Chinas Recht 2002.9
12.6.01/1
Vorläufige Verwaltungsmethode
zur Verringerung der Staatsanteile und zur Finanzierung des Fonds zur sozialen
Sicherung <1>
Vom Staatsrat ausgegeben am
6.6.2001, Guofa 2001/22
§ 1 Zur Vervollkommnung des Systems der sozialen Sicherung, zur
Öffnung eines neuen Wegs zur Finanzierung des Fonds zur sozialen Sicherung und
zur Unterstützung der Reform und der Entwicklung der staatseigenen Unternehmen
wird diese Methode bestimmt.
§ 2 Unter Verringerung der Staatsanteile (d.h. der staatlichen
Anteile und der Anteile staatseigener juristischer Personen, ebenso im
folgenden) ist in dieser Methode zu verstehen, daß Staatsanteile an
börsengängigen Gesellschaften (eingeschlossen Gesellschaften, deren Gang an die
Börse vorbereitet wird, ebenso im folgenden) an das Publikum, an
Wertpapierfonds und sonstige öffentliche <2> Investoren übertragen
werden.
§ 3 Die Ausübung des Eigentums an den Staatsanteilen in Vertretung
des Staates ist beim Staatsrat zusammengefaßt.
Unter den zur Vertretung des Staatsaktionärs ermächtigten
vertretenden Einheiten sind in dieser Methode die Einheiten zu verstehen, die
nach dem Grundsatz, daß das Staatsvermögen "dem Staat gehört, auf die
Stufen [der Verwaltungshierarchie] verteilt verwaltet und mit Ermächtigung
betrieben" wird, ermächtigt worden sind, in Vertretung des Staates
Staatsanteile an börsengängigen Gesellschaften zu halten.<3>
§ 4 Die mit der Verringerung der Staatsanteile aufgebrachten Mittel
werden dem Verwaltungsrat des Nationalen Fonds zur sozialen Sicherung<4>
zur Verwaltung übertragen; die konkrete Verwaltungsmethode wird vom
Finanzministerium gesondert bestimmt und angewandt, nachdem sie dem Staatsrat
gemeldet und von ihm genehmigt worden ist.
§ 5 Staatsanteile werden vor allem dadurch verringert, daß
gespeicherte <5> Staatsanteile ausgegeben werden. Bei allen
Aktiengesellschaften, an denen der Staat Aktien hält (eingeschlossen
Aktiengesellschaften außerhalb des Gebiets), und die an öffentliche <2>
Investoren zum ersten Mal Aktien ausgeben oder zusätzliche Aktien ausgeben,
müssen Staatsaktien in Höhe von 10% des [mit der Neuausgabe] zu finanzierenden
Betrags verkauft werden; wenn eine Aktiengesellschaft noch keine drei Jahre
besteht, werden die zu verkaufenden Staatsanteile zunächst dem Verwaltungsrat
des Nationalen Fonds zur sozialen Sicherung übertragen, und dieser beauftragt
die Gesellschaft, bei der öffentlichen Einwerbung von Zeichnungen für die
[neuen] Aktien [auch die Staatsaktien] auf einmal oder in Raten zu verkaufen.
Das Einkommen aus dem Verkauf der gespeicherten Staatsanteile wird in Gänze an
den Nationalen Fonds zur sozialen Sicherung abgeführt.
§ 6 Als Methode zur Bestimmung der Preise bei der Verringerung der
Staatsanteile wird im Prinzip die Bestimmung des Preises durch den Markt
gewählt.
§ 7 Die Durchführung der Verringerung der Staatsanteile wird von der
Interministeriellen Versammlung geprüft und beraten. Die Einberufung der
Interministeriellen Versammlung obliegt dem Finanzministerium, teilnehmende
Einheiten sind die Staatsplankommission, die Staatswirtschafts- und
-handelskommission, das Ministerium für Arbeit und Soziale Sicherung, die
Chinesische Wertpapierkommission und der Verwaltungsrat des Nationalen Fonds
zur sozialen Sicherung; der Versammlung obliegt vor allem die Festsetzung des
Plans für die Aufbringung von Mitteln durch Verringerung der Staatsanteile und
der Grundsätze für die Preisbestimmung sowie die Untersuchung und Lösung
anderer wichtiger Fragen bei der Finanzierung durch Verringerung der
Staatsanteile.
§ 8 Das Bureau der Interministeriellen Versammlung wird im
Finanzministerium eingerichtet und befaßt sich mit den konkreten
Angelegenheiten der Versammlung.
§ 9 Wenn die Interministerielle Versammlung die Verringerung von
Staatsanteilen beschließt, muß die für diese [Anteile] zur Vertretung des
[Staats]aktionärs ermächtigte vertretende Einheit die folgenden Unterlagen zur
Verfügung stellen:
1. Einen Entwurf einer
Erklärung der Verringerung von Staatsanteilen und eine Vereinbarung über die
Übernahme des Absatzes der Anteile;
2. die schriftliche Zusage der
zur Vertretung des Staatsaktionärs ermächtigten vertretenden Einheit und des
Instituts, welches den Absatz [der Staatsanteile] federführend übernimmt, die
Einnnahmen aus der Verringerung der Anteile abzuführen;
3. andere von der
Interministeriellen Versammlung bestimmte Unterlagen.
§ 10 Der Chinesischen Wertpapierkommission obliegt es, zur
Verringerung der Staatsanteile an börsengängigen Gesellschaften Regeln für die
Freigabe von Informationen und für die Überwachung und Steuerung des Marktes zu
bestimmen.
§ 11 Es wird ein Nationaler Fonds zur sozialen Sicherung und [sein]
Verwaltungsrat errichtet.<4>
Der Nationale Fonds zur sozialen Sicherung speist sich aus den
Erträgen der Verringerung von Staatsanteilen, aus Beträgen, die aus dem
zentralen Staatsbudget zugewiesen werden, und aus in sonstiger Weise
beschafften Mitteln. Hauptaufgaben des Verwaltungsrats des Nationalen Fonds zur
sozialen Sicherung sind:
1. Die Verwaltung der Erträge
der Verringerung von Staatsanteilen, der Beträge, die aus dem zentralen
Staatsbudget zugewiesen werden, und der in sonstiger Weise beschafften Mittel;
2. die Ausgabe von Mitteln
aufgrund der gemeinsamen Anweisungen des Finanzministeriums und des
Ministeriums für Arbeit und soziale Sicherung, in der von ihnen bestimmten Art
und Weise;
3. die Auswahl und Ermächtigung
von Instituten im In- und Ausland, die auf die Investitionsverwaltung
spezialisiert sind, um die Mittel des Fonds so einzusetzen, daß sie erhalten
und gemehrt werden;
4. der Allgemeinheit das
Vermögen, die Erträge, den Bargeldfluß und sonstige finanzielle Umstände des
Nationalen Fonds zur sozialen Sicherung bekanntzugeben;
5. die Übernahme anderer vom
Staatsrat übertragener Angelegenheiten.
§ 12 Dem Institut, das den Absatz [der Staatsanteile] federführend
übernommen hat, obliegt es, das abzuführende Einkommen aus der Ausgabe
gespeicherter <5> Staatsanteile innerhalb von zwei Tagen in den im Budget
des Finanzministeriums vorgesehenen Posten abzuführen. Das Finanzministerium
weist die Mittel innerhalb von fünf Tagen dem Verwaltungsrat des Nationalen
Fonds zur sozialen Sicherung zu und führt das Verfahren zur überprüften
Verringerung des Staatskapitals der betroffenen Einheit durch.
§ 13 Das mit dem Einsatz der Mittel des Fonds beauftragte auf die
Investitionsverwaltung spezialisierte Institut hat dem Verwaltungsrat des
Nationalen Fonds zur sozialen Sicherung regelmäßig über seine Tätigkeit und
seine Leistungen Berichte zu erstatten, die vom Nationalen Fonds zur sozialen
Sicherung der Öffentlichkeit bekanntgegeben werden, und sich deren Aufsicht zu
unterwerfen.
§ 14 Die Interministerielle Versammlung kann je nach den Bedürfnissen
des Nationalen Fonds zur sozialen Sicherung und der Entwicklung des
Wertpapiermarkts neben der Ausgabe gespeicherter Staatsanteile gleichzeitig
eine kleine Anzahl von börsengängigen Gesellschaften auswählen, um Versuche mit
dem zugewiesenen Verkauf von Staatsanteilen und ihrem Rückkauf in bestimmter
Richtung <6> durchzuführen. Vorschläge für die Versuche werden von der
Interministeriellen Versammlung beraten und dem Staatsrat gemeldet; mit dessen
Genehmigung wird die Ausführung der Vorschläge organisiert.
§ 15 Nach Ausführung dieser Methode wird die vereinbarte Übertragung
von Staatsanteilen an börsengängigen Gesellschaften, einschließlich der
vereinbarten Übertragung der Staatsanteile von anderen als den Gründern, vom
Finanzministerium überprüft. Kommt es mit der verreinbarten Übetragung zu einer
Verminderung der gehaltenen Staatsanteile, so muß die vom Staatsaktionär
ermächtigte vertretende Einheit einen bestimmten Anteil an dem Einkommen aus
der vereinbarten Übertragung an den Nationalen Fonds zur sozialen Sicherung
abführen; die konkrete Höhe des Anteils und die Verfahrensweise werden von der
Interministeriellen Versammlung festgelegt, dem Staatsrat gemeldet und nach
dessen Genehmigung ausgeführt. Wertpapierregistergesellschaften führen aufgrund
der genehmigenden Antworten des Finanzministeriums das Verfahren für den
Übergang der Rechte aus den Anteilen durch.
Eine vom Staatsaktionär ermächtigte vertretende Einheit darf
höchstens 50% des Gesamtbetrags der Staatsanteile an einer börsengängigen
Gesellschaft als Pfandsicherheit für Bankdarlehen und für die Ausgabe von
Unternehmensschuldverschreibungen verwenden; die konkrete Verwaltungsmethode
[dazu] wird vom Finanzministerium bestimmt.
§ 16 Diese Methode wird von dem Tag an ausgeführt, an dem sie gedruckt
und ausgegeben wird.
Quelle:
www.1128.org/node2/node7/node39/node54/node/userobjectlai769.html
Anmerkungen:
<1> Diese
"Verwaltungsmethode" wurde zunächst aufgeregt als der Anfang vom Ende
der Staatsunternehmen begrüßt, schon vier Monate später vorläufig
beiseitegelegt und ein Jahr nach ihrem Erlaß fast in Gänze endgültig beerdigt.
Sie ist also, scheint es, weitgehend nur noch von historischem Interesse. Aber
ihre Geschichte ist so interessant, daß wir sie hier doch bringen; und ob sie
endgültig tot ist, das ist auch wohl noch abzuwarten.
Sie sollte zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: einmal einen
Anfang mit der Aufgabe der größeren Staatsunternehmen machen, die schon lange
dem chinesischen Staat wie ein Mühlstein um den Hals hängen; zum anderen die
drückende Last der Pensionskosten erleichtern.
Der Staat hat sich längst weitgehend von kleineren
Staatsunternehmen befreit, wobei örtlich das "kleiner" oft ziemlich
großzügig ausgelegt wurde. Aber die größeren Staatsunternehmen bildeten und bilden weiterhin seit langem
eine schwere Last; längst bringen sie zum großen Teil nicht mehr Gewinne, oft
Verluste, und wo sie noch in den schwarzen Zahlen sind, handelt es sich oft um
Monopolunternehmen. Zwar sollen alle großen Staatsunternehmen in Gesellschaften
nach dem Gesellschaftsgesetz umgewandelt werden, aber einmal macht auch diese
Reform nur langsam Fortschritte, zum anderen ist damit das Grundproblem nicht
beseitigt: daß der Staat Eigentümer dieser Unternehmen ist, der sich selbst
Gesetze geben, seinen eigenen Unternehmen mit anderen eigenen Unternehmen
Konkurrenz machen soll, und von dem man überdies stets die letzte Rettung
erhofft, wenn etwas schief geht.
Eine Privatisierung der Großunternehmen, von vielen
Wirtschaftswissenschaften immer wieder diskutiert, schien schon deshalb nicht
möglich, weil die chinesische Verfassung in Art.7 weiterhin dem staatlichen
Sektor eine "führende Rolle" zuweist. Die "führende Rolle"
läßt sich freilich unterschiedlich verstehen; man ist sich inzwischen
weitgehend einig, daß sich der Staat aus den "wettbewerblichen
Sektoren" der Wirtschaft allmählich zurückziehen sollte oder zumindest
könnte - "hinaus- und wieder hineingehen kann", wie es für das
Staatsvermögen gut sein mag (und dafür dürfte meist das Hinausgehen gut sein),
nur die für "die Planung des Staats und das Leben des Volks"
entscheidend wichtigen Unternehmen unter Kontrolle halten sollte; wobei selbst
dann und erst recht sonst Kontrolle nicht Alleinbesitz heißen müßte; es wurden
Anteile diskutiert, bis zu denen der Staatsbesitz hinuntergesetzt werden sollte
oder könnte, und man war sich einig darüber, daß der gegenwärtige Zustand
jedenfalls geändert werden sollte.
Der gegenwärtige Zustand war und ist, daß der Staat sogar an der
großen Mehrzahl der börsengängigen Unternehmen zwei Drittel und mehr der
Anteile hält - teils als direkten Staatsbesitz, teils als Anteile
(staatseigener) juristischer Personen -, und daß diese Anteile vom Börsenhandel
ausgeschlossen sind, daß also bei den meisten börsengängigen Unternehmen mehr
als die Hälfte der Aktien nicht an die Börse kommen darf, wenngleich außerhalb
der Börse mit besonderer Genehmigung Verkäufe möglich sind. Hier hat nun nach
all den jahrelangen Diskussionen der Wirtschaftswissenschaftler erstmals der
Gesetzgeber mit der vorliegenden Verwaltungsmethode etwas anderes, eine
Verminderung des Staatsanteils, nicht nur zugelassen, sondern gleich im Titel
ausdrücklich empfohlen; das klang wie ein Programm, war wohl auch so gemeint,
und erregte deshalb gerade bei ausländischen Beobachtern großes Aufsehen,
schien der erste praktische Schritt zur Privatisierung.
Es war allerdings, sah man genauer hin, ein sehr schüchterner
Schritt: die Verwaltungsmethode sieht vor, daß bei börsengängigen Unternehmen
bei der ersten und jeder weiteren Ausgabe von Aktien an das Publikum
gleichzeitig von den vorhandenen Staatsanteilen ein Betrag in Höhe von 10% der
erstmals oder neu ausgegebenen Aktien zusätzlich an das Publikum verkauft wird
(Beispiel: eine AG hat ein Stammkapital von 150, davon sind 120 nicht an der
Börse handelbare Staatsanteile und Anteile staatlicher juristischer Personen.
Aktien für 30 sind börsengängig und in Streubesitz. Das Unternehmen gibt für 20
neue Aktien aus. Dann müssen zusätzlich Staatsanteile für 2 an das Publikum
abgegeben werden; die Gesamtzahl der Staatsanteile vermindert sich also auf
118, die der börsengängigen Anteile vermehrt sich auf 52.) Nichtsdestotrotz
führte die Verwaltungsmethode, noch bevor sie überhaupt zur Anwendung kam,
sofort zu einem erheblichen Kurssturz. Der Gesamtwert der an den beiden Börsen
der Volksrepublik gehandelten Aktien, der bis Juni 2001 ständig gestiegen war,
sank von 1884.5 Mrd. Yuan im Juni 2001 bis auf 1456 Mrd. Yuan im Oktober 2001,
um sich dann, nachdem die Durchführung der vorliegenden Verwaltungsmethode
vorläufig ausgesetzt worden war, zunächst ein wenig - auf 1520.96 Mrd. im
November - zu erholen, dann aber weiter zu fallen (Zhongguo zhengquan jiandu
guanli weiyuanhui gonggao / China Securities Regulatory Commission Official
Bulletin 2002/1.65).
Der Grund war nicht, daß hier plötzlich ein Überangebot an
Aktien auf allzu wenig Nachfrage stieß. Mit dieser Gefahr hatte man gerechnet
und vorgesehen, daß die Aktien nur notfalls allmählich und jedenfalls geplant
auf den Markt geworfen werden sollten, vgl. §§ 7 und 10, und es sind dann
tatsächlich auch nur wenig Staatsaktien verkauft worden. Der wahre Grund wurde
in der Presse zunächst gar nicht und später nur sehr zurückhaltend genannt, war
aber jedem klar: Der chinesische Aktienmarkt ist eine sehr künstliche
Angelegenheit. Der Staat hat, wie gesagt, an den meisten börsengängigen
Unternehmen einen beherrschenden Anteil, der nicht an die Börse kommt. An der
Börse wird für die meisten Unternehmen also nur eine bescheidene
Zusatzfinanzierung gehandelt. Die Investoren verlassen sich dabei im
wesentlichen darauf, daß der Staat seine Unternehmen schon nicht im Stich
lassen wird. Sie tun das umso mehr, als einerseits die Bilanzen und sonstigen
publizierten Angaben der Gesellschaften als unzuverlässig gelten, immer wieder
über Fälle schamloser Bilanzfälschung berichtet wird, an denen Manager schuld
sind, die der Hauptaktionär bestellt hat, andererseits ein oft großer Teil der
börsengängigen Aktien bei oder kurz nach Gründung zu bescheidenen, oft sehr bescheidenen
Preisen in die Hände verdienter Beamter gegeben worden ist, die der Staat nun
anstandhalber nicht mit gar zu tief fallenden Kursen enttäuschen sollte. Daß
der Staat nun trotzdem tatsächlich anfangen wollte, sich aus seinen
Aktiengesellschaften zurückzuziehen, war trotz der jahrelangen Diskussionen
vorher, in denen das immer wieder gefordert worden war, ein großer Schock für
die Nutznießer bisheriger staatlicher Kurspflege. Sie reagierten mit
Panikverkäufen, bis schließlich die Ausführung der Verwaltungsmethode von der
Wertpapieraufsichtskommission am 22.10.2001 eingestellt wurde. Denn schließlich
war mit der "Verwaltungsmethode" im Staatsinteresse "auf die
Investoren Jagd gemacht worden", hatte man dem Interesse des Publikums "das
Staatsinteresse entgegengesetzt" und war damit von der Linie der Partei,
welche die fortschrittlichen Produktionskräfte vertritt, abgewichen - meinte
jedenfalls ein Artikel von Liu Ping in Zhengquan shichang zhoukan vom
22.10.2001, http://news.homeway.com.cn/lbi-bin/news/create/article.pl?294023.
(Zum Hintergrund der Vorgänge und insbesondere zu den Bemühungen der
Wertpapierhändler, den Verkauf der Staatsaktien zu verhindern vgl. auch Barry
Naughton: Selling Down the State Share. China Leadership Monitor No.1 Part 2 S.
1 ff = www.chinaleadershipmonitor.org/ 20011b/ CLM20011BN.pdf). Die
Wertpapieraufsichtskommission forderte allerdings gleich darauf die
Allgemeinheit auf, Vorschläge zu machen, wie man die Staatsanteile denn sonst
verringern solle; die Sache schien also noch nicht ausgestanden. Das endgültige
Aus kam erst mit einem am 23.6.2002 publizierten Staatsratsbeschluß, nach dem
der Absatz inländischer Staatsaktzien über die Börsen entsprechend der "Verwaltungsmethode"endgültig
eingestellt wird, deshalb auch nicht mehr, wie ursprünglich geplant,
Ausführungsbestimmungen zu der Verwaltungsmethode ergehen werden. Es sei, heißt
es nun etwas überraschend, ohnehin genug Geld für den nationalen Fonds zur
sozialen Sicherung vorhanden. Der Verkauf von Staatsanteilen an ausländischen
Börsen ist allerdings weiter vorgesehen, jedoch gegenwärtig wenig
erfolgversprechend.- Nicht aufgehoben sind auch §§ 14 und 15, also die
Vorschriften zu Übertragungen außerhalb der Börse und für Optionen und
Pensionsgeschäfte.
Damit ist das Problem der Staatsanteile freilich nicht gelöst.
Neben den Folgen für die Kurse könnte auch die Interessen der
"vom Staatsaktionär ermächtigten vertretenden Einheiten" eine Rolle
gespielt haben, also der Unternehmen, die bisher die staatlichen Eigentümerrechte
an den AGen ausgeübt haben. Ihre eigentümlich unklare Stellung zwischen
Prinzipal und Agent kommt z.B. in § 9 Nr.2 deutlich zum Ausdruck: sie sind zwar
nur Vertreter, müssen aber ausdrücklich versprechen, sich den Weisungen des
Prinzipals gemäß zu verhalten und danach "ihre" Anteile abzugeben.
Noch mehr wie Eigentümer agieren diese Unternehmen bei der Übertragung
außerhalb der Börse oder der Verpfändung von Staatsanteilen nach § 15; und
diese Vorschrift gilt weiter.
<2>
"öffentlich", chin. gonggong; der Begriff ist bisher meist als
Synonym für "staatlich", jedenfalls als Gegensatz zu
"privat" verwandt worden. Hier schließt er aber offensichtlich
private Anleger ein, wohl ein weiterer Schritt bei der Umdefinition vertrauter
Ausdrücke wie etwa "gesellschaftlich" - was zur Gesellschaft, zum
Publikum gehört, ist eben öffentlich.
<3> Vgl.24.3.97/1 § 2 und
3.11.94/1 § 8
<4> Zur "Steuerung
der Investitionen" dieses Fonds haben das Finanzministerium und das
Ministerium für Arbeit und soziale Sicherung eine vom Staatsrat gebilligte
"Vorläufige Methode" erlassen und am 13.12.2001 bekanntgemacht (u.a.
www.chinabond.com.cn/chinabond/fggz/sbjjgltl.htm). Darin sind Organisation und
Aufgaben des Fonds und insbesondere geregelt, wo er welche Teile seiner Mittel
anlegen soll. Zum Verkauf von Staatsaktien findet sich darin nichts, wohl aber
zu ihrem Erwerb: die Methode läßt zu, daß bis zu 40% der Mittel des Fonds bei
Investmentfonds und in Aktien angelegt werden können. Damit ist auch die
neuerdings als Ausweg für die schwer abzustoßenden Staatsanteile diskutierte
Übertragung von Staatsanteilen auf den Fonds denkbar. Freilich sollen nach der
"Vorläufigen Methode" die Investitionen des Fonds in sicheren
Papieren angelegt werden.
<5> gespeichert: unsere
Verlegenheitsübersetzung von chin. cunliang. Der Sinn des Ausdrucks ist uns
unklar. Gemeint ist vielleicht, daß aus der großen beim Staat
"gespeicherten"(cun) Menge (liang) von Aktien hier nun einzelne
Aktien abgegeben werden, oder aber, daß der Staat Anteile unter Bemessung
(liang) der gespeicherten Menge (cun) ausgibt.
<6> Zugewiesener Verkauf:
die Vergabe von Bezugsrechten an bestimmte Gruppen, wie die Aktionäre der
bisher schon börsengängigen Aktien. Rückkauf in bestimmter Richtung:
Pensionsgeschäfte; d.h. Anteile werden verkauft, wobei sich der Verkäufer
gleichzeitig zum Rückkauf nach einer bestimmten Zeit verpflichtet, also
Geschäfte ähnlich der Verpfändung von Anteilen.
Übersetzung, Anmerkungen,
Copyright daran: F.Münzel, Hamburg. Herrn K.B.Pissler bin ich für zahlreiche
Hinweise zu dieser Übersetzung sehr zu Dank verpflichtet!