duli
dongshi zhidu de zhidao yijian, abgedruckt in: ZGZQB v. 22.8.2001, S. 6,
englisch in: CLP, Vol. 15 (2001), Nr. 8, S. 63 ff.). Die erlassene Fassung war
im Vergleich zum Konsultationspapier vom Mai um einen Abschnitt gekürzt worden.
Statt einen eigenen Abschnittes über die Gratifikation (jintie) der
unabhängigen Vorstandsmitglieder festzulegen, hatte man die betreffenden
Bestimmungen in einen anderen Abschnitt integriert.
Im September 2001 veranstaltete die CSRC
gemeinsam mit der Weltbank, der Organisation for
Economic Co-operation and Development (jingji hezuo yu fazhan zuzhi,
abgekürzt: OECD bzw. jing he zuzhi) und der Asiatischen Entwicklungsbank in
Beijing eine zweite Konferenz zur Corporate Governance (ZGZQB v. 11.9.2001, S.
1). Mit den eindringlichen Appell an börsennotierte Unternehmen: „Führt die
Gesetze aus, führt die Gesetze aus und nochmals: führt die Gesetze aus!“
(zhifa, zhifa, zai zhifa!) stellte SHI Meilun den revidierten Entwurf des
„Standards der Corporate Governance börsennotierter Gesellschaften in China“
(Zhongguo shangshi gongsi zhili zhunze) vor (ZGZQB v. 11.9.2001, S. 1). Der
Entwurf bestand aus neunzig Paragraphen und entsprach in weiten Teilen bereits
dem vorliegenden Kodex (der Entwurf ist abgedruckt in: ZGZQB v. 11.9.2001, S.
9). Eine neue Idee brachte DAI Wenhua, Vize-Geschäftsführer der Börse in
Shenzhen, bei diese Konferenz in die Diskussion ein (ZGZQB v. 11.9.2001, S. 1):
Er schlug die Einrichtung eines Ratingsystems (pingji tixi) vor, um das Niveau
der Umsetzung des Corporate Governance Kodexes in den einzelnen Gesellschaften
bewerten zu können. Als Grundlage hierfür sollte seiner Ansicht nach eine
Bewertungsskala von einem „optimalen Vorstand“ (zuijia dongshihui) bis zu einem
„mangelhaften Vorstand“ (zuicha dongshihui) eingerichtet werden. Diese Idee,
die sich offensichtlich an die aus der deutschen Corporate
Governance-Diskussion bekannten „Scorecards“ anlehnte, wurde bislang jedoch
nicht wieder aufgenommen (zu Scorecards vgl. Berrar, Carsten, Die Entwicklung
der Corporate Governance in Deutschland im internationalen Vergleich,
Baden-Baden 2001, S. 193 und Deutsche Vereinigung für Finanzanalyse und Asset
Management e.V., Scorecard for German Corporate Governance,
http://www.dvfa.de/pdf/scorecard.pdf; eingesehen am 2.10.2002).
Auf einem weiteren Diskussionsforum
„Reform der Corporate Governance: China und Ostasien“ im November 2001
erläuterte TONG Daochi, daß die Bilanzfälschungen, die in jüngster Zeit
vermehrt bei börsennotierten Gesellschaften aufgedeckt wurden, unter anderem
auf eine mangelhafte Corporate Governance zurückzuführen seien (ZGZQB v.
2.11.2001, S. 1). Schuld seien insbesondere die fehlende interne Kontrolle der
beherrschenden Aktionäre und Fälschungen bezüglich staatseigener
Vermögensrechte. Er kündigte den Erlaß des Corporate Governance Kodexes noch
für Ende November oder Anfang Dezember des Jahres an.
ZHOU Xiaochuan betonte im Dezember in
einem Geleitwort für das von Liang Dingbang herausgegebene Buch „Der
chinesische Kapitalmarkt blickt nach vorne“ (Zhongguo ziben shichang qian
zhan), das gerade erschienen war, ein weiteres Mal die Bedeutung der Corporate
Governance (abgedruckt in: ZGZQB v. 3.12.2001, S. 1). Während man sich auf dem
chinesischen Kapitalmarkt zunächst mit der Lösung von Problemen im Zusammenhang
mit der Umwandlung von Staatsunternehmen und übertriebenen Interventionen durch
die Verwaltung und dann mit falschen Prospekten und Marktmanipulationen
beschäftigt habe, werde die Verbesserung der Corporate Governance in der
gegenwärtigen Phase den Schwerpunkt der Arbeit der CSRC bilden.
Natürlich fehlte ein Hinweis auf die
Aufgabe, das Niveau der Corporate Governance börsennotierter Gesellschaften zu
heben auch nicht, als die VR China am 11.12.2001 in die Welthandelsorganisation
aufgenommen wurde (ZGZQB v. 12.12.2001, S. 1). Die CSRC betonte, daß man
Buchhaltung und Publizitätspflichten an die internationalen Standards anpassen
wolle.
Am 10.12.2001 erließ die CSRC eine
revidierte Fassung des „Standards Nr. 2 des Inhaltes und der Form der
Offenlegung von Daten von Gesellschaften, die öffentlich Wertpapiere ausgeben
<Inhalt und Form des Jahresberichts>“ (Gongkai faxing zhengquan de gongsi
xinxi pilu neirong yu geshi zhunze di 2 hao <niandu baogao de neirong yu
geshi> (2001 nian xiudinggao, im Folgenden „Standard Nr. 2“), CSRC-Vorschriftensammlung
2001, S. 329 ff. Neu eingefügt worden war ein Abschnitt, nach dem
börsennotierte Gesellschaften in ihren Jahresberichten erläutern müssen,
inwieweit den Anforderungen der Corporate Governance nach „einschlägigen
normierenden Dokumenten der CSRC“ entsprochen wird (siehe hierzu unten Anm.
<34>).
Der vorliegende Kodex wurde dann
schließlich am 10.1.2002 gemeinsam von der Staatlichen Wirtschafts- und
Handelskommission (guojia jingji maoyi weiyuanhui) und der CSRC erlassen. Unter
dem Titel „der Schlüssel ist das Herstellen ausgewogener Befugnisse“ (quanli
zhi heng shi hexin) begrüßte die chinesische Fachpresse euphorisch den Erlaß
des Kodexes (ZGZQB v. 10.1.2002, S. 4).
XU Shouchun, Rechtsanwalt bei der Titan
Law firm, erläuterte die Änderungen, die man gegenüber dem Entwurf vom
September 2001 noch vorgenommen hatte (ZGZQB v. 11.1.2002, S. 1/5). Er
berichtet detailliert über insgesamt achtzehn Änderungen, die man zum Teil
aufgrund von Meinungen aus der Allgemeinheit (gongzhong) zum
Konsultationspapier vorgenommen habe (vgl. im Einzelnen bei den betreffenden
Bestimmungen).
Zur rechtlichen Einordnung des
chinesischen Corporate Governance Kodexes
Der vorliegende „Standard der Corporate
Governance börsenzugelassener Gesellschaften“ ist ein weiterer Schritt zur Vervollständigung
des Gesellschaftsrechts der Volksrepublik China. Er bildet eine dritte Ebene
zur Regulierung der Organisationsverfassung von Aktiengesellschaften in China.
Auf der ersten Ebene legt das „Gesellschaftsgesetz der VR China“ (29.12.93/1)
die gesetzlichen Rahmenbedingungen für Gesellschaften mit beschränkter Haftung
sowie für Aktiengesellschaften fest. Die zweite Ebene bilden Anleitungen für
die Festlegung der Gesellschaftssatzung börsennotierter Aktiengesellschaften,
welche die Regelungen über die Organisationsverfassung von Aktiengesellschaften
im Gesellschaftsgesetz an vielen Stellen ergänzten. Zu dieser zweiten Ebene
gehören:
(a) die „Zwingenden Satzungsklauseln für
an ausländischen Börsen notierte Gesellschaften“ (Jingwai shangshi gongsi zhangcheng
bibei tiaokuan, im Folgenden „Zwingende Satzungsklauseln“) v. 27.8.1994,
CSRC-Vorschriftensammlung 1994, S. 51 ff., englische Übersetzung in: CLP, Vol.
9 (1995), Nr. 4, S. 19 ff.) und
(b) die „Satzungsanleitung für
börsenzugelassene Gesellschaften“ (Shangshi gongsi zhangcheng zhiyin, im
Folgenden „Satzungsanleitung“) v. 6.12.1997, CSRC-Vorschriftensammlung 1997, S.
246 ff.
Mit den Zwingenden Satzungsklauseln und
der Satzungsanleitung wurde ein Gesellschaftsrecht neben dem eigentlichen
Gesellschaftsgesetz geschaffen. Dies zeigt sich daran, daß z.B. die Institution
eines Vorstandssekretärs (dongshihui mishu) nicht im Gesellschaftsgesetz
vorgesehen ist, sondern erst über diese Vorschriften für börsenzugelassene
Gesellschaften eingeführt wurde (siehe hierzu ausführlich Comberg, Philip, Die
Organisationsverfassung der Aktiengesellschaft in China, MIA 320, Hamburg 2000,
S. 172 f.). Die Umsetzung der Bestimmungen in den Zwingenden Satzungsklauseln
und der Satzungsanleitung erfolgt, indem börsennotierte AGs diese in ihre
Gesellschaftssatzung inkorporieren müssen. Allerdings ist die sachliche
Anwendbarkeit dieses „erweiterten“ Gesellschaftsrechts beschränkt. Die
Zwingenden Satzungsklauseln sind allein auf Aktiengesellschaften anwendbar,
deren Aktien an einer Börse außerhalb der VR China (oder in Hongkong) zum
Handel zugelassen sind. Die Satzungsanleitung findet Anwendung auf
Gesellschaften, deren Aktien an einer der beiden Börsen innerhalb der VR China
in Shanghai oder Shenzhen notiert sind. Gesellschaften, deren Aktien sowohl
innerhalb als auch außerhalb der VR China gehandelt werden, müssen sich bei der
Festlegung ihrer Gesellschaftssatzung nach den Zwingenden Satzungsklauseln
richten.
Der Wirkungskreis der Satzungsanleitung
geht allerdings über die bereits an den Börsen zugelassenen Gesellschaften
hinaus. Viele Unternehmen versuchen nämlich schon im Voraus, sich mit den
maßgeblichen Gesetzen in Einklang zu bringen, um ihre Chancen auf eine
Börsennotierung zu erhöhen (Comberg, Philip, a.a.O., S. 45).
Die dritte Ebene
gesellschaftsrechtlicher Regulierung bildet nun der vorliegende Standard. Die
Bestimmungen in diesem Standard sollen wiederum über eine Inkorporierung in die
Gesellschaftssatzungen umgesetzt werden. Fraglich ist aber, ob
börsenzugelassene Gesellschaften zu einer entsprechenden Inkorporierung
verpflichtet sind.
Dagegen spricht, daß man einen eigenen
Corporate Governance Kodex erlassen und nicht die hierin enthaltenen Regeln in
die Zwingenden Satzungsklauseln bzw. die Satzungsanleitung aufgenommen hat. Außerdem
legt § 91 Nr. 5 des vorliegenden Kodexes fest, daß börsenzugelassene
Gesellschaften Abweichungen vom Kodex und die Gründe hierfür bekannt machen
müssen.
Allerdings sprechen die Verwendung der
Begriffe „ying“ bzw. „yingdang“ (müssen) und die Entwurfsarbeiten dafür, daß
die CSRC die börsenzugelassenen Gesellschaften dazu verpflichten will, die
zwingenden Vorschriften des chinesischen Kodex durchzuführen. Denn im Entwurf
des Kodexes vom September 2001 wurden in einigen Bestimmungen noch die Verben
„fördern“ (guli) und „können“ (keyi) verwendet. Nach Darstellung von
Rechtsanwalt XU Shouchun habe man dann aber diese Verben durch „müssen“ (ying)
ersetzt, um deutlich zu machen, daß der Kodex zwingenden Normcharakter habe,
den börsenzugelassene Gesellschaften zwingend umzusetzen hätten (ZGZQB v.
11.1.2002, S. 1). Als Beispiele für diese Änderung nennt er § 4 (§ 24 des
Entwurfes), § 11 (§ 12 des Entwurfes) und § 77 (§ 71 des Entwurfes). Eine
Kann-Vorschrift findet sich nunmehr allein in § 52 (Einrichtung von Fachausschüssen).
Auf Bestimmungen mit dem Verb „fördern“ wurde ganz verzichtet.
Vor diesem Hintergrund scheint der
chinesische Kodex den börsenzugelassenen Gesellschaften nur eine Übergangsfrist
einzuräumen, um ihnen die allmähliche Anpassung an die Anforderungen des
Kodexes zu ermöglichen. Eine Erklärung nach § 91 Nr. 5 des Kodexes kann
börsenzugelassenen Gesellschaften demnach nicht dazu dienen, sich fortwährend
von den zwingenden Vorschriften des Kodexes zu befreien. Die Länge der
Übergangsfrist ist in das Ermessen der CSRC gestellt.
In diesem Zusammenhang ist interessant,
daß die CSRC bereits im Sommer 2002 zum ersten Mal von ihrer Befugnis nach der
Präambel des vorliegenden Kodexes Gebrauch gemacht hat, indem sie die Tianjin
Pionier Umweltschutz AG (Tianjin chuangye huanbao gufen youxian gongsi)
aufforderte, wegen schwerwiegender Probleme bei der Corporate Governance eine
Korrektur bis Ende des Jahres durchzuführen (SCMP v. 23.8.2002, Online-Ausgabe
unter www.scmp.com, eingesehen am 23.8.2002). Sollte die AG die Probleme nicht
innerhalb dieser Frist beseitigt haben, würde ihr die Verhängung von Sanktionen
durch die CSRC drohen.
Reaktionen auf den Erlaß des Corporate
Governance-Kodexes
Bereits in der Woche nach Erlaß des
Kodexes gingen 37 Gesellschaften, die an der Börse in Shanghai zugelassen sind,
in die Offensive (ZGZQB v. 14.1.2002, S. 1/6). Auf „aktive Anregung“ der Börse
hin veröffentlichten die Gesellschaften eine Bekanntmachung, in der sie
„feierlich vorschlugen“ (zhengzhong changyi), (1) selbstbewusst die Grundsätze
im Kodex zu befolgen, (2) streng gemäß dem Kodex ihre Corporate Governance zu
vervollständigen und den Geist des Kodexes umzusetzen, (3) möglichst schnell
die Gesellschaftssatzungen auf der Grundlage des Kodexes zu ändern und sich
detaillierte Ausführungsbestimmungen für die Corporate Governance zu geben und
(4) die CSRC und die Börse bei der Beaufsichtigung zu unterstützen. Außerdem
luden die Gesellschaften alle Anleger ein, selbst anhand des Kodexes zu
beurteilen, ob die betreffende Gesellschaft eine „gute“ Corporate Governance
habe.
Die chinesische Volksbank erließ im Juni
2002 eigene Bestimmungen für die Corporate Governance bei börsenzugelassenen
BankenAGs (vgl. die „Anleitung für die Corporate Governance bei Geschäftsbanken,
die AGs sind“ (gufen zhi shangye yinhang gongsi zhili zhiyin) zu finden unter:
http://202.84.17.28/csnews/20020605/238083.asp und die „Anleitung für eine
Ordnung unabhängiger Vorstandsmitglieder und externen Aufsichtsratmitgliedern
bei Geschäftsbanken, die AGs sind“ (gufen zhi shangye yinhang duli dongshi he
waibu jianshi zhidu zhiyin) zu finden unter
http://www.lawyers.net.cn/staticcont/4199.htm, eingesehen jeweils am
2.10.2002).
<2> In § 3 des Entwurfes vom
September 2001 (Anm. <1>) hieß es noch, daß insbesondere mittlere und
kleine Aktionäre und „ausländische Aktionäre“ (waizi gudong) eine
gleichberechtigte Stellung genießen sollten. Rechtsanwalt XU Shouchun
berichtet, daß die Bestimmung bei den Entwurfsarbeiten auf Grund eines
Vorschlages aus der Allgemeinheit zur Umsetzung des WTO-Prinzips der
„Inländerbehandlung“ (guomin daiyu) geändert worden sei. ZGZQB v. 11.1.2002, S.
5.
<3> Das Gesellschaftsgesetz trifft
keine Vorkehrungen für ein Depotstimmrecht für Banken (wie in Deutschland) oder
für ein Proxy-Stimmrecht nach US-amerikanischen Muster. Der chinesische
Gesetzgeber wollte sich mit Blick auf die Mängel beider Systeme, deren Vor- und
Nachteile von chinesischen Juristen genau studiert worden sind, nicht festlegen
(Comberg, Philip, a.a.O., S. 118). Dennoch scheint man nun die Einführung eines
Proxy-Systems anzustreben. Grundlage hierfür ist § 108 1. HS GesG, nach dem
Aktionäre Vertreter (daili ren, proxies) beauftragen können, an der
Hauptversammlung teilzunehmen. Vertreter müssen bei der Gesellschaft den
schriftlichen bevollmächtigenden Auftrag des Aktionärs übergeben und das
Stimmrecht im Rahmen der Vollmacht ausüben, § 108 2. HS GesG.
Bemerkenswert ist, daß § 10 Satz 2 des
vorliegenden Kodexes die Unentgeltlichkeit der Sammlung von Stimmrechtsvollmachten
vorschreibt. In der Praxis soll nämlich das Problem aufgetreten sein, daß
einzelne Aktionäre in großen Mengen Stimmrechtsvollmachten anderer Aktionäre
entgeltlich sammeln, um in der Hauptversammlung ein bedeutendes
Stimmrechtsgewicht zu erlangen. Bislang war zweifelhaft, ob ein solcher Handel
mit Stimmrechtsvollmachten rechtlich zulässig ist (Comberg, Philip, a.a.O., S.
118).
Bestimmungen für die Sammlung von
Stimmrechten sind bislang nur vom Büro für Wertpapieraufsicht der Stadt
Shenzhen erlassen worden. Die „Anleitung für die Handhabung der Sammlung von
Stimmrechten bei börsenzugelassenen Gesellschaften“ (Shangshi gongsi zhengji
toupiao quan caozuo zhiyin) vom 27.3.2002 (zu finden unter:
http://www.csrc.org.cn/CSRCSite/gdzgb/shenzhen/custody/200203271.htm,
eingesehen am 1.10.2002) besteht aus acht Abschnitten, die folgende Punkte
regeln: (1) Kreis der Personen, die Stimmrechte sammeln können; (2) Art und
Weise der Sammlung von Stimmrechten; (3) Form und Inhalt der proxy-Urkunden
(toupiao weituo shu); (4) Angabe und Offenlegung von Daten; (5) Einreichen der
Materialien zu den Akten; (6) verbotene Handlungen wie z.B. der Stimmenkauf und
(7) Eingeschriebene Zusendung und Verwahrung der proxy-Urkunden.
Die Anleitung gilt nach einer
Bekanntmachung des Büros für Wertpapieraufsicht der Stadt Shenzhen für alle
börsennotierten Gesellschaften in seinem Verwaltungsbezirk.
<4> § 11 des Entwurfes vom
September 2001 (Anm. <1>) sah nicht vor, daß unabhängige
Vorstandsmitglieder Stimmrechte anderer Aktionäre sammeln können. Leider
erläutert Rechtsanwalt XU Shouchun in seinem Bericht über die Entwurfsarbeiten
nicht, welchen Zweck man mit der Einfügung verfolgte. ZGZQB v. 11.1.2002, S. 5.
Zu unabhängigen Vorstandsmitglieder vgl. Anm. <21>
<5> Die Vorschrift des § 11 des
vorliegenden Kodexes zur Rolle institutioneller Anleger bei Abstimmungen über
schwerwiegende Entscheidungen in der Hauptversammlung ähnelt einer
entsprechenden Bestimmung im „Combined Code: Principles of Good Governance and
Code of Best Practice“ (zu finden unter
http://www.ecgi.org/codes/country_documents/uk/combined_code.pdf, eingesehen am
1.10.2002) gewesen sein. Dort heißt es:
“Institutional shareholders have a responsibility to make considered use of
their votes.” (Section 2 E.1 Code of Best Practise)
<6> Chin. guanlian ren. In den §§
21, 22 und 23 des Entwurfes vom September 2001 (Anm. <1>) waren noch die
Begriffe „verbundene Unternehmen“ (guanlian qiye) und „verbundene Einheiten“
(guanlian danwei) verwendet worden. Rechtsanwalt XU Shouchun berichtet, daß von
der Allgemeinheit bei den Entwurfsarbeiten vorgeschlagen worden sei, statt
dessen die Formulierung „verbundene Parteien“ zu benutzen, da dieser Begriff
bereits in einem „Unternehmensbuchhaltungsstandard - Offenlegung von
Beziehungen verbundener Parteien und ihrer Geschäfte“ (qiye kuaiji zhunze -
guanlian fang yuanxi ji qi jiaoyi de pilu) des Finanzministeriums verwendet
werde. Man habe daher in den §§ 12, 13 und 14 des vorliegenden Kodexes die
Begriffe durch „verbundene Personen“ bzw. „verbundene Parteien“ ersetzt. ZGZQB
v. 11.1.2002, S. 5.
<7> Die Offenlegung verbundenen
Handels börsenzugelassener Gesellschaften ist in den Bestimmungen über
ad-hoc-Publizitätspflichten der Zulassungsregeln für Aktien der Börsen in
Shanghai und Shenzhen geregelt, vgl. das 7. Kapitel, 3. Abschnitt der
Zulassungsregeln für Aktien der Börse in Shanghai (revidierte Fassung 2001)
(Shanghai zhengquan jiaoyisuo gupiao shangshi guize (2001 nian xiuding ben)) v.
8.6.2001, ZGZQB v. 8.6.2001, S. 13 ff, in der revidierten Fassung v. 25.2.2002,
ZGZQB v. 25.2.2002, S. 6 bzw. das 7. Kapitel, 3. Abschnitt der Zulassungsregeln
für Aktien der Börse in Shenzhen (revidierte Fassung 2001) (Shenzhen zhengquan
jiaoyisuo gupiao shangshi guize (2001 nian xiuding ben)) v. 8.6.2001, ZGZQB v.
8.6.2001, S. 15 ff, in der revidierten Fassung v. 25.2.2002, ZGZQB v.
25.2.2002, S. 6.
In den Zulassungsregeln der Börsen wird
auch bestimmt, welche Geschäfte als „verbundener Handel“ (guanlian jiaoyi)
gelten (Ziffer 7.3.1), wer als „verbundene juristische Person“ (guanlian faren)
(Ziffer 7.3.2) und wer als „verbundene natürliche Person“ (guanlian ziran ren)
(Ziffer 7.3.3) angesehen wird.
<8> In § 17 des Entwurfes vom
September 2001 (Anm. <1>) war noch die Politik der „drei Trennungen“ (san
fenkai), d.h. die Trennung von Personal, Vermögen und Finanzen verfolgt worden.
Nach dem Bericht über die Entwurfsarbeiten von Rechtsanwalt XU Shouchun kamen
Vorschläge aus der Allgemeinheit, aus den „drei Trennungen“ die „fünf
Trennungen“ zu machen und die Bestimmung um die „Trennung der Organe“ (jigou
fenkai) sowie die „Trennung der Geschäfte“ (yewu fenkai) zu ergänzen. Dieser
Vorschlag wurde in § 22 des vorliegenden Kodexes übernommen. Deswegen sei auch
§ 27 des vorliegenden Kodexes, der ein Wettbewerbsverbot des beherrschenden
Aktionärs normiert, neu eingefügt worden. ZGZQB v. 11.1.2002, S. 5.
<9> § 23 des vorliegenden Kodexes
über die Unabhängigkeit des Personals börsenzugelassener Gesellschaften war
nach Veröffentlichung des Entwurfes im September 2001 (Anm. <1>)
vollständig neugefaßt worden. Die entsprechende Vorschrift in § 18 Abs. 1 des
Entwurfes lautete:
„Personal und die Managementebene
(guanli ceng) der börsenzugelassenen Gesellschaft müssen vom beherrschenden
Aktionär unabhängig sein. Wenn hochrangige Manager des beherrschenden Aktionärs
zugleich als Vorstandsmitglied der börsenzugelassenen Gesellschaft fungieren
muß dies im vorgeschriebenen Verfahren wie die Beschlußfassung durch die
Hauptversammlung [geschehen] und es muß gewährleistet sein, daß sie ausreichend
Zeit und Energie haben, um die Arbeit bei der börsenzugelassenen Gesellschaft
zu übernehmen. Anderes Personal als Vorstandsmitglieder des beherrschenden
Aktionärs dürfen nicht zugleich als Exekutivpersonal (zhixing renyuan) der
börsenzugelassenen Gesellschaft (einschließlich Hauptgeschäftsführer,
Vizegeschäftsführer, Verantwortliche für Finanzen, Verantwortliche für Betrieb
und Vertrieb sowie Vorstandssekretäre) fungieren.“
<10> § 24 des vorliegenden
Kodexes über die Unabhängigkeit des Vermögens börsenzugelassener Gesellschaften
wurde im Vergleich zu der entsprechenden Bestimmung in § 19 des Entwurfes vom
September 2001 (Anm. <1>) erweitert. Dort hieß es:
„Vermögen, das beherrschende Aktionäre
in die börsenzugelassene Gesellschaft investieren, muß unabhängig sein und die
Zuordnung der Rechte muß deutlich gemacht werden. Börsenzugelassene
Gesellschaften müssen ein unabhängiges System der Produktion, der Belieferung
und des Absatzes nutzen.“
<11> Siehe Anm. <8>.
<12> § 27 Satz 2 des Entwurfes
vom September 2001 (Anm. <1>) sah für die Wahl von Vorstandsmitgliedern
vor, daß Vorstand, Aufsichtsrat und Aktionäre, die allein oder gemeinsam mehr
als 1% der emittierten Aktien der börsennotierten Gesellschaft halten,
Vorstandskandidaten vorschlagen können, die von der Hauptversammlung gewählt
werden. Aus der Allgemeinheit kam nach dem Bericht über die Entwurfsarbeiten
von Rechtsanwalt XU Shouchun der Vorschlag, den erforderlichen Prozentsatz auf
5% zu erhöhen oder die Bestimmung zu streichen. In der vorliegenden Fassung hat
man von einer entsprechenden Vorschrift abgesehen und nur bestimmt, daß das
Wahlverfahren in der Gesellschaftssatzung normiert werden muß. ZGZQB v.
11.1.2002, S. 5.
<13> Das Versprechen von
Vorstandsmitgliedern in § 30 des vorliegenden Kodexes wurde neu eingefügt. Der
Entwurf von September 2001 (Anm. <1>) sah keine entsprechende Bestimmung
vor. Nach dem Bericht von Rechtsanwalt XU Shouchun über die Entwurfsarbeiten
soll die Vorschrift unter Berücksichtigung der „einschlägigen Bestimmungen“ der
„Anleitung zur Errichtung eines Systems von unabhängigen Vorstandsmitgliedern
in börsenzugelassenen Gesellschaften“ vom 16.8.2001 (Anm. <1>) eingefügt
worden sein. ZGZQB v. 11.1.2002, S. 5.
<14> Die kumulative Stimmabgabe
(„cumulative voting“) erlaubt, daß Aktionäre ihre Stimmen auf einen Kandidaten
kumulieren, anstatt daß - wie beim sogenannten „straight voting“ - jeder
stimmberechtigte Anteil je Kandidat einmal zählt. Bei der kumulativen
Stimmabgabe wird die Anzahl der Stimmrechte jedes Aktionärs mit der Zahl der zu
besetzenden Positionen im Vorstand multipliziert. Die so errechneten Zahl der
Stimmen können Aktionäre auch auf einen einzelnen Kandidaten kumulieren, so daß
auch die Wahl eines der Kandidaten durch Minderheitsaktionäre möglich ist
(siehe hierzu instruktiv: Merkt, Hanno, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht,
Heidelberg 1991, S. 293 ff.).
Das chinesische Gesellschaftsgesetz und
die bereits erwähnten Satzungsanleitungen für innerhalb bzw. außerhalb des
chinesischen Gebietes notierte Gesellschaften (Anm. <1>) sehen keine
kumulative Stimmabgabe vor. Allerdings sollen die Satzungen zahlreicher
Gesellschaften die Möglichkeit einer kumulativen Stimmabgabe genauso vorsehen,
wie auch gesellschaftsrechtliche Vorschriften der Provinzen Guangdong, Hainan
und der Sonderwirtschaftszone Shenzhen (vgl. Comberg, Philip, a.a.O., S. 143).
Das chinesische Gesellschaftsrecht
trifft keine Aussage dazu, ob eine Staffelung der Amtszeit der
Vorstandsmitglieder zulässig ist (vgl. Comberg, Philip, a.a.O., S. 142). Ein
solches „staggering of terms“ könnte die Wirksamkeit der kumulativen
Stimmabgabe beeinträchtigen, da sich hierdurch die Zahl der zu wählenden
Vorstandsmitglieder pro Wahlvorgang vermindert, ohne daß sich zugleich die Zahl
der Vorstandsmitglieder verringert (Merkt, Hanno, a.a.O., S. 295).
Wie bei Stimmrechtskämpfen nach § 10
des vorliegenden Kodexes sind Bestimmungen zur kumulativen Stimmabgabe bislang
nur vom Büro für Wertpapieraufsicht der Stadt Shenzhen erlassen worden. Die
„Anleitung für die Handhabung der kumulativen Stimmabgabenordnung bei
börsenzugelassenen Gesellschaften“ (Shangshi gongsi leiji toupiao zhi caozuo
zhiyin) vom 27.3.2002 (zu finden unter:
http://www.csrc.org.cn/CSRCSite/gdzgb/shenzhen/custody/200203272.htm, eingesehen
am 1.10.2002) regelt folgende Punkte: (1) Begriff und Rahmen der Anwendung der
kumulativen Stimmabgabe; (2) Nominierung der Vorstandskandidaten; (3)
Stimmabgabe bei der Wahl der Vorstandsmitglieder und (4) Prinzip der Wahl von
Vorstandsmitgliedern.
<15> Zur kumulativen Stimmabgabe
sah § 29 Satz 2, 2. HS des Entwurfes vom September 2001 (Anm. <1>) vor,
daß die Hauptversammlung bei der Wahl der Vorstandsmitglieder eine kumulative
Stimmabgabe ausführen „kann“ (keyi). Rechtsanwalt XU Shouchun berichtet, daß
nach einem Vorschlag aus der Allgemeinheit das „kann“ in ein „muß“ (ying)
umgewandelt worden sei. Außerdem sei § 31 Satz 2 des vorliegenden Kodexes neu
eingefügt worden. ZGZQB v. 11.1.2002, S. 5.
<16> Der Abschluß von
Ernennungsverträgen zwischen Vorstandsmitgliedern und börsenzugelassenen
Gesellschaften nach § 32 wurde neu eingefügt. Der Entwurf vom September 2001
(Anm. <1>) enthielt keine entsprechende Bestimmung. XU Shouchun erläutert
wie zu § 30 (siehe Anm. <13>), daß die Vorschrift unter Berücksichtigung
der „einschlägigen Bestimmungen“ der „Anleitung zur Errichtung eines Systems
von unabhängigen Vorstandsmitgliedern in börsenzugelassenen Gesellschaften“ vom
16.8.2001 (siehe Anm. 1) eingefügt worden sein. ZGZQB v. 11.1.2002, S. 5.
<17> Pflichten der
Vorstandsmitglieder ergeben sich aus den §§ 123 GesG i.V.m. 59 bis 63 GesG.
Diese Pflichten werden weiterhin ergänzt und erläutert durch die
Satzungsanleitungen (siehe Anm. <1>), nämlich in den §§ 114 bis 129
Zwingende Satzungsklauseln sowie in den §§ 80 bis 84 Satzungsanleitung. Siehe
zu den Pflichten des Vorstandes im Einzelnen Comberg, Philip, a.a.O., S. 156
ff.
<18> Gedacht ist in § 39 des
vorliegenden Kodexes an sogenannte D&O (Directors &
Officers)-Haftpflichtversicherungen (vgl. hierzu Merkt, Hanno, a.a.O., S. 326).
Die Ausnahmebestimmung in § 39 Satz 2 des vorliegenden Kodexes erscheint
allerdings sehr weitgehend. Es ist fraglich, für welche Haftungstatbestände
überhaupt D&O-Versicherungen abgeschlossen werden können, wenn die Haftung
„wegen Verstoßes gegen Bestimmungen in Gesetzen, Rechtsnormen und der
Gesellschaftssatzung“ ausgenommen ist. Wenn die US-amerikanische Rechtspraxis
zu D&O-Versicherungen als Vorbild für diese Bestimmung gedient hat, könnte
gemeint sein, daß die Haftung für vorsätzliche Pflichtverletzungen,
betrügerisches Verhalten und wissentliche Verstöße gegen das Verbot des
Insidergeschäfts und die Haftung für sogenannte „short swing profits“ nach § 42
Wertpapiergesetz (29.12.98/1) nicht vom Versicherungsschutz gedeckt sein sollen
(vgl. Merkt, Hanno, a.a.O., S. 326 m.w.N.). Allerdings ist bislang ungeklärt,
ob Vorstandsvorsitzende oder Geschäftsführer börsenzugelassener Gesellschaften
in China für solche Handlungen haften. Erste Klagen chinesischer Anleger wegen
Prospekthaftung nach § 63 Wertpapiergesetz sind allerdings zur Zeit bei
verschiedenen Volksgerichten rechtshängig (vgl. Pissler, Knut Benjamin, China
Analysis No. 10 & No. 12, http://www.chinapolitik.de/papers.htm).
<19> Vgl. zur Zusammensetzung des
Vorstandes vor allem die Bestellungshindernisse in § 123 GesG i.v.m. §§ 57, 58
GesG. Die Zusammensetzung des Vorstandes und die Amtszeit seiner Mitglieder
müssen nach § 79 Nr. 7 GesG in der Gesellschaftssatzung bestimmt sein. § 112
GesG sieht vor, daß der Vorstand aus fünf bis 19 Mitgliedern zu besetzen ist.
Vgl. zur Wahl, Abberufung und Stellung der Vorstandsmitglieder Comberg, Philip,
a.a.O., S. 139 ff.
<20> Daß auch Vorstandssekretäre
nach § 47 des vorliegenden Kodexes das Sitzungsprotokoll unterschreiben müssen,
wurde im Vergleich zum Entwurf von September 2001 neu eingefügt. § 45 Satz 2
des Entwurfes vom September 2001 (Anm. <1>) verlangte nur, daß
Vorstandsmitglieder und Protokollführer unterschreiben. Über den Sinn dieser
Änderung schweigt Rechtsanwalt XU Shouchun in seinem Bericht über die
Entwurfsarbeiten. ZGZQB v. 11.1.2002, S. 5
<21> Einschlägig für die
Einrichtung unabhängiger Vorstandsmitglieder nach § 49 des vorliegenden Kodexes
ist die „Anleitung zur Errichtung eines Systems von unabhängigen
Vorstandsmitgliedern in börsenzugelassenen Gesellschaften“, vom 16.8.2001 (vgl.
Anm. <1>). Die Anleitung sieht einen Fahrplan für eine allmähliche
Erhöhung des Anteiles unabhängiger Vorstandsmitglieder im Vorstand
börsennotierter Gesellschaften vor. Ende Juni 2002 sollten mindestens zwei
Mitglieder des Vorstandes unabhängige Vorstandsmitglieder sein. Ein Jahr
später, Ende Juni 2003, soll der Anteil unabhängiger Vorstandsmitglieder
mindestens ein Drittel der Vorstandsmitglieder ausmachen.
Die Idee zur Einführung der aus dem
anglo-amerikanischen Recht bekannten „outside directors“ oder „non-executive
directors“ ist nicht neu. Zwar trifft das Gesellschaftsgesetz keine
entsprechenden Vorkehrungen, aber bereits die Satzungsanleitung aus dem Jahr
1997 sah in § 112 die fakultative Einrichtung unabhängiger Vorstandsmitglieder
vor.
Die Integration dieses Institutes ist
problematisch. Das chinesische Gesellschaftsrecht sieht - wie das deutsche
Gesellschaftsrecht - eine Aufteilung der Leitungsaufgaben auf Vorstand und
Aufsichtsrat vor. Dabei funktioniert in Deutschland der Aufsichtsrat als
Überwachungsorgan, weshalb „outside directors“ nicht vorkommen. Allerdings
fordert das chinesische Gesellschaftsrecht nicht die gemeinschaftliche
Verwaltung und Gesamtvertretung durch den Vorstand, sondern spaltet die Leitung
der Gesellschaft zwischen Vorstand, seinem Vorsitzenden und dem Geschäftsführer
auf. § 120 Satz 1 Gesellschaftgesetz zeigt, daß nicht alle Vorstandsmitglieder
aktiv an der Leitung des Unternehmens beteiligt sein müssen. Nach dieser Vorschrift
kann der Vorstand den Vorstandsvorsitzenden zur Ausübung eines Teils seiner
Amtsbefugnisse ermächtigen. Somit schafft das chinesische Gesellschaftsgesetz
mehr als sein deutsches Ebenbild Raum für die Einführung von unabhängigen
Vorstandsmitgliedern (so bereits vor Erlaß des vorliegenden Kodexes Comberg,
Philip, a.a.O., S. 182).
In der Hongkonger Fachliteratur wurde
die Anleitung vom August 2001 jedoch mit Skepsis zur Kenntnis genommen.
Insbesondere wurde kritisiert, daß auf diese Weise eine neue „governance
buraucracy“ eingeführt würde, anstatt die gesetzlich bereits festgeschriebene
Überwachungsfunktion des Aufsichtsrats zu verstärken (Gao, Richard,
Disinterested? Or Uninterested? Some Thoughts
on the CSRC´s Independent Directors Guiding Opinion, CLP, Vol. 15 (2001), Nr.
8, S. 71 ff. (73)). Die unabhängigen Vorstandsmitglieder „nehmen faktisch wie
innerhalb eines ´unitary board´ Überwachungsfunktionen wahr, für die eigentlich
der Aufsichtsrat als Gremium zur Verfügung stünde“, bemerkt auch Philip Comberg
(a.a.O., S. 203). Er führt diese Tendenz darauf zurück, daß der Aufsichtsrat in
der Unternehmenspraxis kaum eine wichtige Rolle spiele, sondern allein dazu
diene, bestimmten Personen symbolträchtige Positionen zu verschaffen, die im
Ergebnis aber für die Geschicke der Gesellschaft nicht von Bedeutung seien. Im
vorliegenden Kodex hat man zwar gleichfalls Vorschriften über den Aufsichtsrat
eingefügt, um die schwindende Bedeutung dieses Gesellschaftsorgans nicht zu
augenfällig zu machen. Die einschlägigen Paragraphen enthalten jedoch im
Vergleich zum geltenden Recht keine Neuerungen.
<22> Siehe Anmerkung <21>.
<23> Zur Umsetzung der
Bestimmungen über die „Fachausschüsse des Vorstandes“ im vorliegenden Kodexes
veröffentlichte der „Verband der Vorstandssekretäre der in Shanghai
börsenzugelassenen Gesellschaften“ (Shanghai shangshi gongsi dongshihui mishu
huiyi) gemeinsam mit dem Forschungsinstitut der Guotai Jun´an Wertpapier AG
(Guotai Jun´an zhengquan yanjiu suo) am 1.3.2002 eine Reihe von
Ausführungsbestimmungen (ZGZQB v. 1.3.2002, S. 10). Die „Detaillierten
Ausführungsbestimmungen für die Fachausschüsse des Vorstandes“ (Dongshihui
zhuanmen weiyuanhui shishi xize) enthalten Anleitungen zur Festlegung von
Regeln für den Fachausschuß für Strategie, den Fachausschuß für Nominierung,
den Fachausschuß für Rechnungsprüfung sowie für den Ausschuß für Gehälter und
Prüfungen.
<24> Zu der Zusammensetzung der
Fachausschüsse in § 52 des vorliegenden Kodexes wurde nach einem Vorschlag aus
der Allgemeinheit klargestellt, daß nur Vorstandsmitglieder als Mitglieder der
Fachausschüsse dienen können. § 36 des Entwurfes vom September 2001 (Anm.
<1>) hatte dies offen gelassen. ZGZQB v. 11.1.2002, S. 5.
<25> Die Frage, wer für den
Vorschlag zur Wahl und Ernennung von Wirtschaftsprüfungsunternehmen zuständig
ist, war während der Entwurfsarbeiten streitig. In § 55 des Entwurfes vom
September 2001 (Anm. <1>) war festgelegt, daß der Aufsichtsrat das Recht
hat, der Hauptversammlung ein externes Wirtschaftsprüfungsunternehmen vorzuschlagen.
Aus der Allgemeinheit kam nach dem Bericht über die Entwurfsarbeiten von XU
Shouchun der Vorschlag, die Wahl und den Wechsel externer
Wirtschaftsprüfungsunternehmen in die Verantwortung des Ausschusses für
Rechnungsprüfung zu legen, wobei diese Angelegenheiten die Genehmigung durch
Vorstand und Hauptversammlung erfordern sollten. Die Bestimmung des § 55 des
Entwurfes vom September 2001 sei auf diesen Vorschlag hin gelöscht worden.
Unklar bleibt aber, wer über Vorschläge des Ausschusses für Rechnungsprüfung
zur Anstellung oder zum Wechsel von externen Wirtschaftsprüfungsunternehmen zu
entscheiden hat. Nach § 58 des vorliegenden Kodexes entscheidet allein der
Vorstand über Vorschläge der Fachausschüsse. Eine Genehmigung durch die
Hauptversammlung wäre demnach nicht erforderlich.
<26> Daß der Ausschuß für
Nominierung auch für Geschäftsführungspersonal verantwortlich ist, wurde neu in
die vorliegende Fassung des Kodexes eingefügt. Nach § 39 des Entwurfes vom
September 2001 (Anm. <1>) waren die Aufgaben des Ausschusses für
Nominierung allein auf Vorstandsmitglieder beschränkt.
<27> Nach § 40 des Entwurfes vom
September 2001 (Anm. <1>) sollten sich die Aufgaben des Ausschusses für
Gehälter und Prüfungen auch auf Aufsichtsratmitglieder beziehen. Im
vorliegenden Kodex wurden die Aufgaben auf Vorstandsmitglieder und
Geschäftsführungspersonal beschränkt.
<28> § 58 des vorliegenden
Kodexes wurde in den Entwurf vom September 2001 (Anm. <1>) auf einen
Vorschlag aus der Allgemeinheit hin neu eingefügt. Nach dem Bericht von XU
Shouchun war eine Klarstellung gefordert worden, ob Vorschläge der
Fachausschüsse direkt in die Hauptversammlung eingebracht können oder zunächst
dem Vorstand zur Diskussion und erst hiernach der Hauptversammlung vorgelegt
werden müssen.
<29> Nach § 62 des Entwurfes vom
September 2001 (Anm. <1>) konnte der Aufsichtsrat nur verlangen, dass
hochrangige Manager sowie internes und externes Rechnungsprüfungspersonal an
Sitzungen teilnehmen. Der Kreis wurde dann im vorliegenden Kodex erweitert.
<30> Gemäß §§ 112 Nr. 9, 119 GesG
wird der Geschäftsführer durch den Vorstand ernannt und entlassen. Außerdem
gelten für den Geschäftsführer die Bestellungshindernisse in den §§ 57, 58
GesG.
<31> § 80 des vorliegenden
Kodexes wurde nach dem Bericht über die Entwurfsarbeiten von XU Shouchun auf
einen Vorschlag aus der Allgemeinheit hin neu eingefügt. Es war demnach
verlangt worden, daß die „Sanktionsmaßnahmen“ (chufa cuoshi) klargestellt
werden, wenn hochrangige Manager gegen Vorschriften verstoßen.
<32> Der Begriff „Interessierte“
(liyi xiangguan zhe) wird hier im Sinne von „stakeholder“ verwendet. Dieser Begriff wird auch in den „OECD Principles of
Corporate Governance“ (Anm. <1>) gebraucht. Dort werden als
„stakeholder“ neben Anlegern auch die Belegschaft, Darlehengeber und Zulieferer
genannt. Der chinesische Kodex faßt den Begriff „stakeholder“ insofern weiter,
da er zusätzlich „Verbraucher“ (xiaofei zhe) und „die Nachbarschaft“ (shequ)
anführt. Dadurch klingt eine stärkere soziale Verpflichtung börsenzugelassener
Gesellschaften an, wie sie insbesondere auch in § 86 des vorliegenden Kodexes
deutlich wird.
<33> In § 78 des Entwurfes vom
September 2001 (Anm. <1>) war nur ein Austausch der Belegschaft mit
Aufsichtsrat und Managementebene (guanli ceng) vorgesehen. In der vorliegenden
Fassung des Kodexes wurde der Begriff „Managementebene“ durch Geschäftsführer
ersetzt und der Vorstand als weiterer Ansprechpartner der Belegschaft neu
eingefügt.
<34> Börsennotierte
Gesellschaften müssen gemäß §§ 28 bis 31 Standard Nr. 2 v. 10.12.2001 (Anm.
<1>) in ihren Jahresberichten Daten im Zusammenhang mit der Corporate
Governance der Gesellschaft offenlegen. Konkret wird verlangt, daß
Gesellschaften die praktischen Umstände ihrer Corporate Governance darstellen
und im Fall von Abweichungen diese klar erläutern, § 28 Standard Nr. 2.
Außerdem muß gemäß § 29 Standard Nr. 2 aufgedeckt werden, inwiefern die
unabhängigen Vorstandsmitglieder ihre Amtsobliegenheiten erfüllen.
Offengelegt werden muß nach § 30
Standard Nr. 2 auch die Umsetzung der Politik der „fünf Trennungen“ vom
beherrschenden Aktionär (Anm. <8>). Falls die Gesellschaft noch nicht vom
beherrschenden Aktionär vollständig unabhängig sein sollte, muß sie konkrete
Angaben darüber machen, inwiefern sie hierdurch beeinflußt wird. Die
Gesellschaft muß darüber hinaus Maßnahmen vorschlagen, um diese Situation zu
verbessern.
Schließlich müssen die Gesellschaften
auch offenlegen, ob und gegebenenfalls welche Mechanismen sie zur Prüfung,
Bewertung und zum Ansporn von hochrangigen Managern eingeführt haben, § 31
Standard Nr. 2.
Übersetzung, Paragraphenüberschriften
in eckigen Klammern, Anmerkungen, Copyright: Knut Benjamin Pissler, Hamburg.
Herrn Patrick C. Leyens, Wissenschaftlichem Mitarbeiter am Max Planck Institut
für ausländisches und internationales Privatrecht, bin ich für wertvolle
Hinweise und wichtiges Material sehr zu Dank verpflichtet.