Chinas Recht 2000.5
15.3.00/2
Gesetzgebungsgesetz der VR China <1>
Verabschiedet am 15. März
2000 auf der 3. Sitzung des 9. Nationalen Volkskongresses.
Inhalt:
1. Kapitel: Allgemeine
Regeln (§§ 1-6)
2. Kapitel: Gesetze (§§
7-55)
1. Abschnitt: Gesetzgebungskompetenz (§§ 7-11)
2. Abschnitt: Gesetzgebungsverfahren des Nationalen
Volkskongresses (§§ 12-23)
3. Abschnitt: Gesetzgebungsverfahren des Ständigen Ausschlusses
des Nationalen Volkskongresses (§§ 24-41)
4. Abschnitt: Auslegung von Gesetzen (§§ 42-47)
5. Abschnitt: Andere Bestimmungen (§§ 48-55)
3. Kapitel:
Verwaltungsrechtsnormen (§§ 56-62)
4. Kapitel: Territoriale Rechtsnormen, Autonomie- und
Einzelverordnungen, Regeln (§§ 63-77)
1. Abschnitt: Territoriale Rechtsnormen, Autonomie- und
Einzelverordnungen (§§ 63-70)
2. Abschnitt: Regeln (§§ 71-77)
5. Kapitel: Anwendung und
Meldung zu den Akten (§§ 78-92)
6. Kapitel: Ergänzende
Regeln (§§ 93, 94)
1. Kapitel: Allgemeine
Regeln
§ 1 Um die Gesetzgebungstätigkeit zu
standardisieren, das Gesetzgebungssystem des gesamten Staates zu stärken, ein
sozialistisches Gesetzessystem mit chinesischen Charakteristika zu schaffen und
zu vervollständigen, die sozialistische Demokratie zu sichern und zu
entwickeln, die Herrschaft aufgrund des Rechts <2>
voranzutreiben und einen sozialistischen Rechtsstaat aufzubauen, wird dies
Gesetz gemäß der Verfassung bestimmt.
§ 2 Dieses Gesetz gilt für die Festlegung,
Änderung und Aufhebung von Gesetzen, Verwaltungsrechtsnormen, territorialen
Rechtsnormen, Autonomieverordnungen und Einzelverordnungen <3>.
Die Festlegung, Änderung und Aufhebung von Regeln der Abteilungen des
Staatsrates und von Regeln der territorialen Regierungen wird gemäß den
einschlägigen Bestimmungen dieses Gesetzes durchgeführt <4>.
§ 3 Die Gesetzgebung muß sich nach den
Grundsätzen der Verfassung richten und mit dem wirtschaftlichen Aufbau im
Mittelpunkt an dem sozialistischen Weg, an der demokratischen Diktatur des
Volkes, an der Führung der kommunistischen Partei, am Marxismus-Leninismus, den
Mao Zedong-Ideen und an der Theorie von Deng Xiaoping sowie an der Reform und
Öffnung festhalten.
§ 4 Die Gesetzgebung muß den gesetzlich
bestimmten Zuständigkeiten und Verfahren entsprechen, von den Gesamtinteressen
des Staates ausgehen und die Einheit und Würde der sozialistischen
Rechtsordnung schützen.
§ 5 Die Gesetzgebung muß den Willen des Volkes
repräsentieren, die sozialistische Demokratie entfalten und sicherstellen, daß
das Volk auf unterschiedlichen Wegen an der Gesetzgebungstätigkeit mitwirkt.
§ 6 Die Gesetzgebung muß von der Praxis
ausgehen und mit wissenschaftlicher Vernunft die Rechte und Pflichten der
Bürger, der juristischen Personen und anderer Organisationen <5>,
sowie die Befugnisse und die Verantwortung der staatlichen Organe bestimmen.
2. Kapitel: Gesetze
1. Abschnitt:
Gesetzgebungskompetenz
§ 7 Der Nationale Volkskongreß und der Ständige
Ausschuß des Nationalen Volkskongresses üben die staatliche Gesetzgebungsgewalt
aus <6>.
Der Nationale Volkskongreß bestimmt und ändert grundlegende
Gesetze über Strafsachen, Zivilsachen, die Staatsorgane und andere
Angelegenheiten <7>.
Der Ständige Ausschuß des Nationalen Volkskongresses bestimmt
und ändert Gesetze mit Ausnahme derer, die vom Nationalen Volkskongreß bestimmt
werden <8>; er führt zwischen den Tagungen des Nationalen
Volkskongresses teilweise Ergänzungen und Änderungen der vom Nationalen
Volkskongreß festgelegten Gesetze durch, die aber nicht den grundlegenden
Prinzipien der betreffenden Gesetze zuwiderlaufen dürfen <9>.
§ 8 Die folgenden Angelegenheiten können nur
durch Gesetze festgelegt werden:
(1) Angelegenheiten der staatlichen
Souveränität;
(2) Bildung, Organisation und Befugnisse der
Volkskongresse, Volksregierungen, Volksgerichte und Volksstaatsanwaltschaften
auf allen Ebenen;
(3) die Regelung der regionalen Autonomie der
Volksgruppen, die Regelung der Sonderwirtschaftszonen, die Regelung der
Selbstverwaltung der Massenorganisationen auf unterster Organisationsebene;
(4) Straftaten und Strafe;
(5) die Aberkennung der politischen Rechte von
Bürgern, Zwangsmaßnahmen und Sanktionen, welche die körperliche Freiheit
beschränken <10>;
(6) die Einziehung nicht staatlichen Vermögens <11>;
(7) die grundlegende Regelung der Zivilsachen;
(8) das grundlegende Wirtschaftssystem und die
grundlegende Regelung der Staatsfinanzen, der Steuern, des Zolls, des
Bankwesens sowie des Außenhandels;
(9) die Regelung des Gerichtsverfahrens und des
Schiedsverfahrens;
(10) andere Angelegenheiten, die vom Nationalen
Volkskongreß und vom Ständigen Ausschuß des Nationalen Volkskongresses durch
Gesetz festgelegt werden müssen.
§ 9 Hinsichtlich der in § 8 dieses Gesetzes
bestimmten Angelegenheiten, die noch nicht durch Gesetz festgelegt worden sind,
haben der Nationale Volkskongreß und sein Ständiger Ausschuß das Recht zu
beschließen, daß der Staatsrat ermächtigt wird, entsprechend den Erfordernissen
der Praxis zunächst diese Angelegenheiten teilweise durch
Verwaltungsrechtsnormen festzulegen <12>. Ausgenommen
hiervon bleiben jedoch Straftaten und Strafe, Aberkennung der politischen
Rechte von Bürgern, Zwangsmaßnahmen und Sanktionen, welche die körperlichen
Freiheit beschränken, die Gerichtsorganisation und andere Angelegenheiten <13>.
§ 10 Zweck und der Umfang der Ermächtigung
müssen in dem Ermächtigungsbeschluß festgelegt sein. Das ermächtigte Organ <14>
muß die Befugnis in dieser Angelegenheit strikt gemäß dem Zweck und den Umfang
der Ermächtigung ausüben. Das ermächtigte Organ darf die Befugnis in dieser
Angelegenheit nicht durch Ermächtigung auf andere Organe übertragen.
§ 11 Sobald praktische Erfahrungen gesammelt
worden und die Umstände zur Festlegung durch Gesetz reif sind, legen der
Nationale Volkskongreß und sein Ständiger Ausschuß die Angelegenheiten, in
denen zur Gesetzgebung ermächtigt wurde, unverzüglich durch Gesetz fest.
Nachdem das Gesetz festgelegt worden ist, endet dementsprechend die Ermächtigung
zur Gesetzgebung in der Angelegenheit.
2. Abschnitt:
Gesetzgebungsverfahren des Nationalen Volkskongresses <15>
§ 12 Das Präsidium <16> des
Nationalen Volkskongresses kann dem Nationalen Volkskongreß einen
Gesetzesentwurf vorlegen, der auf Sitzungen des Nationalen Volkskongresses
beraten <17> wird.
Der Ständige Ausschuß des Nationalen Volkskongresses, der
Staatsrat, die Zentrale Militärkommission, das Oberste Volksgericht, die
Oberste Volkstaatsanwaltschaft und die Fachausschüsse des Nationalen
Volkskongresses können dem Nationalen Volkskongreß einen Gesetzesentwurf
vorlegen, dessen Aufnahme in die Tagesordnung das Präsidium des Nationalen
Volkskongresses beschließt.
§ 13 Eine Delegation <18> oder
mindestens 30 Abgeordnete durch gemeinsame Unterschrift können dem Nationalen
Volkskongreß einen Gesetzesentwurf vorlegen, dessen Aufnahme oder Nichtaufnahme
in die Tagesordnung das Präsidium beschließt; oder [das Präsidium] gibt [den
Gesetzesentwurf] zunächst an den betreffenden Fachausschuß zur Beratung sowie
zur Vorlage einer Ansicht über die Aufnahme oder Nichtaufnahme in die
Tagesordnung ab und beschließt dann dessen Aufnahme oder Nichtaufnahme in die
Tagesordnung. Der Fachausschuß kann die Antragsteller einladen, als nicht
Stimmberechtigte an der Beratung teilzunehmen und ihre Ansicht zu äußern.
§ 14 Gesetzesentwürfe, die dem Nationalen
Volkskongreß vorgelegt werden [sollen], können in der Zeit zwischen den
Tagungen des Nationalen Volkskongresses zunächst dem Ständigen Ausschuß
vorgelegt werden. Nachdem [der Gesetzesentwurf] auf Sitzungen des Ständigen
Ausschusses gemäß dem betreffenden Verfahren nach den Bestimmungen in Kapitel
zwei, dritter Abschnitt dieses Gesetzes beraten worden ist, beschließt [der
Ständige Ausschuß] dessen Einbringung in den Nationalen Volkskongreß zur
Beratung <19>. Der Ständige Ausschuß oder die Antragsteller
erläutern auf der Plenarsitzung des Nationalen Volkskongresses [den
Gesetzesentwurf].
§ 15 Wenn der Ständige Ausschuß beschlossen hat,
dem Nationalen Volkskongreß einen Gesetzesentwurf zur Beratung vorzulegen, muß
der Entwurf des Gesetzes einen Monat vor Durchführung der Sitzung an die
Abgeordneten verteilt werden.
§ 16 Wenn ein Gesetzesentwurf in die
Tagesordnung des Nationalen Volkskongresses aufgenommen wurde, und nachdem auf
einer Plenarsitzung des Nationalen Volkskongresses die Erläuterungen der
Antragsteller <20> gehört worden sind, führt jede
Delegation Beratungen durch.
Während die einzelnen Delegationen den Gesetzesentwurf beraten,
müssen die Antragsteller jemanden abordnen, um die Ansicht [der Delegationen]
zu hören und Fragen zu beantworten.
Während die einzelnen Delegationen den Gesetzesentwurf beraten,
müssen betreffende Organe und Organisationen gemäß den Forderungen der
Delegationen jemanden abordnen, um [die Delegationen] mit den Umständen
vertraut zu machen.
§ 17 Wenn ein Gesetzesentwurf in die
Tagesordnung des Nationalen Volkskongresses aufgenommen worden ist, führen die
betreffenden Fachausschüsse Beratungen durch, legen dem Präsidium die Ansichten
vor, zu denen sie bei den Beratungen gelangt sind und verteilen [diese
Ansichten] in gedruckter Form auf den Sitzungen [des Nationalen
Volkskongresses].
§ 18 Wenn ein Gesetzesentwurf in die
Tagesordnung des Nationalen Volkskongresses aufgenommen wurde, führt der
Rechtsausschuß unter Berücksichtigung der Ansichten, zu denen die einzelnen
Delegationen und die betreffenen Fachausschüsse bei den Beratungen gelangt
sind, eine zusammenfassende Beratung des Gesetzesentwurfes durch und legt dem Präsidium
einen Bericht über die Ergebnisse der Beratungen <21> sowie
[ggf.] einen abgeänderten Entwurf des Gesetzesentwurfes vor. Wichtige
abweichende Ansichten muß [der Rechtsausschuß] in dem Bericht über die
Ergebnisse der Beratungen erklären. Nach Beratung und Verabschiedung auf der
Sitzung des Präsidiums werden [der Bericht über die Ergebnisse der Beratungen
sowie der abgeänderte Entwurf des Gesetzesentwurfes] in gedruckter Form auf der
Sitzung [des Nationalen Volkskongresses] verteilt.
§ 19 Wenn ein Gesetzesentwurf in die
Tagesordnung des Nationalen Volkskongresses aufgenommen wurde, können die
ständigen Vorsitzenden des Präsidiums, wenn dies erforderlich ist, eine
Versammlung der Leiter der einzelnen Delegationen einberufen, um wegen
schwerwiegender Fragen bezüglich des Gesetzesentwurfes die Ansichten zu hören,
zu denen die einzelnen Delegationen bei den Beratungen gelangt sind, und um
[hierüber] eine Diskussion durchzuführen; [die ständigen Vorsitzenden des
Präsidiums] berichten dem Präsidium über die Umstände und die Ansichten bei der
Diskussion. Die ständigen Vorsitzenden des Präsidiums können auch wegen
schwerwiegender Fachfragen die Durchführung einer Diskussion mit [den
Fachfragen] entsprechend von der Delegation ausgewählten Delegierten einberufen
und dem Präsidium über die Umstände und die Ansichten bei der Diskussion
berichten.
§ 20 Wenn ein Gesetzesentwurf in die
Tagesordnung des Nationalen Volkskongresses aufgenommen wurde und der
Antragsteller vor der Freigabe zur Abstimmung die Zurücknahme fordert, muß er
den Grund [der Zurücknahme] erklären. Nach dem Einverständnis des Präsidiums
und Benachrichtigung des Nationalen Volkskongresses wird die Beratung des
Gesetzesentwurfes sofort beendet.
§ 21 Wenn sich bei den Beratungen über den
Gesetzentwurf [zeigt, daß] die weitere Untersuchung von schwerwiegenden Fragen
erforderlich ist, kann der Nationale Volkskongreß auf Vorlage des Präsidiums
beschließen, den Ständigen Ausschuß zu ermächtigen, unter Berücksichtigung der
Ansichten der Abgeordneten weiter zu beraten, einen Beschluß zu fassen und dem
Nationalen Volkskongreß auf der nächsten Sitzung über die Details des
Beschlusses zu berichten <22>; er kann den Ständigen
Ausschuß auch ermächtigen, unter Berücksichtigung der Ansichten der
Abgeordneten weiter zu beraten und einen abgeänderten Entwurf vorzulegen, der
dem Nationalen Volkskongresses bei der nächsten Sitzung zur Beratung und zum
Beschluß unterbreitet wird.
§ 22 Nachdem die einzelnen Delegationen den
abgeänderten Entwurf des Gesetzesentwurfes beraten haben, führt der
Rechtsausschuß die Änderung unter Berücksichtigung der Ansichten durch, zu
denen die Delegationen bei den Beratungen gelangt sind, und legt einen
Abstimmungsentwurf des Gesetzesentwurfes vor, der dem Nationalen Volkskongreß
vom Präsidium zur Abstimmung vorgelegt und von mehr als der Hälfte aller
Abgeordneten verabschiedet wird.
§ 23 Vom Nationalen Volkskongreß verabschiedete
Gesetze werden durch einen vom Staatspräsidenten unterschriebenen Erlaß des
Präsidenten bekanntgegeben.
3. Abschnitt:
Gesetzgebungsverfahren des Ständigen Ausschusses des Nationalen Volkskongresses
<23>
§ 24 Die Konferenz der Ausschußvorsitzenden <24>
kann dem Ständigen Ausschuß einen Gesetzesentwurf vorlegen, der auf Sitzungen des Ständigen Ausschusses beraten
wird.
Der Staatsrat, die Zentrale Militärkommission, das Oberste
Volksgericht, die Oberste Volksstaatsanwaltschaft und die Fachausschüsse des
Nationalen Volkskongresses können dem Ständigen Ausschuß einen Gesetzesentwurf
vorlegen; die Konferenz der Ausschußvorsitzenden beschließt dessen Aufnahme in
die Tagesordnung des Ständigen Ausschusses, oder sie gibt [den Gesetzesentwurf]
zunächst an die betreffenden Fachausschüsse zur Beratung sowie zur Vorlage
eines Berichts und beschließt dann nochmals über die Aufnahme in die
Tagesordnung des Ständigen Ausschusses. Wenn die Konferenz der
Ausschußvorsitzenden der Ansicht ist, daß die weitere Untersuchung von
schwerwiegenden Fragen des Gesetzesentwurfes erforderlich ist, kann sie den
Antragstellern empfehlen, [den Entwurf] nach Änderung und Vervollständigung
wieder dem Ständigen Ausschuß vorzulegen.
§ 25 Mindestens 10 Mitglieder des Ständigen
Ausschusses können durch gemeinsame Unterschrift dem Ständigen Ausschuß
Gesetzesentwürfe vorlegen; die Konferenz der Ausschußvorsitzenden beschließt
deren Aufnahme oder Nichtaufnahme in die Tagesordnung des Ständigen Ausschusses
oder gibt [den Gesetzesentwurf] zunächst an die betreffenden Fachausschüsse zur
Beratung sowie zur Vorlage einer Ansicht über die Aufnahme oder Nichtaufnahme
in die Tagesordnung des Ständigen Ausschusses und beschließt dann dessen
Aufnahme oder Nichtaufnahme in die Tagesordnung des Ständigen Ausschusses. Wenn
[ein Gesetzesentwurf] nicht in die Tagesordnung des Ständigen Ausschusses
aufgenommen wird, muß dies auf der Sitzung des Ständigen Ausschusses berichtet
oder den Antragstellern erläutert werden. Die Fachausschüsse können die
Antragsteller einladen, als nicht Stimmberechtigte an den Beratungen
teilzunehmen und ihre Ansicht zu äußern.
§ 26 Außer bei Vorliegen von besonderen
Umständen muß ein Gesetzesentwurf, der in die Tagesordnung des Ständigen
Ausschusses aufgenommen worden ist, an die Personen, die den Ständigen Ausschuß
bilden, sieben Tage vor Durchführung der Sitzung verteilt werden.
§ 27 Grundsätzlich wird ein Gesetzesentwurf, der
in die Tagesordnung des Ständigen Ausschusses aufgenommen worden ist, nach
dreimaliger Beratung auf Sitzungen des Ständigen Ausschusses zur Abstimmung
freigegeben.
Bei der ersten Beratung von Gesetzesentwürfen auf einer Sitzung
des Ständigen Ausschusses werden auf einer Plenarsitzung die Erläuterungen
durch die Antragsteller <25> gehört, [woraufhin] auf Gruppensitzungen <26> vorbereitende
Beratungen durchgeführt werden.
Bei der zweiten Beratung von Gesetzesentwürfen auf einer Sitzung
des Ständigen Ausschusses wird auf einer Plenarsitzung die Mitteilung des
Rechtsausschusses über die Umstände des geänderten Gesetzesentwurfes und über
wichtige Fragen gehört, [woraufhin] auf Gruppensitzungen weitere Beratungen
durchgeführt werden.
Bei der dritten Beratung von Gesetzesentwürfen auf einer Sitzung
des Ständigen Ausschusses wird auf einer Plenarsitzung der Bericht des
Rechtsausschusses über die Ergebnisse der Beratungen der Gesetzesentwürfe <27>
gehört, [woraufhin] auf Gruppensitzungen Beratungen über die geänderten
Gesetzesentwürfe durchgeführt werden.
Während der Ständige Ausschuß Gesetzesentwürfe berät, kann er
nach Bedarf zur Diskussion wichtiger Fragen der Gesetzesentwürfe gemeinsame
Sitzungen mehrerer Gruppen oder Plenarsitzungen einberufen.
§ 28 Ein Gesetzesentwurf, der in die
Tagesordnung des Ständigen Ausschusses aufgenommen wurde, kann nach zweimaliger
Beratung auf Sitzungen des Ständigen Ausschusses zur Abstimmung freigegeben
werden, wenn die Ansichten aller Seiten relativ übereinstimmen. Wenn bei einem
teilweise abgeänderten Gesetzesentwurf die Ansichten aller Seiten relativ
übereinstimmen, kann [der Gesetzesentwurf] auch nach einmaliger Beratung auf
einer Sitzung des Ständigen Ausschusses sofort zur Abstimmung freigegeben
werden.
§ 29 Wenn der Ständige Ausschuß Gesetzesentwürfe
auf Gruppensitzungen berät, müssen die Antragsteller jemanden abordnen, um die
Ansichten [der Gruppen] zu hören und Fragen zu beantworten. Wenn der Ständige
Ausschuß Gesetzesentwürfe auf Gruppensitzungen berät, müssen auf Anforderung
einer Gruppe betroffene Organe und Organisationen jemanden abordnen, um [die
Gruppe] mit den Umständen vertraut zu machen.
§ 30 Wenn ein Gesetzesentwurf in die Tagesordnung
des Ständigen Ausschusses aufgenommen wurde, führen die betreffenden
Fachausschüsse Beratungen durch, legen die Ansichten vor, zu denen sie bei den
Beratungen gelangt sind, und verteilen diese in gedruckter Form auf der Sitzung
des Ständigen Ausschusses.
Wenn die betreffenden Fachausschüsse den Gesetzesentwurf
beraten, können sie Mitglieder anderer Fachausschüsse einladen, als nicht
Stimmberechtigte an der Beratung teilzunehmen und ihre Ansichten zu äußern.
§ 31 Wenn ein Gesetzesentwurf in die
Tagesordnung des Ständigen Ausschusses aufgenommen wurde, führt der
Rechtsausschuß unter Berücksichtigung der Ansichten, zu denen die Mitglieder
des Ständigen Ausschusses und die betreffenden Fachausschüsse bei der Beratung
gelangt sind, und unter Berücksichtigung der von allen Seiten vorgelegten
Ansichten eine zusammenfassende Beratung durch und legt eine Mitteilung über
die Einzelheiten der Änderungen oder einen Bericht über die Ergebnisse der
Beratungen und [ggf.] einen geänderten Gesetzesentwurf vor. Wichtige
abweichende Ansichten müssen in der Mitteilung oder in dem Bericht über die
Ergebnisse der Beratungen erklärt werden. Über eine wichtige Ansicht eines
Fachausschusses bei der Beratung, die nicht übernommen worden ist, muß mit dem
betreffenden Fachausschuß Rücksprache gehalten werden.
Wenn der Rechtsausschuß den Gesetzesentwurf berät, kann er
Mitglieder anderer Fachausschüsse einladen, als nicht Stimmberechtigte an der
Beratung teilzunehmen und ihre Ansicht zu äußern.
§ 32 Wenn die Fachausschüsse den Gesetzesentwurf
beraten, müssen sie zur Beratung eine Plenarsitzung [des jeweiligen
Fachausschusses] einberufen. Gemäß den Erfordernissen können sie fordern, daß
Organe oder Organisationen die betreffenden verantwortlichen Personen abordnen,
um die Umstände zu erklären.
§ 33 Wenn hinsichtlich wichtiger Fragen eines
Gesetzesentwurfes die Ansichten der Fachausschüsse voneinander abweichen, muß
[dies] der Konferenz der Ausschußvorsitzenden berichtet werden.
§ 34 Wenn ein Gesetzesentwurf in die
Tagesordnung des Ständigen Ausschusses aufgenommen wurde, müssen der
Rechtsausschuß, die betreffenden Fachausschüsse und die Arbeitsorgane des
Ständigen Ausschusses <28> die Ansichten aller Seiten
anhören. Zur Anhörung der Ansichten können Besprechungen, Beweisaufnahmen,
Anhörungen oder andere Methoden angewendet werden.
Die Arbeitsorgane des Ständigen Ausschusses müssen den
Gesetzesentwurf an die betreffenden Organe, Organisationen und Experten
übermitteln, um Ansichten einzuholen, und sie müssen, nach dem Ordnen der
Ansichten, diese dem Rechtsausschuß und den betreffenden Fachausschüssen
übermitteln und nach Bedarf in gedruckter Form auf der Sitzung des Ständigen
Ausschusses verteilen.
§ 35 Wenn ein wichtiger Gesetzesentwurf in die
Tagesordnung des Ständigen Ausschusses aufgenommen wurde, kann der
Gesetzesentwurf nach Beschluß durch die Konferenz der Ausschußvorsitzenden
veröffentlicht werden, um Ansichten einzuholen. Jede vorgelegte Ansicht von
Organen, Organisationen und Bürgern wird den Arbeitsorganen des Ständigen
Ausschusses übermittelt.
§ 36 Wenn ein Gesetzesentwurf in die
Tagesordnung des Ständigen Ausschusses aufgenommen wurde, müssen die
Arbeitsorgane des Ständigen Ausschusses die Ansichten, zu denen die Gruppen bei
den Beratungen gelangt sind, von allen Seiten vorgelegte Ansichten und andere
Materialien sammeln und ordnen, an den Rechtsausschuß und betroffene
Fachausschüsse verteilen und nach Bedarf in gedruckter Form auf der Sitzung des
Ständigen Ausschusses verteilen.
§ 37 Wenn ein Gesetzesentwurf in die
Tagesordnung des Ständigen Ausschusses aufgenommen wurde und der Antragsteller
vor der Freigabe zur Abstimmung die Zurücknahme fordert, muß er den Grund [der
Zurücknahme] erklären. Nach dem Einverständnis der Konferenz der Ausschußvorsitzenden
und Benachrichtigung des Ständigen Ausschusses wird die Beratung dieses
Gesetzesentwurfes sofort beendet.
§ 38 Wenn nach der dritten Beratung eines
Gesetzesentwurfes auf einer Sitzung des Ständigen Ausschusses schwerwiegende
Fragen noch immer einer weiteren Untersuchung bedürfen, kann [der Entwurf] auf
Vorschlag der Konferenz der Ausschußvorsitzenden mit dem Einverständnis der
gemeinsamen Sitzung [mehrerer Gruppen] oder der Plenarsitzung vorläufig nicht
zur Abstimmung gegeben werden und wird dem Rechtsausschuß und den betreffenden
Fachausschüssen zur weiteren Beratung übergeben.
§ 39 Wenn bei einem Gesetzesentwurf, der in die
Beratung auf den Sitzungen des Ständigen Ausschusses aufgenommen wurde,
allseitig zur Erforderlichkeit und Durchführbarkeit der Festlegung dieses
Gesetzes und sonstigen schwerwiegenden Fragen relativ große
Meinungsverschiedenheiten bestehen, und [der Entwurf] deshalb zwei volle Jahre
beiseite gelegt wurde, oder wenn [der Entwurf] vorläufig nicht zur Abstimmung
gegeben und deshalb zwei volle Jahre nicht wieder in die Tagesordnung des
Ständigen Ausschusses aufgenommen worden ist, wird dem Ständigen Ausschuß von
der Konferenz der Ausschußvorsitzenden berichtet, daß die Beratung dieses
Gesetzesentwurfes beendet ist.
§ 40 Nachdem ein abgeänderter Gesetzesentwurf
auf einer Sitzung des Ständigen Ausschusses beraten worden ist, wird er vom
Rechtsausschuß unter Berücksichtigung der Ansichten abgeändert, zu denen die
Mitglieder, die den Ständigen Ausschuß bilden, bei der Beratung gelangt sind,
und [es wird vom Rechtsausschuß] ein Abstimmungsentwurf des Gesetzesentwurfes
vorgelegt, der von der Konferenz der Ausschußvorsitzenden in einer
Plenarsitzung des Ständigen Ausschusses zur Abstimmung eingebracht und von mehr
als der Hälfte aller Mitglieder, die den Ständigen Ausschuß bilden,
verabschiedet wird.
§ 41 Vom Ständigen Ausschuß verabschiedete
Gesetze werden durch einen vom Staatspräsidenten unterschriebenen Erlaß des
Präsidenten bekanntgegeben.
4. Abschnitt: Auslegung von
Gesetzen
§ 42 Die Befugniss zur Auslegung von Gesetzen
übt der Ständige Ausschuß des Nationalen Volkskongresses aus <29>.
Wenn bei einem Gesetz einer der folgenden Umstände vorliegt,
wird es vom Ständigen Ausschuß des Nationalen Volkskongresses ausgelegt:
(1.) wenn es bei
Gesetzesbestimmungen erforderlich ist, die konkrete Bedeutung näher
festzulegen;
(2.) wenn nach Erlaß des
Gesetzes neue Umstände aufgetreten sind, so daß es erforderlich ist, den
Geltungsbereich des Gesetzes klarzustellen.
§ 43 Der Staatsrat, die Zentrale
Militärkommission, das Oberste Volksgericht, die Oberste Staatsanwaltschaft und
die Fachausschüsse des Nationalen Volkskongresses sowie Ständige Ausschüsse der
Volkskongresse der PAS können den Ständigen Ausschuß des Nationalen
Volkskongresses zur Auslegung von Gesetzen auffordern.
§ 44 Die Arbeitsorgane des Ständigen Ausschusses
untersuchen und entwerfen Gesetzesauslegungsentwürfe, über deren Aufnahme in
die Tagesordnung des Ständigen Ausschusses die Konferenz der
Ausschußvorsitzenden beschließt.
§ 45 Nachdem der Entwurf einer Gesetzesauslegung
auf der Sitzung des Ständigen Ausschusses beraten worden ist, führt der
Rechtsausschuß unter Berücksichtigung der Ansichten, zu denen die Mitglieder,
die den Ständigen Ausschuß bilden, bei der Beratung gelangt sind, eine Beratung
und [ggf.] Änderungen durch und legt einen Abstimmungsentwurf der
Gesetzesauslegung vor.
§ 46 Der Abstimmungsentwurf der
Gesetzesauslegung wird von mehr als der Hälfte aller Mitglieder, die den
Ständigen Ausschuß bilden, verabschiedet und vom Ständigen Ausschuß durch
öffentliche Bekanntmachung bekanntgegeben.
§ 47 Gesetzesauslegungen durch den Ständigen
Ausschuß des Nationalen Volkskongresses besitzen die gleiche Gültigkeit wie Gesetze
<30>.
5. Abschnitt: Andere
Bestimmungen
§ 48 Mit der Vorlage eines Gesetzesentwurfes
müssen zugleich der Text des Gesetzesentwurfes und dessen Erläuterungen
vorgelegt werden, und es müssen die erforderlichen Materialien vorgelegt
werden. Die Erläuterung des Gesetzesentwurfes muß [Angaben zur]
Erforderlichkeit der Festlegung dieses Gesetzes und zu dessen hauptsächlichem
Inhalt machen.
§ 49 Die Antragsteller haben das Recht, einen
dem Nationalen Volkskongreß oder dem Ständigen Ausschuß vorgelegten
Gesetzesentwurf vor Aufnahme in die Tagesordnung zurückzunehmen.
§ 50 Dem Nationalen Volkskongreß bzw. seinem
Ständigen Ausschuß zur Abstimmung vorgelegte Gesetzesentwürfe, die nicht die
Verabschiedung erreicht haben, können gemäß dem gesetzlich bestimmten Verfahren
von neuem vorgelegt werden, wenn die Antragsteller die Festlegung des Gesetzes
für erforderlich halten. Das Präsidium bzw. die Konferenz der
Ausschußvorsitzenden beschließt die Aufnahme oder Nichtaufnahme [des
Gesetzesentwurfes] in die Tagesordnung; hierbei muß ein Gesetzesentwurf, der
nicht die Verabschiedung durch den Nationalen Volkskongreß erreicht hat, dem
Nationalen Volkskongreß zur Beratung und zum Beschluß vorgelegt werden <31>.
§ 51 Das Gesetz muß das Datum des Inkrafttretens
klar bestimmen.
§ 52 Der durch den Präsidenten unterschriebene
und bekanntgegebene Erlaß des Gesetzes gibt das Organ, das dieses Gesetz
festgelegt hat, das Datum der Verabschiedung und das Datum des Inkrafttretens
an.
Nach Unterschrift und Bekanntgabe wird das Gesetz unverzüglich
im Amtsblatt des Ständigen Ausschusses des Nationalen Volkskongresses und in im
ganzen Land erscheinenden Zeitungen veröffentlicht.
Der im Amtsblatt des Ständigen Ausschusses veröffentlichte
Gesetzestext gilt als offizielle Fassung.
§ 53 Für die Änderung und Aufhebung von Gesetzen
gelten die einschlägigen Bestimmungen dieses Kapitels.
Wenn ein Teil der Paragraphen eines Gesetzes geändert oder
aufgehoben wird, muß der neue Gesetzestext [in Gänze] bekanntgemacht werden.
§ 54 Ein Gesetz kann entsprechend den
inhaltlichen Bedürfnissen in Bücher, Kapitel, Abschnitte, Paragraphen, Absätze,
Nummern und Punkte eingeteilt werden.
Für die Zählung von Büchern, Kapiteln, Abschnitten und
Paragraphen werden chinesische Zahlen gebraucht; Absätze werden nicht gezählt;
für die die Zählung von Nummern werden chinesische Zahlen in Klammern, für die
die Zählung von Punkten arabische Zahlen gebraucht.
Die Einleitung zur Überschrift des Gesetzes muß das festlegende
Organ und das Datum der Verabschiedung angeben.
§ 55 Die Arbeitsorgane des Ständigen Ausschusses
des Nationalen Volkskongresses können bei konkrete Fragen betreffenden
Erkundigungen zu einem Gesetz eine Untersuchung durchführen und Antworten geben
und [diese] dem Ständigen Ausschuß zu den Akten melden.
3. Kapitel:
Verwaltungsrechtsnormen
§ 56 Der Staatsrat legt gemäß der Verfassung und
den Gesetzen Verwaltungsrechtsnormen fest <32>.
Verwaltungsrechtsnormen können zu folgenden Angelegenheiten
Bestimmungen treffen:
(1) Angelegenheiten, deren
Festlegung in Verwaltungsrechtsnormen zur Durchführung von Bestimmungen eines
Gesetzes erforderlich ist;
(2) Angelegenheiten, in
denen der Staatsrat gemäß der Bestimmung des Art. 89 der Verfassung die
Verwaltungskompetenz hat.
Angelegenheiten, die vom Nationalen Volkskongreß bzw. von seinem
Ständigen Ausschuß durch Gesetz festgelegt werden müssen, und für die der
Staatsrat zunächst gemäß einem Ermächtigungsbeschluß des Nationalen
Volkskongresses bzw. seines Ständigen Ausschusses Verwaltungsrechtsnormen
festgelegt hat, muß der Staatsrat, nach Sammlung von praktischen Erfahrungen
und sobald die Umstände zur Festlegung durch Gesetz reif sind, unverzüglich dem
Nationalen Volkskongreß bzw. seinem Ständigen Ausschuß zur Festlegung durch
Gesetz vorlegen.
§ 57 Die Ausarbeitung von
Verwaltungsrechtsnormen wird vom Staatsrat organisiert. Wenn betroffene
Abteilungen des Staatsrates die Festlegung von Verwaltungsrechtsnormen für
erforderlich halten, müssen sie dies dem Staatsrat berichten und die Aufnahme
[der Bearbeitung des] Projektes beantragen.
§ 58 Während der Ausarbeitung von
Verwaltungsrechtsnormen müssen umfassend die Ansichten von betroffenen Organen,
Organisationen und Bürgern eingeholt werden. Zur Einholung von Ansichten können
Besprechungen, Beweisaufnahmen, Anhörungen oder andere Methoden angewendet
werden.
§ 59 Wenn eine Verwaltungsrechtsnorm
ausgearbeitet worden ist, muß die
Einheit, welche sie entworfen hat, den Entwurf, seine Erläuterung, die
unterschiedlichen Ansichten aller Seiten zu wichtigen Fragen des Entwurfes und
andere einschlägige Materialien dem Rechtsordnungsorgan des Staatsrates <33>
zur Prüfung übermitteln. Das Rechtsordnungsorgan des Staatsrates muß dem
Staatsrat einen Prüfbericht und [ggf.] einen abgeänderten Entwurf vorlegen. Der
Prüfbericht muß die Hauptfragen des Entwurfes erläutern.<34>
§ 60 Das Beschlußverfahren über
Verwaltungsrechtsnormen wird gemäß den einschlägigen Bestimmungen des Gesetzes
der Volksrepublik China über die Organisation des Staatsrates durchgeführt <35>.
§ 61 Verwaltungsrechtsnormen werden durch vom
Ministerpräsidenten unterschriebenen Erlaß des Staatsrates bekanntgemacht.
§ 62 Nach der Unterzeichnung und Bekanntmachung
wird die Verwaltungsrechtsnorm unverzüglich im Amtsblatt des Staatsrates und in
im ganzen Land erscheinenden Zeitungen veröffentlicht. Der Text der
Verwaltungsrechtsnormen im Amtsblatt des Staatsrates gilt als offizielle
Fassung.
4. Kapitel: Territoriale
Rechtsnormen, Autonomie- und Einzelverordnungen, Regeln
1. Abschnitt: Territoriale
Rechtsnormen, Autonomie- und Einzelverordnungen
§ 63 Volkskongresse der PAS und deren Ständige
Ausschüsse können entsprechend den konkreten Umständen und den praktischen
Bedürfnissen ihres Verwaltungsbezirkes territoriale Rechtsnormen unter der
Voraussetzung festlegen, daß diese nicht mit der Verfassung, den Gesetzen oder
den Verwaltungsrechtsnormen im Widerspruch stehen.
Volkskongresse von größeren Städten und deren Ständige
Ausschüsse können entsprechend den konkreten Umständen und den praktischen
Bedürfnissen dieser Städte territoriale Rechtsnormen unter der Voraussetzung
festlegen, daß diese nicht mit der Verfassung, den Gesetzen, den Verwaltungsrechtsnormen
und den territorialen Rechtsnormen dieser Provinz bzw. dieses autonomen
Gebietes im Widerspruch stehen; [diese territorialen Rechtsnormen] treten nach
einem Bericht an und Genehmigung durch den Ständigen Ausschuß des
Volkskongresses der Provinz bzw. des autonomen Gebietes in Kraft. Der Ständige
Ausschuß des Volkskongresses der Provinz bzw. des autonomen Gebietes muß die
Gesetzmäßigkeit einer zur Genehmigung übermittelten territorialen Rechtsnorm
überprüfen und die Rechtsnorm innerhalb von vier Monaten genehmigen, wenn sie
nicht mit der Verfassung, den Gesetzen, den Verwaltungsrechtsnormen und den
territorialen Rechtsnormen dieser Provinz bzw. dieses autonomen Gebietes in
Widerspruch steht.
Wenn der Ständige Ausschuß des Volkskongresses der Provinz bzw.
des autonomen Gebietes bei der Überprüfung zur Genehmigung übermittelter
territorialer Rechtsnormen der größeren Städte feststellt, daß sie mit Regeln
der Volksregierung der Provinz bzw. des autonomen Gebietes in Widerspruch
stehen, muß er einen Beschluß über die Erledigung [dieser Frage] treffen.
Größere Städte im Sinne dieses Gesetzes sind Städte, die Sitz
der Regierung von Provinzen und autonomen Gebieten sind, Städte, die Sitz von
Sonderwirtschaftszonen sind sowie vom Staatsrat genehmigte [sonstige] größere
Städte.
§ 64 Territoriale Rechtsnormen können über
folgende Angelegenheiten Bestimmungen treffen:
(1) Angelegenheiten, bei
denen zur Durchführung der Bestimmungen von Gesetzen und
Verwaltungsrechtsnormen die Festlegung von konkreten Bestimmungen nach den
tatsächlichen Umständen dieses Verwaltungsbezirkes erforderlich ist;
(2) Angelegenheiten, die zu
den territorialen Aufgaben gehören, und bei denen die Festlegung von
territorialen Rechtsnormen erforderlich ist.
Wenn in anderen als den in § 8 bestimmten Angelegenheiten
zentralstaatlich noch kein Gesetz und noch keine Verwaltungsrechtsnorm
festgelegt worden ist, können PAS und größere Städte entsprechend den konkreten
Umständen und den praktischen Bedürfnissen dieser Region zunächst territoriale
Rechtsnormen festlegen. Nach Inkrafttreten eines zentralstaatlich festgelegten
Gesetzes oder einer zentralstaatlich festgelegten Verwaltungsrechtsnorm treten
Bestimmungen der territorialen Rechtsnormen außer Kraft, die mit dem Gesetz
bzw. der Verwaltungsrechtsnorm in Widerspruch stehen, und das festlegende Organ
muß sie unverzüglich ändern oder aufheben.
§ 65 Volkskongresse von Provinzen und Städten,
in denen sich eine Sonderwirtschaftszone befindet, und deren Ständige
Ausschüsse legen entsprechend den Ermächtigungsbeschlüssen des Nationalen
Volkskongresses Rechtsnormen fest, die innerhalb des Gebietes der
Sonderwirtschaftszone durchgeführt werden.
§ 66 Volkskongresse der autonomen Gebiete von
Volksgruppen haben das Recht, gemäß den politischen, wirtschaftlichen und
kulturellen Besonderheiten der örtlichen
Volksgruppen Autonomie- und Einzelverordnungen festzulegen. Autonomie-
und Einzelverordnungen der autonomen Gebiete treten nach einem Bericht an und
Genehmigung durch den Ständigen Ausschuß des Nationalen Volkskongresses in
Kraft. Autonomie- und Einzelverordnungen der autonomen Bezirke und autonomen
Kreise treten nach einem Bericht an und Genehmigung durch den Ständigen
Ausschuß des Volkskongresses der PAS in Kraft.
In Autonomie- und Einzelverordnungen können gegenüber
Bestimmungen von Gesetzen und Verwaltungsrechtsnormen gemäß den Besonderheiten
der örtlichen Volksgruppen adjustierende Bestimmungen <36>
getroffen werden, die jedoch nicht den grundlegenden Prinzipien der Gesetze
oder Verwaltungsrechtsnormen zuwiderlaufen dürfen, und es dürfen nicht
gegenüber Bestimmungen der Verfassung und des Gesetzes über die Autonomie der
Volksgruppengebiete und anderer Bestimmungen einschlägiger Gesetze und
Verwaltungsrechtsnormen, die speziell für die Autonomie der Volksgruppengebiete
ausgearbeitet wurden, adjustierende Bestimmungen getroffen werden.
§ 67 Territoriale Rechtsnormen, in denen
besonders schwerwiegende Angelegenheiten dieses Verwaltungsbezirkes bestimmt
werden, müssen vom Volkskongreß verabschiedet werden.
§ 68 Das Verfahren für die Vorlage, Beratung und
Abstimmung bei Entwürfen von territorialen Rechtsnormen und von Autonomie- und
Einzelverordnungen wird nach dem "Gesetz der Volksrepublik China über die
Organisation der territorialen Volkskongresse auf allen Ebenen und der
territorialen Volksregierung auf allen Ebenen" und unter Berücksichtigung
der Bestimmungen der Abschnitte 2, 3 und 5 des 2. Kapitels des vorliegenden
Gesetzes von dem Volkskongreß der betreffenden Ebene bestimmt.
Das für die zusammenfassende Beratung des Entwurfes einer
territorialen Rechtsnorm verantwortliche Organ legt einen Bericht über die
Ergebnisse der Beratungen und [ggf.] einen abgeänderten Entwurf vor.
§ 69 Territoriale Rechtsnormen, die von den Volkskongressen
der PAS festgelegt worden sind, werden von dem Präsidium des Kongresses durch
öffentliche Bekanntmachung bekanntgegeben.
Territoriale Rechtsnormen, die von den Ständigen Ausschüssen der
Volkskongresse der PAS festgelegt worden sind, werden von dem Ständigen
Ausschuß durch öffentliche Bekanntmachung bekanntgegeben.
Territoriale Rechtsnormen, die von den Volkskongressen der
größeren Städte und von deren Ständigen Ausschüssen festgelegt worden sind,
werden nach Bericht und Genehmigung von dem Ständigen Ausschuß des
Volkskongresses der größeren Stadt durch öffentliche Bekanntmachung
bekanntgegeben.
Autonomie- und Einzelverordnungen werden nach Bericht und
Genehmigung von dem Ständigen Ausschuß des Volkskongresses des jeweiligen
autonomen Gebietes, autonomen Bezirkes oder autonomen Kreises durch öffentliche
Bekanntmachung bekanntgegeben.
§ 70 Territoriale Rechtsnormen sowie Autonomie-
und Einzelverordnungen der autonomen Gebiete werden nach Bekanntgabe
unverzüglich im Amtsblatt des Ständigen Ausschusses des Volkskongresses dieser
Ebene und in innerhalb des Gebietes des Verwaltungsbezirkes erscheinenden
Zeitungen veröffentlicht.
Der im Amtsblatt des Ständigen Ausschusses veröffentlichte Text
der territorialen Rechtsnorm, Autonomie- oder Einzelverordnung gilt als
offizielle Fassung.
2. Abschnitt: Regeln
§ 71 Alle Ministerien und Ausschüsse des
Staatsrates, die Chinesische Volksbank, der Rechnungshof und direkt [dem
Staatsrat] unterstellte Organe, die Verwaltungsfunktionen haben, können gemäß
den Gesetzen und den Verwaltungsrechtsnormen, Beschlüssen und Erlassen des
Staatsrates innerhalb des Zuständigkeitsbereichs dieser Abteilung Regeln
festlegen.
Angelegenheiten, die in Regeln der Abteilungen bestimmt werden,
müssen zum Bereich der Durchführung von Gesetzen oder von
Verwaltungsrechtsnormen, Beschlüssen oder Erlassen des Staatsrates gehören <37>.
§ 72 Angelegenheiten, welche in die Kompetenz
mehrerer Abteilungen des Staatsrates fallen, müssen dem Staatsrat zur Festlegung
durch Verwaltungsrechtsnorm vorgelegt oder von den betreffenden Abteilungen des
Staatsrates gemeinsam durch Regeln festgelegt werden.
§ 73 Die Volksregierungen von PAS und größeren
Städten können gemäß den Gesetzen und Verwaltungsrechtsnormen und gemäß den
territorialen Rechtsnormen dieser PAS Regeln festlegen.
Regeln der territorialen Regierungen können über folgende
Angelegenheiten Bestimmungen treffen:
(1) Angelegenheiten, bei
denen zur Durchführung von Gesetzen und Verwaltungsrechtsnormen und von
territorialen Rechtsnormen die Festlegung von Regeln erforderlich ist;
(2) Angelegenheiten, die zu
der konkreten Verwaltung dieses Verwaltungsbezirkes gehören.
§ 74 Das Verfahren zur Festlegung von Regeln der
Abteilungen des Staatsrates und von Regeln der territorialen Regierungen wird
vom Staatsrat unter Berücksichtigung der Bestimmungen des 3. Kapitels dieses
Gesetzes bestimmt.
§ 75 Regeln der Abteilungen müssen auf Sitzungen
des Ministeriums bzw. des Ausschusses beschlossen werden. Regeln der
territorialen Regierung müssen auf der ständigen Sitzung oder der Plenarsitzung
der Regierung beschlossen werden.
§ 76 Regeln der Abteilungen werden durch vom
Leiter der Abteilung unterschriebenen Erlaß bekanntgegeben. Regeln der
territorialen Regierungen werden durch vom jeweiligen Leiter der PAS
unterschriebenen Erlaß bekanntgegeben.
§ 77 Nach Unterschrift und Bekanntgabe werden
Regeln der Abteilungen unverzüglich im Amtsblatt des Staatsrates oder im
Amtsblatt der Abteilung sowie in im ganzen Land erscheinenden Zeitungen
veröffentlicht.
Nach Unterschrift und Bekanntgabe werden Regeln der
territorialen Regierungen unverzüglich im Amtsblatt der Volksregierung dieser
Ebene und in innerhalb des Gebietes des Verwaltungsbezirkes erscheinenden
Zeitungen veröffentlicht.
Der im Amtsblatt des Staatsrates bzw. der Abteilung oder
territorialen Volksregierung veröffentlichte Text der Regeln gilt als
offizielle Fassung.
5. Kapitel: Anwendung
und Meldung zu den Akten
§ 78 Die Verfassung hat oberste Gesetzeskraft;
kein Gesetz, keine Verwaltungsrechtsnorm, keine territoriale Rechtsnorm, keine
Autonomie- und Einzelverordnung, keine Regel darf mit der Verfassung in
Widerspruch stehen.
§ 79 Gesetze gehen Verwaltungsrechtsnormen,
territorialen Rechtsnormen und Regeln vor. Verwaltungsrechtsnormen gehen
territorialen Rechtsnormen und Regeln vor.
§ 80 Territoriale Rechtsnormen gehen Regeln der
territorialen Regierungen auf derselben Ebene und auf niedrigeren Ebenen vor. Regeln,
die von der Volksregierung der Provinz oder des autonomen Gebietes festgelegt
wurden, gehen Regeln vor, die von Volksregierungen von größeren Städten
innerhalb desselben Verwaltungsbezirkes festgelegt wurden.
§ 81 Wenn in Autonomie- und Einzelverordnungen
rechtmäßig gegenüber Gesetzen, Verwaltungsrechtsnormen oder territorialen
Rechtsnormen adjustierende Bestimmungen getroffen wurden, gelten [insoweit] in
diesem autonomen Gebiet die Bestimmungen der Autonomie- und Einzelverordnungen.
Wenn in Rechtsnormen von Sonderwirtschaftszonen aufgrund einer
Ermächtigung gegenüber Gesetzen, Verwaltungsrechtsnormen oder territorialen
Rechtsnormen adjustierende Bestimmungen getroffen wurden, gelten [insoweit] in
dieser Sonderwirtschaftszone die Bestimmungen der Rechtsnormen der
Sonderwirtschaftszone.
§ 82 Regeln der Abteilungen untereinander sowie
Regeln der Abteilungen und Regeln der territorialen Regierungen untereinander
sind gleichrangig; sie werden innerhalb des jeweiligen Zuständigkeitsbereichs
durchgeführt.
§ 83 Wenn bei Gesetzen, Verwaltungsrechtsnormen,
territorialen Rechtsnormen, Autonomie- und Einzelverordnungen oder Regeln, die
von dem gleichen Organ festgesetzt wurden, besondere Bestimmungen und
allgemeine Bestimmungen nicht übereinstimmen, gelten die besonderen
Bestimmungen; wenn neue Bestimmungen und alte Bestimmungen nicht
übereinstimmen, gelten die neuen Bestimmungen.
§ 84 Gesetze, Verwaltungsrechtsnormen,
territoriale Rechtsnormen, Autonomie- und Einzelverordnungen sowie Regeln haben
keine Rückwirkung <38>, außer wenn für den besseren Schutz
der Rechte und Interessen von Bürgern, juristischen Personen und anderen
Organisationen besondere Bestimmungen getroffen werden.
§ 85 Wenn bei Gesetzen über die gleiche
Angelegenheit neue allgemeine Bestimmungen und alte besondere Bestimmungen
nicht übereinstimmen und nicht festgestellt werden kann, was gelten soll, wird
die Frage vom Ständigen Ausschuß des Nationalen Volkskongresses entschieden.
Wenn bei Verwaltungsrechtsnormen über die gleiche Angelegenheit neue allgemeine
Bestimmungen und alte besondere Bestimmungen nicht übereinstimmen und nicht
festgestellt werden kann, was gelten soll, wird die Frage vom Staatsrat
entschieden.
§ 86 Wenn territoriale Rechtsnormen oder Regeln
untereinander nicht übereinstimmen, entscheidet das betreffende Organ gemäß den
nachfolgend bestimmten Zuständigkeiten:
(1) Wenn neue allgemeine
Bestimmungen und alte besondere Bestimmungen, die vom gleichen Organ festgelegt
wurden, nicht übereinstimmen, entscheidet das Organ, welches sie festlegt;
(2) Wenn territoriale
Rechtsnormen und Regeln von Abteilungen [des Staatsrates] untereinander in den
Bestimmungen über dieselbe Angelegenheit nicht übereinstimmen und nicht
festgestellt werden kann, was gelten soll, wird vom Staatsrat eine Ansicht
vorgelegt; wenn der Staatsrat der Ansicht ist, daß die territoriale Rechtsnorm
gelten muß, muß er beschließen, daß in dem betreffenden Gebiet die Bestimmungen
der territorialen Rechtsnorm gelten; wenn [der Staatsrat] der Ansicht ist, daß
die Regeln der Abteilung gelten müssen, muß er [dies] dem Ständigen Ausschuß
des Nationalen Volkskongresses zur Entscheidung vorlegen;
(3) Wenn Regeln der
Abteilungen [des Staatsrates] untereinander oder Regeln der Abteilungen und
Regeln der territorialen Regierungen untereinander in den Bestimmungen über
dieselbe Angelegenheit nicht übereinstimmen, entscheidet der Staatsrat. Wenn
aufgrund einer Ermächtigung festgelegte Rechtsnormen nicht mit Gesetzen
übereinstimmen und nicht festgestellt werden kann, was gelten soll, entscheidet
der Ständige Ausschuß des Nationalen Volkskongresses.
§ 87 Wenn bei Gesetzen, Verwaltungsrechtsnormen,
territorialen Rechtsnormen, Autonomie- und Einzelverordnungen oder Regeln einer
der folgenden Umstände vorliegt, werden sie von dem betreffenden Organ gemäß
der Zuständigkeit nach § 88 dieses Gesetzes geändert oder aufgehoben:
(1) wenn die Zuständigkeit
überschritten worden ist;
(2) wenn nachrangiges Recht
gegen Bestimmungen höherrangigen Rechts verstößt;
(3) wenn bei nicht übereinstimmenden
Bestimmungen von Regeln über dieselbe Angelegenheit entschieden wurde, daß die
Bestimmungen einer Seite geändert oder aufgehoben werden müssen;
(4) wenn Bestimmungen von
Regeln, die als nicht angemessen angesehen werden, geändert oder aufgehoben
werden müssen;
(5) wenn gegen das
gesetzliche Verfahren verstoßen wurde.
§ 88 Für die Zuständigkeit für die Änderung oder
Aufhebung der Gesetze, Verwaltungsrechtsnormen, territorialen Rechtsnormen,
Autonomie- und Einzelverordnungen sowie Regeln gilt:
(1) Der Nationale
Volkskongreß hat das Recht, nicht angemessene Gesetze zu ändern oder
aufzuheben, die sein Ständiger Ausschuß festgelegt hat; er hat das Recht, vom
Ständigen Ausschuß genehmigte Autonomie- und Einzelverordnungen aufzuheben, die
gegen die Verfassung oder gegen § 66 Abs. 2 dieses Gesetzes verstoßen;
(2) der Ständige Ausschuß
des Nationalen Volkskongresses hat das Recht, Verwaltungsrechtsnormen
aufzuheben, die im Widerspruch zur Verfassung und zu den Gesetzen stehen; er
hat das Recht, territoriale Rechtsnormen aufzuheben, die im Widerspruch zur
Verfassung, zu den Gesetzen oder den Verwaltungsrechtsnormen stehen; er hat das
Recht, von den Ständigen Ausschüssen der Volkskongresse der PAS genehmigte
Autonomie- und Einzelverordnungen aufzuheben, die gegen die Verfassung oder
gegen § 66 Abs. 2 dieses Gesetzes verstoßen;
(3) der Staatsrat hat das
Recht, nicht angemessene Regeln der Abteilungen und der territorialen
Regierungen zu ändern und aufzuheben;
(4) die Nationalen
Volkskongresse der PAS haben das Recht, nicht angemessene territoriale
Rechtsnormen zu ändern oder aufzuheben, die von ihren Ständigen Ausschüssen
festgelegt und genehmigt worden sind;
(5) die Ständigen
Ausschüsse der territorialen Volkskongresse haben das Recht, nicht angemessene
Regeln aufzuheben, die von der Volksregierung auf derselben Ebene festgelegt
worden sind;
(6) die Volksregierungen
der PAS haben das Recht, nicht angemessene Regeln zu ändern und aufzuheben, die
von den Volksregierungen auf niedrigerer Ebene festgelegt worden sind;
(7) das ermächtigende Organ
hat das Recht, Bestimmungen aufzuheben, die von dem ermächtigten Organ unter
Überschreitung des Bereichs der Ermächtigung oder unter Verstoß gegen den Zweck
der Ermächtigung festgelegt worden sind; wenn dies erforderlich ist, kann [das
ermächtigende Organ] die Ermächtigung aufheben.
§ 89 Verwaltungsrechtsnormen, territoriale
Rechtsnormen, Autonomie- und Einzelverordnungen sowie Regeln müssen innerhalb
von 30 Tagen nach Bekanntgabe gemäß den nachfolgenden Bestimmungen dem
entsprechenden Organ zu den Akten gemeldet werden:
(1) Verwaltungsrechtsnormen
werden dem Ständigen Ausschuß des Nationalen Volkskongresses zu den Akten
gemeldet;
(2) territoriale
Rechtsnormen, die von den Volkskongressen der PAS und ihren Ständigen
Ausschüssen festgelegt worden sind, werden dem Ständigen Ausschuß des
Nationalen Volkskongresses und dem Staatsrat zu den Akten gemeldet;
territoriale Rechtsnormen, die von den Volkskongressen der größeren Städte und
ihren Ständigen Ausschüssen festgelegt worden sind, werden von den Ständigen
Ausschüssen der Volkskongresse der Provinzen und autonomen Gebiete dem Ständigen
Ausschuß des Nationalen Volkskongresses und dem Staatsrat zu den Akten
gemeldet;
(3) Autonomie- und
Einzelverordnungen, die von autonomen Bezirken und autonomen Kreisen festgelegt
worden sind, werden von den Ständigen Ausschüssen der Volkskongresse der PAS
dem Ständigen Ausschuß des Nationalen Volkskongresses und dem Staatsrat zu den
Akten gemeldet;
(4) Regeln der Abteilungen
und Regeln der territorialen Regierungen werden dem Staatsrat zu den Akten
gemeldet; Regeln der territorialen Regierungen müssen zugleich dem Ständigen
Ausschuß des Volkskongresses auf derselben Ebene zu den Akten gemeldet werden;
Regeln, die von den Volkskongressen der größeren Städte festgelegt worden sind,
müssen zugleich dem Ständigen Ausschuß des Volkskongresses und der Volksregierung
der Provinz bzw. des autonomen Gebietes zu den Akten gemeldet werden;
(5) Rechtsnormen, die
aufgrund einer Ermächtigung festgelegt worden sind, müssen dem Organ, welches
den Ermächtigungsbeschluß erlassen hat, zu den Akten gemeldet werden.
§ 90 Wenn der Staatsrat, die Zentrale
Militärkommission, das ObersteVolksgericht, die Oberste Volksstaatsanwaltschaft
oder der Ständige Ausschuß eines PAS-Volkskongresses meinen, daß eine
Verwaltungsrechtsnorm, territoriale Rechtsnorm oder Autonomie- oder Einzelverordnung
der Verfassung oder einem Gesetz widerspricht, können sie schriftlich
verlangen, daß der Ständige Ausschuß des Nationalen Volkskongresses dies prüft <39>;
die Arbeitsorgane des Ständigen Ausschusses teilen die Sache dem betreffenden
Fachausschuß zu, der die Prüfung durchführt und seine Ansicht dazu vorlegt.
Wenn andere als die im vorhergehenden Absatz genannten
Staatsorgane oder wenn gesellschaftliche Körperschaften, Unternehmen und
Institutionsorganisationen oder Bürger meinen, daß eine Verwaltungsrechtsnorm,
territoriale Rechtsnorm oder Autonomie- oder Einzelverordnung der Verfassung
oder einem Gesetz widerspricht, können sie schriftlich vorschlagen, daß der
Ständige Ausschuß des Nationalen Volkskongresses dies prüft; die Arbeitsorgane
des Ständigen Ausschusses überprüfen den Vorschlag und übergeben die Sache
erforderlichenfalls dem betreffenden Fachausschuß, der die Prüfung durchführt
und seine Ansicht dazu vorlegt <40>.
§ 91 Wenn Fachausschüsse des Nationalen
Volkskongresses bei der Prüfung zu der Ansicht gelangen, daß
Verwaltungsrechtsnormen, territoriale Rechtsnormen oder Autonomie- oder
Einzelverordnungen im Widerspruch zur Verfassung oder zu Gesetzen stehen,
können sie dem festlegenden Organ schriftlich die Ansicht vorlegen, zu der sie bei
der Prüfung gelangt sind; sie können auch eine gemeinsame Prüfungssitzung des
Rechtsausschusses und der betreffenden Fachausschüsse einberufen und das
festlegende Organ auffordern, auf der Sitzung die Umstände zu erläutern und
dann dem festlegenden Organ schriftlich die Ansicht vorlegen, zu der sie bei
der Prüfung gelangt sind. Das festlegende Organ muß [die Vorschrift] innerhalb
von zwei Monaten überprüfen, seine Ansicht zu ihrer Änderung oder Nichtänderung
vorlegen und mit dem Rechtsausschuß des Nationalen Volkskongresses und den
betreffenden Fachausschüssen Rücksprache halten.
Wenn der Rechtsausschuß des Nationalen Volkskongresses und die
betreffenden Fachausschüsse bei der Prüfung zu der Ansicht gelangen, daß
Verwaltungsrechtsnormen, territoriale Rechtsnormen oder Autonomie- oder
Einzelverordnungen im Widerspruch zur Verfassung oder zu Gesetzen stehen, das
festlegende Organ sie jedoch nicht ändert, kann der Konferenz der
Ausschußvorsitzenden schriftlich die Ansicht, zu der man bei der Prüfung gelangt
ist, und ein Vorschlag zur Aufhebung vorgelegt werden; die Konferenz der
Ausschußvorsitzenden beschließt, ob die Sache auf der Sitzung des Ständigen
Ausschusses zur Beratung und zum Beschluß vorgelegt wird.
§ 92 Das Prüfungsverfahren bei zu den Akten bei
anderen Organen gemeldeten territorialen Rechtsnormen, Autonomie- und
Einzelverordnungen sowie Regeln wird gemäß dem Prinzip des Schutzes der Einheit
des Rechtssystems von dem Organ bestimmt, zu dessen Akten die Vorschrift
gemeldet wird.
6. Kapitel: Ergänzende
Regeln
§ 93 Die Zentrale Militärkommission legt
Militärrechtsnormen entsprechend der Verfassung und den Gesetzen fest <41>.
Jedes Hauptquartier der Zentralen Militärkommission,
militärische Waffengattungen und Militärbezirke können entsprechend den
Gesetzen und den Militärrechtsnormen, Beschlüssen und Erlassen der Zentralen
Militärkommission innerhalb des betreffenden Zuständigkeitsbereichs
Militärregeln festlegen.
Die Militärrechtsnormen und Militärregeln werden innerhalb der
bewaffneten Kräfte durchgeführt.
Die Methoden der Festlegung, Änderung und Aufhebung von
Militärrechtsnormen und Militärregeln werden gemäß den Prinzipien der
Bestimmungen dieses Gesetzes von der Zentralen Militärkommission bestimmt.
§ 94 Dies Gesetz wird vom 1. Juli 2000 an
angewandt <42>.
Quelle: www.beinet.net.cn/law/index1.html
Anmerkungen:
<1> Vorschriften zum
Gesetz- und Verordnungsgebungsverfahren finden sich bisher über eine Reihe von
Normen zerstreut, insbesondere in der Verfassung, im Gesetz über die
Organisation des Nationalen Volkskongresses vom 10.12.1982, im
Territorialorganisationsgesetz - 1.7.79/1- und in der unten Anm.34 zitierten
Vorläufigen Verordnung über die Bestimmung von Verwaltungsrechtsnormen vom
21.4.1987. Ein besonderes Gesetzgebungsgesetz schien dem chinesischen
Gesetzgeber bisher nicht erforderlich, obwohl in den zwanzig Jahren seit Beginn
der wirtschaftlichen Öffnung Chinas Gesetze und Verordnungen in großer Zahl
ergangen sind (mehr als 370 Gesetze und diese Gesetze betreffende Beschlüsse,
über 800 Verwaltungsrechtsnormen, mehr als 7000 territoriale
Verwaltungsrechtsnormen und mehrere 10.000 Regeln haben das Recht der
Volksrepublik völlig neu gestaltet). Qiao Xiaoyang, einer der Vizevorsitzenden
des Rechtsordnungs-Arbeitsausschusses des Nationalen Volkskongresses, musste
sich daher auf einer Pressekonferenz zum Gesetzgebungsgesetz am 11. März 2000
die Frage eines Journalisten gefallen lassen, warum denn jetzt die Zeit für die
Verabschiedung des vorliegenden Gesetzes gekommen sei (RMRB vom 12. März 2000,
S. 7 www.peopledaily.com.cn/item/lifafa/0312.html). Qiao Xiaoyang erklärte, daß
das Gesetzgebungsgesetz helfen solle, die Mängel zu beheben, die in dieser
Phase des Aufbaus eines Rechtssystems in China aufgetreten seien, insbesondere
die Überschreitung von Gesetzgebungskompetenzen, Konflikte zwischen
Rechtsnormen und Regeln, qualitative Mängel bei der Gesetzgebung und
demokratische Defizite. All das verlange nach einem Gesetzgebungsgesetz.
Das Gesetzgebungsgesetz ist ein Jahrzehnt lang diskutiert
worden, und noch bis kurz vor seiner Verabschiedung am 15. März 2000 wurden
Änderungen am Entwurf vorgenommen:
Vorarbeiten begannen Anfang der 90er Jahre; bereits im 7.
Nationalen Volkskongreß forderten Abgeordnete eine klarere Abgrenzung der
Gesetzgebungskompetenzen. Nachdem das Gesetzgebungsgesetz auf den
"Gesetzgebungsplan des 8. Nationalen Volkskongresses" gesetzt worden
war, begann der Rechtsordnungs-Arbeitsausschuß des Nationalen Volkskongresses
in der zweiten Hälfte des Jahres 1993 im Auftrag der "Konferenz der
Ausschußvorsitzenden" (vgl. Anm. 24) mit der Ausarbeitung eines Entwurfes
des Gesetzes. Seit 1994 wurden nacheinander mehrere Entwürfe ausgearbeitet.
(Über einige davon haben auch ausländische Wissenschaftler schon berichtet.
Z.B. findet sich der "3. Entwurf des Gesetzgebungsgesetzes" vom 17.
Dezember 1994 in deutscher Übersetzung als Anhang 2 in Robert Heuser - Hrsg.-,
Wirtschaftsreform und Gesetzgebung, Hamburg 1996; die Besprechung eines anderen
Entwurfes vom Juni 1997 findet sich in Chris Hunter/ Kathy Butler, A Guide to
the Legal System of the PRC, Asia Law & Practise, Hongkong 1997; Peter
Corne, Reforming the PRC Legal System, China Law & Practise, Hongkong, Juni
1997, S. 29. Leider fehlt durchweg die Angabe der chinesischen Quellen.)
Chen Sixi, ebenfalls Vizevorsitzender des
Rechtsordnungs-Arbeitsausschusses, führt insgesamt sieben Entwürfe des
Gesetzgebungsgesetzes auf (Lifa fa de hexianxing yanjiu [Zur
Verfassungsmäßigkeit des Gesetzgebungsgesetzes] Beida falü zhoukan, 22. Ausgabe
2000, 162.105.148.4/flzk/flzk22-topic.htm):
Der erste (1) "Interne Versuchsentwurf des
Gesetzgebungsgesetzes" (lifa fa caoan neibu shi nigao) ist nach Chen Sixi
im November 1994 ausgearbeitet worden. Dieser Entwurf war das Ergebnis zweier
Treffen im Mai und Oktober 1994, die unter Beteiligung amerikanischer Juristen
vom Rechtsordnungs-Arbeitsausschuß und dem Juristischen Institut der
Chinesischen Akademie für Sozialwissenschaften einberufen worden waren. Im
August 1995 wurde von diesem Institut
ein (2) "Grundgesetz der Gesetzgebung (Versuchsentwurf)" (lifa
qiben fa (shi nigao)) ausgearbeitet. Auf einem weiteren Treffen Ende November
bis Anfang Dezember 1995 wurden neben amerikanischen auch deutsche Juristen
eingeladen, um über Erfahrungen bei der Gesetzgebung und über das
Gesetzgebungsverfahren in Amerika bzw. in Deutschland zu berichten. 1996 wurde
sowohl der (3) "interne Versuchsentwurf" des
Rechtsordnungs-Arbeitsausschusses als auch das (4) "Grundgesetz der Gesetzgebung
(Versuchsentwurf)" des genannten Instituts überarbeitet.
Im April 1997 berief der Rechtsordnungs-Arbeitsausschuß ein
Treffen von mehr als 80 Juristen und "Verantwortlichen der betreffenden
zentralen und territorialen Organe" ein. Wie im Mai 1994 fand auch dieses
Treffen in der Provinz Guangdong statt. Bei diesem Treffen wurde ein (5)
"Versuchsentwurf des Gesetzgebungsgesetzes" (lifa fa shi nigao)
diskutiert. Im Juni 1997 wurde dann ein (6) "Entwurf des
Gesetzgebungsgesetzes zur Einholung von Ansichten" (lifa fa caoan zhengjiu
yijian gao) an zentrale Organe, die Ständigen Ausschüsse der PAS-Volkskongresse
und einige juristische Forschungseinrichtungen verteilt.
Danach wurde erst wieder im August 1999 ein weiterer (7)
"Entwurf des Gesetzgebungsgesetzes" (lifa fa caoan) an eben diese
Organe und Institute verteilt. Dieser Entwurf war dann im Oktober 1999
Gegenstand der "Erläuterungen über das Gesetzgebungsgesetz (Entwurf)"
(Lifa fa (cao an) de shuoming, www.peopledaily.com.cn/item/lifafa/bj13.html) eines
weiteren Vizevorsitzenden des Rechtsordnungs-Arbeitsausschusses, Zhang
Chunsheng, auf der 12. Sitzung des Ständigen Ausschusses des 9. Nationalen
Volkskongresses.
Nach der 12. Sitzung des Ständigen Ausschusses wurde der Entwurf
ein weiteres Mal an betreffende Organe und Institute verteilt, um deren
Ansichten einzuholen. Auf der 13. Sitzung des Ständigen Ausschusses im Dezember
1999 wurde die "Mitteilung des Rechtsausschusses des Nationalen
Volkskongresses über die Ansichten bei der Beratung [des Gesetzesentwurfes]"
(quanguo renda falü weiyuanhui shenyi yijian de huibao) gehört. Erst nach zwei
weiteren Beratungen durch den Ständigen Ausschuß, bei denen offensichtlich noch
weitreichende Änderungen an dem Entwurf vorgenommen wurden, beschloss der
Ständige Ausschuß, den Entwurf des Gesetzgebungsgesetzes auf der 3. Sitzung des
9. Nationalen Volkskongresses zur Beratung vorzulegen.
Am 9. März 2000 war dieser vom Ständigen Ausschuß in die 3.
Sitzung des 9. Nationalen Volkskongresses eingebrachte Entwurf Gegenstand der
(zweiten) "Erläuterungen zum Gesetzgebungsgesetz (Entwurf)" (lifa fa
(cao an) de shuoming) des Vorsitzenden des Rechtsordnungs-Arbeitsausschusses,
Gu Angran (RMRB vom 10. März 2000, S. 2,
www.peopledaily.com.cn/item/lifafa/0310a.html). Vom 9. bis 11. März 2000 wurde
dieser Entwurf dann in den Delegationen (den nach Wahlkörperschaften
aufgeteilten Gruppen der Abgeordneten des Volkskongresses, vgl. unten Anm.18)
beraten.
Am 14. März 2000 verabschiedete das Präsidium des
Volkskongresses den "Bericht über die Ergebnisse bei der Beratung des
Gesetzgebungsgesetzes im Rechtsausschuß" (guanyu lifa fa (caoan) shenyi
jieguo de baogao, RMRB vom 15. März 2000, S. 2,
www.peopledaily.com.cn/item/lifafa/0315b.html) des Vorsitzenden des
Rechtsausschusses des Nationalen Volkskongresses, Wang Weicheng. Dem Bericht
ist zu entnehmen, daß der Entwurf, der in den Delegationen vom 9. bis 11. März
2000 beraten worden war, noch nicht diejenige Fassung des Gesetzgebungsgesetzes
darstellte, der dann am 15. März 2000 vom Nationalen Volkskongreß verabschiedet
worden ist. Die in dem Bericht zitierten Paragraphen finden sich nämlich in der
verabschiedeten Fassung des Gesetzgebungsgesetz nicht an der angegebenen Stelle
und andere Bestimmungen wurden nicht unwesentlich verändert (im einzelnen vgl.
die Anm. zu den §§ 1, 6, 8 Nr. 5 und 6, §§ 47, 90, 93 und 94).
<2> Chin. "yi fa
zhi guo". Das Prinzip der "Herrschaft aufgrund des Rechts” wurde erst
am 3.3.1999 in die Verfassung der Volksrepublik China aufgenommen, mit dem
damals (Ggb 390) neu eingefügten Art. 5 Abs. 1: "Die Volksrepublik China
übt die Herrschaft aufgrund des Rechts (yi fa zhi guo) aus, [und] baut einen
sozialistischen Rechtsstaat (shehui zhuyi fazhi guojia) auf".
Dieses Prinzip ist in Verbindung mit dem Begriff "Rechtsherrschaft"
(fazhi) als Gegensatz zur in der maoistischen Ära vorherrschenden
"Personenherrschaft" (renzhi) zu verstehen (vgl. zu der
"renzhi"/ "fazhi"-Debatte in China auch Robert Heuser,
Einführung in die Chinesische Rechtskultur, Hamburg 1999, S. 162f). Dabei darf
allerdings nicht übersehen werden, daß man sich von der Wyschinskijschen
Auffassung vom Recht als bloßem Werkzeug der Kommunistische Partei (KP) zur
Durchsetzung ihrer Ziele nicht deutlich abgesetzt hat. Dies zeigt eindrucksvoll
die Äußerung von Wang Jiafu ("Auszugsweiser Abdruck der Reden von
Ausschussmitgliedern bei der Beratung über den Entwurf des
Gesetzgebungsgesetzes in Gruppen auf der 12. Sitzung des Ständigen Ausschusses
des 9. Nationalen Volkskongresses (1)" (jiu jie quanguo renda changweihui
di shi er ci huiyi fenzu shenyi lifa fa caoan weiyuan fayan zhai deng,
www.peopledaily.com.cn/item/lifafa/bj09.html): "Das Gesetzgebungsgesetz
ist ein großes Gesetz von überragender Bedeutung, [das dazu dient], den Willen
der Partei in den Willen des Staates zu verwandeln, dem Staat Ordnungen zu
setzen und die Grundlage für die Beherrschung des Landes aufgrund des Rechts zu
legen...."
Das "fa zhi" (zhi mit Wasser als Radikal), Regierung
mit dem Recht, Rechtsherrschaft, steht auch in einem gewissen Gegensatz zu
"fazhi" (zhi mit Metall als Radikal), Rechtsordnung: lange wollten
die offiziellen Reformer nur eine Rechtsordnung eben als Werkzeug, aber keine
Herrschaft des Rechts, und das fazhi=Rechtsherrschaft ist in den letzten
Jahren, fast könnte man sagen, zunächst unter der Hand eingeschmuggelt worden.
<3> Gesetze (falü)
werden nach dem in den §§ 7 bis 55 geregelten Verfahren vom Nationalen
Volkskongreß oder seinem Ständigen Ausschuß verabschiedet. Grundlegende Gesetze
(jiben falü), die der Nationale Volkskongreß gemäß § 7 Abs. 2 verabschieden
muß, werden als Gesetz (fa) bezeichnet. Ganz überwiegend bezeichnet auch der
Ständige Ausschuß Gesetze, die von ihm verabschiedetet werden, als Gesetz (fa).
Allerdings ist es in der Vergangenheit vorgekommen, daß der Ständige Ausschuß
auch den Begriff "Verordnung" (tiaoli) gewählt hat (vgl. zu einem
Beispiel aus 1980: Robert Heuser, Einführung in die Chinesische Rechtskultur,
Hamburg 1999, S. 187f). Eine weitere Handlungsform des Nationalen Volkskongresses
und des Ständigen Ausschusses sind Beschlüsse (jueding), durch die Gesetze
ergänzt werden können (Bsp.: Ergänzung des Strafgesetzes durch den
"Beschluß des Ständigen Ausschusses über die Bestrafung von Verstößen
gegen das Gesellschaftsgesetz" (quanguo renda changweihui guanyu chengzhi
weifan gongsi fa de fanzui de jueding) vom 28. Februar 1995).
Verwaltungsrechtsnormen (xingzheng fagui) werden durch den
Staatsrat als Zentralregierung nach den §§ 56 bis 62 erlassen. Sie ergehen nach
der Vorläufigen Verordnung über die Bestimmung von Verwaltungsrechtsnormen vom
21.4.1987 (unten Anm.34) als Verordnungen (tiaoli), Bestimmungen (guiding) oder
Methoden (banfa). Daneben kann sich der Staatsrat auch in Form von Mitteilungen
(tongzhi) an andere zentralstaatliche oder territoriale Exekutivorgane wenden,
um verbindliche Anweisungen für die Geltung von Gesetzen zu geben.
Die Volkskongresse der PAS und deren Ständige Ausschüsse können
nach den Vorschriften der §§ 63 bis 65 territoriale Rechtsnormen (difangxing
fagui) verabschieden, die aber nicht Gesetze genannt werden. Das
Gesetzgebungsgesetz verwendet vielmehr für sie den gleichen Ausdruck (fagui,
Rechtsnormen) wie für die die Normen der zentralstaatlichen Exekutive.
Die Volkskongresse der autonomen Gebiete von nationalen
Minderheiten können gemäß § 66 Autonomieverordnungen (zizhi tiaoli) und
Einzelverordnungen (danxing tiaoli) erlassen.
<4> Regeln (guizhang)
werden von den Abteilungen des Staatsrates und den territorialen Regierungen
der PAS und der größereren Städte nach den §§ 71 bis 77 erlassen. Sie ergehen
grundsätzlich in Form von Bestimmungen (guiding) oder Methoden (banfa).
Außerdem können Abteilungen des Staatsrates detaillierte Durchführungsregeln (shishi
xize) für die vom Nationalen Volkskongreß verabschiedete Gesetze erlassen.
<5> Die Vorschrift
wurde auf Grund eines Vorschlages des Rechtsausschusses ergänzt. Wang Weicheng
hatte in seinem "Bericht über die Ergebnisse bei der Beratung des
Gesetzgebungsgesetzes im Rechtsausschuß" (RMRB vom 15. März 2000, S. 2,
www.peopledaily.com.cn/item/lifafa/0315b.html) dargelegt, daß es die Aufgabe
des Gesetzgebers sei, nicht nur Rechte und Pflichten der Bürger, sondern auch
Rechte und Pflichten der juristischen Personen und anderer Organisationen bei
der Gesetzgebung festzulegen.
<6> Vgl. Art. 58
Verfassung der Volksrepublik China.
<7> Vgl. Art. 62 Nr.
3 Verfassung der Volksrepublik China.
<8> Vgl. Art. 67 Nr.
2 Verfassung der Volksrepublik China.
<9> Vgl. Art. 67 Nr.
3 Verfassung der Volksrepublik China.
<10> Geht man nach
dem am 14.3.2000 abgegebenen "Bericht über die Ergebnisse bei der Beratung
des Gesetzgebungsgesetzes im Rechtsausschuß" (RMRB vom 15. März 2000, S.
2, www.peopledaily.com.cn/item/lifafa/0315b.html) von Wang Weicheng, so
unterfielen in dem Entwurf des Gesetzgebungsgesetz, der den Beratungen in den
Delegationen vom 9. bis 11. März zugrunde lag, allein die Sanktionen (chufa)
zur Beschränkung der körperlichen Freiheit dem Gesetzesvorbehalt des § 8.
Jedoch seien, erklärte Wang Weicheng, einige Abgeordnete der Ansicht, daß auch
Zwangsmaßnahmen (qiangzhi cuoshi) nur durch Gesetz bestimmt werden könnten. Er
schlug deshalb die Änderung des § 8 Nr. 5 in die jetzt verabschiedete Fassung
vor.
Merkwürdig ist dabei aber, daß sich nach den "Erläuterungen
über das Gesetzgebungsgesetz (Entwurf)"
(www.peopledaily.com.cn/item/lifafa/bj13.html) von Zhang Chunsheng bereits im
Oktober 1999 der dort behandelten Entwurf des Gesetzgebungsgesetzes den Gesetzesvorbehalt
auch auf Zwangsmaßnahmen zur Beschränkung der körperlichen Freiheit erstreckte.
Auch die offizielle Fassung der "Erläuterungen über das
Gesetzgebungsgesetz (Entwurf)" von Gu Angran
(www.peopledaily.com.cn/item/lifafa/0310b.html) enthielt bereits die verabschiedete
Fassung des § 8 Nr. 5, obwohl Gu Angran diese Erläuterungen am 9.März 2000 gab,
noch vor den Beratungen des Entwurfes in den Delegationen und daher auch vor
dem Bericht über die Ergebnisse dieser Beratungen durch Wang Weicheng. Hieraus
könnte man folgern, daß der Bericht von Wang Weicheng eine Abänderung des
Entwurfes vorschlug, der ins Leere ging, da der aktuelle Entwurf den
Gesetzesvorbehalt bereits auf Zwangsmaßnahmen erstreckte. Untermauert wird
diese Vermutung durch § 9. Denn § 9 Satz 2 enthält hinsichtlich Sanktionen und
Zwangsmaßnahmen eine Gegenausnahme zu der grundsätzlich bestehenden
Möglichkeit, daß der Nationale Volkskongreß oder sein Ständiger Ausschuß den
Staatsrat zum Erlaß von Verwaltungsrechtsnormen zu den in § 8 festgelegten Gegenständen
ermächtigt. Ein Änderungsvorschlag im Hinblick auf § 8 Nr. 5 macht daher nur
Sinn, wenn zugleich auch die Änderung des § 9 vorgeschlagen worden wäre.
<11> Einziehung:
chin. zhengshou. Die Bedeutung des Begriffes hier ist nicht ganz klar. Denn er
wird sonst durchweg für die Einziehung von Steuern verwandt. "Grundlegende
Regelungen" für Steuern werden aber in Nr. 8 dieses Paragraphen gesondert
aufgeführt. Aus den "Erläuterungen über das Gesetzgebungsgesetz (Entwurf)"
(www.peopledaily.com.cn/item/lifafa/bj13.html) von Zhang Chunsheng (dem
stellvertretenden Vorsitzenden des Rechtsarbeitsausschusses des Ständigen
Ausschusses des Nationalen Volkskongresses) ergibt sich, daß im Oktober 1999 in
der entsprechenden Vorschrift des damaligen Entwurfes nicht allgemein von
"Einziehung" die Rede war, sondern von "Zwangsmaßnahmen
gegenüber Vermögen wie Versiegelung
(chafeng), Verpfändung (kouya), Einfrieren (dongjie) oder zwangsweiser
Überweisung (qiangzhe huabo)"; das sind Zwangsvollstreckungsmaßnahmen,
teils nur vorläufiger Natur, nach dem Prozeßrecht. Mit der jetzigen Fassung
wird aber auch ein Bereich unter Gesetzesvorbehalt gestellt, den man mit dem
Gesetzgebungsgesetz ganz besonders dringend unter Kontrolle bringen will: die
Erhebung von Gebühren und Bußen. Mit der Gesetzgebung dürfe keine private Ware
eingeschmuggelt werden, schreibt Cui Shixin
(www.peopledaily.com.cn/item/lifafa/991110.html), will sagen: die einzelnen
Behörden müßten endlich daran gehindert werden, zu ihrem eigenen finanziellen
Wohle immer höhere Bußen und Gebühren festzusetzen. Auch in den
veröffentlichten Äußerungen der Abgeordneten klingt das an.
<12> Diese in § 9
Satz 1 festgelegte "exekutive Gesetzgebungskompetenz" des Staatsrates
steht neben seiner Aufgabe gemäß § 56 Nr. 1, Verwaltungsrechtsnormen zur
Durchführung von Gesetzen festzulegen.
Gemäß Art. 85 Verfassung der Volksrepublik China bildet der
Staatsrat das höchste Verwaltungsorgan der Volksrepublik China. Als solches ist
der Staatsrat für die Durchführung der vom Nationalen Volkskongreß und seinem
Ständigen Ausschuß verabschiedeten Gesetze verantwortlich. Zur Erfüllung dieser
Aufgabe kann der Staatsrat nach Art. 89 Nr. 1 Verfassung der Volksrepublik
China gemäß der Verfassung und den Gesetzen Verwaltungsrechtsnormen, Regeln, Beschlüsse
und Erlasse festlegen. Die teilweise Übertragung der Gesetzgebungskompetenz auf
den Staatsrat durch den Nationalen Volkskongreß oder seinen Ständigen Ausschuß
in der Form des § 9 Satz 1 ist in der Verfassung hingegen nicht ausdrücklich
vorgesehen.
Auf eine solche Befugnis des Nationalen Volkskongresses und des
Ständigen Ausschusses kann allein aus Art. 89 Nr. 18 Verfassung der
Volksrepublik China geschlossen werden: Art. 89 Nr. 18 Verfassung der
Volksrepublik China bestimmt nämlich, daß der Staatsrat die Aufgabe hat, andere
als die in den Nrn. 1 bis 17 aufgeführten Aufgaben wahrzunehmen, die ihm vom
Nationalen Volkskongreß oder dessen Ständigen Ausschuß übertragen wurden. Art.
89 Nr. 18 Verfassung der Volksrepublik China geht somit ohne weiteres davon
aus, daß der Nationalen Volkskongreß oder dessen Ständiger Ausschuß Kompetenzen
jeder Art und damit auch die Kompetenz zum Erlaß von Gesetzen in Form von
Verwaltungsrechtsnormen auf den Staatsrat übertragen kann.
Eine solche Übertragung von Gesetzgebungskompetenzen erfolgte in
den achtziger Jahren zweimal (vgl. Zhang Chunsheng: Erläuterungen zum
Gesetzgebungsgesetz (Entwurf), www.peopledaily.com.cn/item/lifafa/bj13.html):
1984 ermächtigte der Ständige Ausschuß den Staatsrat, das System der Besteuerung
von Industrie und Handel (gong shang shui zhi) durch den Erlaß von
entsprechenden Steuerverordnungen zu reformieren. 1985 wurde der Staatsrat
wiederum vom Ständigen Ausschuß ermächtigt, vorläufige Bestimmungen oder
Verordnungen über die Reform der Wirschaftsordnung (jingji tizhi gaige) und
hinsichtlich Chinas Öffnung nach außen (duiwai kaifang) festzulegen.
Daß trotz der offiziellen Ablehnung der Drei-Gewaltenlehre auch
chinesischen Rechtswissenschaftlern bei dieser unklaren Trennung von
Legislative und Exekutive nicht ganz wohl ist, zeigen Äußerungen mehrerer
Wissenschaftler in dem in Anm. 1 zitierten Aufsatz zur "Verfassungsmäßigkeit des
Gesetzgebungsgesetzes" und aus einem weiteren Aufsatz von Qiao Xiaoyang,
"Ansichten über die klarere Aufteilung der Gesetzgebungskompetenzen"
(guanyu jinyibu mingjue huafen lifa quanxian de yijian,
www.peopledaily.com.cn/item/lifafa/bj04.html). Auch Wang Lei von der
Juristischen Fakultät der Peking-Universität merkt an
(www.peopledaily.com.cn/item/lifafas/bj02.html), daß zwar Gesetzgebung (lifa),
Rechtsprechung (sifa) und Verwaltung (xingzheng) Gemeinsamkeiten hätten, man
aber wegen dieser Gemeinsamkeiten nicht die "Arbeitsteilung" zwischen
ihnen negieren dürfe. In keinem Lehrbuch über das Verfassungsrecht eines Landes
der Erde finde sich eine Blaupause für die Aufteilung der
Gesetzgebungskompetenz zwischen Nationalem Volkskongreß und Staatsrat, da es
sich hierbei eben nicht um die Aufteilung von Gesetzgebungskompetenzen, sondern
um die Trennung von Gesetzgebung und Verwaltung handele.
Qiao Xiaoyang, der in seinem Aufsatz offenbar eine Ermächtigung
des Staatsrates durch den Nationalen Volkskongreß oder dessen Ständigen
Ausschuß für entbehrlich hält, hat für die Notwendigkeit der in § 9 festgelegten
Gesetzgebungskompetenz des Staatsrates eine recht pragmatische Begründung: Eine
Festlegung durch formelles Gesetz bei allen Angelegenheiten, die durch den
Nationalen Volkskongreß oder dessen Ständigen Ausschuß geregelt werden müßten,
sei nicht praktikabel. Weder die Abgeordneten des Nationalen Volkskongresses
noch die Abgeordneten des Ständigen Ausschusses seien Berufspolitiker, so daß
häufige Tagungen unmöglich seien, die Anzahl der durch Gesetz zu regelnden
Angelegenheiten jedoch sehr groß sei. Außerdem seien aufgrund des laufenden
Reformprozesses die Vorausaussetzungen für die Festlegung durch Gesetz
hinsichtlich einiger Fragen noch nicht reif.
Ähnlich wie Qiao Xiaoyang erklärt auch Zhang Chunsheng in seinen
"Erläuterungen zum Gesetzgebungsgesetz (Entwurf)" (www.peopledaily.com.cn/item/lifafa/bj13.html),
daß bis zur Vollendung eines vollständigen Rechtssystems im Jahre 2010 einige
Angelegenheiten noch nicht reif für eine Regelung durch formelles Gesetz seien.
Als Beispiele nennt er das Sozialversicherungsgesetz und verschiedene
Steuergesetze. Es sei daher gegenwärtig erforderlich, die Übertragung von
Gesetzgebungskompetenzen auf den Staatsrat beizubehalten. Zugleich solle jedoch
diese Übertragung von Gesetzgebungskompetenzen standardisiert und
perfektioniert werden. Hierzu seien die Regelungen in den §§ 9, 10 und 11 im
Gesetzgebungsgesetz getroffen worden. Mit der allmählichen Vervollständigung
der Gesetze und der Herausbildung einer umfassenden Rechtsordnung werde sich
der Umfang der Übertragung von Gesetzgebungskompetenzen von selbst reduzieren.
<13> Zu beachten ist,
daß diese Gegenausnahme in § 9 Satz 2 nicht für Zwangsmaßnahmen gilt, die eine
Einziehung von privatem Vermögen betreffen. Dies ist eine Folge der bereits in
Anm. 10 behandelten Trennung der Zwangsmaßnahmen, die die körperliche Freiheit
beschränken, in § 8 Nr. 5 (z.B. Erziehung durch Arbeit (laodong jiaoyang)), von
den Zwangsmaßnahmen zur Einziehung von Vermögen in § 8 Nr. 6. Der durch die
Regelung in einer eigenen Nummer des § 8 auf den ersten Blick verstärkte
Gesetzesvorbehalt für die Einziehung von Vermögen wird in Wirklichkeit mit der
Nichtaufführung dieser Zwangsmaßnahmen in der Gegenausnahme des § 9 Satz 2 in
sein Gegenteil verkehrt, denn damit kann der Staatsrat zum Erlaß von
Verwaltungsrechtsnormen über die zwangsweise Einziehung von Vermögen durch den
Nationalen Volkskongress und seinen Ständigen Ausschuß ermächtigt werden.
<14> Chin. "bei
shouquan jiguan". Es stellt sich natürlich die Frage, warum der
chinesische Gesetzgeber an dieser Stelle nicht den Begriff
"Staatsrat" zur Bezeichnung des nach § 9 Satz 1 ermächtigten Organs
gewählt hat. Auszuschließen ist, daß diese Bezeichnung gewählt wurde, um die
Anwendbarkeit des § 10 auch auf Organe sicherzustellen, denen der Staatsrat
seinerseits die Ermächtigung nach § 9 Satz 1 weiterübertragen hat. Denn gemäß §
10 Satz 2 ist eine weitere Übertragung der Ermächtigung nicht möglich.
Denkbar wäre allerdings die Auslegung des Begriffes
"Staatsrat" in § 9 Satz 1 als "Staatsrat einschließlich seiner
Abteilungen". Dann wäre § 9 Satz 1 dahingehend zu verstehen, daß der
Nationale Volkskongress und sein Ständiger Ausschluß auch die Ministerien,
Ausschüsse und andere Organe unterhalb des Staatsrates zum Erlaß von
Verwaltungsrechtsnormen hinsichtlich Angelegenheiten ermächtigen kann, die
grundsätzlich dem Gesetzesvorbehalt des § 8 unterstehen.
<15> Vgl. zum
Gesetzgebungsverfahren vor dem Nationalen Volkskongreß auch Art. 72 Verfassung
der Volksrepublik China und das "Gesetz über die Organisation des
Nationalen Volkskongresses" (oben Anm. 1).
Aus dem Gesetgebungsgesetz ergibt sich ein dreistufiges
Vorlagerecht:
a. Unmittelbar kann nur das
Präsidium des Nationalen Volkskongresses einen Gesetzesentwurf im Nationalen
Volkskongreß einbringen, § 12 Abs 1.
b. Gesetzesvorlagen des
Ständigen Ausschusses, des Staatsrats, der Zentralen Militärkommission, des
Obersten Volksgerichts, der Obersten Volkstaatsanwaltschaft und der
Fachausschüsse werden vom Präsidium in die Tagesordnung (yihui yicheng) des
Nationalen Volkskongresses aufgenommen (lieru), § 12 Abs. 2.
c. Hinsichtlich
Gesetzesvorlagen einer Delegation oder einer Gruppe von mehr als 30
Abgeordneten gibt § 13 dem Präsidium zwei Verfahren zur Hand: Entweder das
Präsidium beschließt unmittelbar die Aufnahme oder Nichtaufnahme in die
Tagesordnung (§ 13, 1. Alt.) oder es gibt die Gesetzesvorlage zunächst an den
betreffenden Fachausschuß zur Beratung ab (§13, 2. Alt.). Der Fachausschuß legt
nach der Beratung dem Präsidium seine Ansicht über die Aufnahme oder
Nichtaufnahme in die Tagesordnung vor. Erst dann beschließt das Präsidium die
Aufnahme oder Nichtaufnahme der Gesetzesvorlage in die Tagesordnung des
Nationalen Volkskongresses.
Die schwerfällig wirkende chinesische Formulierung
"Beschluß der Aufnahme oder Nichtaufnahme in die Tagesordnung"
(jueding shi fou lieru huiyi yicheng) haben wir bewußt wörtlich in die deutsche
Übersetzung übernommen. Denn bei einem Vergleich des § 13 und des § 12 Abs. 2
fällt auf, daß nach der Formulierung in § 12 Abs. 2 ("Beschluß der Aufnahme
in die Tagesordnung" (jueding lieru huiyi yicheng)) dem Präsidium bei
einer Gesetzesvorlage durch die dort genannten Organe gerade keine Befugnis zum
Beschluß der Nichtaufnahme in die Tagesordnung eingeräumt wird. Das
Gesetzesvorlagerecht der in § 12 Abs. 2 genannten Organe ist daher offenbar
nicht durch eine Überprüfungskompetenz des Präsidiums beschränkt.
<16> Chin.
"zhuxi tuan". Gemäß Art. 61 Abs. 2 Verfassung der Volksrepublik China
wird das Präsidium auf Sitzungen des Nationalen Volkskongresses gewählt. Es
leitet die Sitzungen des Nationalen Volkskongresses.
<17> Chin.
"shenyi", wörtlich: überprüfen und diskutieren. Da es sich hierbei um
einen zentralen Begriff im vorliegenden Gesetzes handelt, der dementsprechend
häufig verwendet wird, haben wir "shenyi" einheitlich knapp mit
"beraten" übersetzt.
<18> Chin.
"daibiao tuan”. Gemeint sind die Delegationen von Abgeordneten aus den PAS
und den Abgeordneten, die von der Volksbefreiungsarmee in den Nationalen
Volkskongreß gewählt werden, vgl. Art. 59 Verfassung der Volksrepublik China.
<19> Hier bleibt
unklar, nach welchem "betreffenden Verfahren gemäß den Bestimmungen des
zweiten Kapitels, dritter Abschnitt" die Gesetzesvorlage vom Ständigen
Ausschuß beraten werden soll. Wird zunächst das Verfahren über die Einbringung
eines Gesetzesentwurfes in den Ständigen Ausschuß nach den §§ 24 bis 26
durchgeführt? Findet die Vorschrift des §§ 27, 28 Anwendung, nach der eine
Gesetzesvorlage grundsätzlich dreimal auf Sitzungen des Ständigen Ausschusses
beraten wird? Oder sollen nur die Bestimmungen der §§ 29 bis 37 entsprechend
angewendet werden, die das Verfahren der Gruppenberatungen und die Befugnisse
der Gruppen zur Anhörung anderer Organe, Organisationen und Experten betreffen?
<20> Chin.
"ti'an ren de shuoming". Die Erläuterungen des Organs, das den
Gesetzesentwurf in den Nationalen Volkskongress einbringt, wird grundsätzlich
im Amtsblatt des Ständigen Ausschusses veröffentlicht. Der Entwurf des
vorliegenden Gesetzes wurde von Gu Angran, Vorsitzender des Rechtsordnungs-Arbeitsausschusses,
am 9. März 2000 auf der 3. Sitzung des 9. Nationalen Volkskongresses erläutert
(RMRB vom 10. März 2000, www.peopledaily.com.cn/item/lifafa/0310a.html).
<21> Chin.
"shenyi jieguo de baogao". Den Bericht über die Ergebnisse der Beratungen
über den Entwurf des vorliegenden Gesetzes erstattete der Vorsitzende des
Rechsausschusses, Wang Weicheng (vgl. Anm. 10). Der Bericht wurde am 14. März
2000 auf der 3. Sitzung des Präsidiums der 3. Sitzung des 9. Nationalen
Volkskongresses angenommen und im Amtsblatt des Ständigen Ausschusses und in
der Volkszeitung (RMRB vom 15. März 2000, S. 2,
www.peopledaily.com.cn/item/lifafa/0315b.html) veröffentlicht.
<22> Fraglich bleibt
in § 21, zu welcher Art von Beschluß der Nationale Volkskongreß den Ständigen
Ausschuß ermächtigen kann. Diese Frage stellt auch der Abgeordnete Huan
Juecailang (nach dem auszugsweisen Abdruck der Reden von Ausschussmitgliedern
bei der Beratung über den Entwurf des Gesetzgebungsgesetzes in Gruppen auf der
12. Sitzung des Ständigen Ausschusses des 9. Nationalen Volkskongresses (1),
www.peopledaily.com.cn/item/lifafa/bj09.html): "Heißt einen Beschluß
fassen (zuochu jueding), daß ein Beschluß über die Lösung oder Behandlung der
schwerwiegenden Frage getroffen wird? Oder heißt "einen Beschluß fassen”,
darüber zu beschließen, ob der Gesetzesentwurf verabschiedet wird oder nicht?
Dies wird nicht klar und ich schlage vor, das klarzustellen.”
Der zweite Halbsatz von § 21 legt eine Auslegung dahingehend
nahe, daß der Ständige Ausschuß gemäß § 21, 1. Halbsatz vom Nationalen
Volkskongreß ermächtigt werden kann, den Gesetzesentwurf selbst zu
verabschieden und dem Nationalen Volkskongreß dann nur noch zu einem Bericht
über diesen Beschluß verpflichtet ist. Denn nur nach der Alternative im zweiten
Halbsatz von § 21 muß der Nationale Volkskongreß noch über den Gesetzesentwurf
nach Vorlage durch den Ständigen Ausschuß beschließen, während das Verfahren in
§ 21, 1. Halbsatz keinen weiteren Beschluß durch den Nationalen Volkskongreß
mehr vorsieht.
<23> Ähnlich dem in
Anm. 15 dargestellten Vorlageverfahren, ergibt sich auch beim
Gesetzgebungsverfahren vor dem Ständigen Ausschuß ein dreistufiges
Vorlagerecht:
a. Die Konferenz der
Ausschußvorsitzenden kann unmittelbar einen Gesetzesentwurf in die Sitzung des
Ständigen Ausschusses einbringen, § 24 Abs. 1.
b. Bei Gesetzesvorlagen des
Staatsrates, der Zentralen Militärkommission, des Obersten Volksgerichts, der
Obersten Volksstaatsanwaltschaft und der Fachausschüsse kann die Konferenz der
Ausschußvorsitzenden zwischen drei Verfahren wählen, § 24 Abs. 2: Entweder wird
die Gesetzesvorlage von der Konferenz der Ausschußvorsitzenden unmittelbar in
die Tagesordnung des Ständigen Ausschusses aufgenommen. Oder die Konferenz der
Ausschußvorsitzenden gibt den Gesetzesentwurf zunächst an die betreffenden
Fachausschüsse zur Beratung sowie zur Vorlage eines Berichts ab und beschließt
dann über die Aufnahme in die Tagesordnung des Ständigen Ausschusses. Wenn die
Konferenz der Ausschußvorsitzenden der Ansicht ist, daß eine weitere
Untersuchung von schwerwiegenden Fragen des Gesetzesentwurfes erforderlich ist,
hat sie außerdem die Möglichkeit, dem Antragsteller zu empfehlen, den
Gesetzesentwurf erst nach einer Änderung und Vervollständigung wieder dem
Ständigen Ausschuß vorzulegen.
c. Hinsichtlich
Gesetzesvorlagen von mehr als 10 Mitglieder des Ständigen Ausschusses bestehen
wiederum zwei verschiedene Verfahren, §25: Entweder beschließt die Konferenz
der Ausschußvorsitzenden unmittelbar über die Aufnahme oder Nichtaufnahme in
die Tagesordnung des Ständigen Ausschusses. Oder die Konferenz der
Ausschußvorsitzenden gibt den Gesetzesentwurf zunächst an die betreffenden
Fachausschüsse zur Beratung sowie zur Vorlage einer Ansicht über dessen
Aufnahme oder Nichtaufnahme in die Tagesordnung ab und beschließt erst dann
dessen Aufnahme oder Nichtaufnahme in die Tagesordnung.
Auch beim Verfahren der Einbringung von Gesetzen in den
Ständigen Ausschuß des Nationalen Volkskongresses handelt es sich bei dem
Beschluß über die Aufnahme in die Tagesordnung nach dem Wortlaut in § 24 um
eine gebundene Entscheidung der Konferenz der Ausschussvorsitzenden, während in
§ 25 die Konferenz der Ausschussvorsitzenden auch die Nichtaufnahme des
Gesetzesentwurfes in die Tagesordnung beschließen kann (vgl. auch Anm. 15).
<24> Die
"Konferenz der Ausschußvorsitzenden" besteht gem. Art. 68 Abs. 2
Verfassung der Volksrepublik China aus dem Vorsitzenden, den stellvertretenden
Vorsitzenden sowie dem Generalsekretär des Ständigen Ausschusses.
<25> Chin.
"ti'an ren de shuoming", vgl. Anm. 20. Der Entwurf des vorliegenden
Gesetzes vom August 1999 wurde von Zhang Chunsheng auf der 12. Sitzung des
Ständigen Ausschusses des 9. Nationalen Volkskongresses erläutert (Erläuterungen
über das Gesetzgebungsgesetz (Entwurf),
www.peopledaily.com.cn/item/lifafa/bj13.html).
<26> Chin.
"fenzu huiyi". Gemeint sind Arbeitsgruppen zu einzelnen Entwürfen
oder Fragen. Sie werden ad hoc, nach fachlichen und persönlichen Interessen und
Fähigkeiten gebildet.
<27> Chin.
"shenyi jieguo de baogao", vgl. Anm. 21 und § 31.
<28> Rechtsausschuß
und Fachausschüsse sind Ausschüsse des Nationalen Volkskongresses, nicht seines
Ständigen Ausschusses. Nicht ganz klar ist, was mit "Arbeitsorganen"
des Ständigen Ausschusses gemeint ist. Es könnten die nach § 28 des
"Gesetzes über die Organisation des Nationalen Volkskongresses der VR
China" vom 10.12.1982 vom Ständigen Ausschuß gebildeten
"Arbeitsausschüsse" gemeint sein, insbesondere der "Rechtsarbeitsausschuß",
der bei der Ausarbeitung von Gesetzesentwürfen eine große Rolle spielt, aber in
diesem Gesetz merkwürdigerweise nicht erwähnt wird - falls er nicht eben hier
und in §§ 34 II, 35, 36, 44, 55, 90 I, II als eines der
"Arbeitsorgane" auftaucht. Es könnte daneben oder allein auch das
nach § 27 des gleichen Gesetzes gebildete Büro des Ständigen Ausschusses
gemeint sein. Wenn allein das Büro gemeint sein sollte, müßte hier und in den
anderen eben genannten Paragraphen "Arbeitsorgan" im Singular übersetzt
werden.
<29> Gemäß Art. 67
Nr. 1 und Nr. 4 Verfassung der Volksrepublik China hat der Ständige Ausschuß
die Aufgabe und das Recht, die Verfassung und die Gesetze auszulegen. Seit 1982
hat der Ständige Ausschuß jedoch nur sieben Mal von diesem Recht zu "Legislativinterpretationen"
(lifa jieshi) Gebrauch gemacht (Peter Corne, The New PRC, Legislation Law: The
Emperor´s New Clothes?, China Law & Practise, Hongkong, Mai 2000, S. 31;
vgl. zu einem Bsp. der Legislativinterpretation zum "Gesetz der VR China
über Bodenschätze" Harro von Senger, Einführung in das chinesische Recht,
München 1994, S. 179).
Hingegen hat das Oberste Volksgericht in der Vergangenheit viele
wichtige, oft umfangreiche Interpretationen von Gesetzen aus eigener Initiative
heraus vorgenommen und in seinem Amtsblatt veröffentlicht, obwohl die
Verfassung eine solche Aufgabe nicht vorsieht. Jüngstes Beispiel ist die
"Erläuterungen des Obersten Volksgerichts zu einigen Fragen des
Vertragsgesetzes" (15.3.1999/1) vom 19. Dezember 1999.
Gesetzliche Grundlage für diese "justizielle
Auslegung" (sifa jieshi) durch das Oberste Volksgericht sind der
"Beschluß des Ständigen Ausschusses über Fragen bei der Auslegung von
Gesetzen" (quanguo renmin daibiao dahui changwu weiyuan hui guanyu jieshi
falü wenti de jueyi) vom 23. Juni 1955 und der "Beschluß des Ständigen
Ausschusses über die Verstärkung der Arbeit der Gesetzesauslegung"
(quanguo renmin daibiao dahui changwu weiyuan hui guanyu jiaqiang falü jieshi
gongzuo de jueyi) vom 10. Juni 1981. Nach ihnen kann das Oberste Volksgericht
zu sämtlichen Fragen, die zur konkreten Anwendung von Gesetzen oder Erlassen
bei der Rechtssprechungstätigkeit der Gerichte gehören, Auslegungen geben.
Das Oberste Volksgericht selbst hat außerdem am 23. Juni 1997
"Einige Bestimmungen über die Auslegungsarbeit" (zuigao renmin fayuan
guanyu jieshi gongzuo de ruogan guiding) erlassen. Nach diesen Bestimmungen
kann die justizielle Auslegung durch das Oberste Volksgericht in drei Formen,
nämlich als Auslegungen (jieshi), Bestimmungen (guiding) und Antworten (pifu),
erfolgen. Nach dem Wortlaut der Beschlüsse von 1955 und 1981 können allein die
zuletzt genannten Antworten als Wahrnehmung der Aufgaben des Obersten
Volksgerichts angesehen werden. Denn die Form der Antworten (pifu) wählt das
Oberste Volksgericht, wenn es auf Anfragen von anderen Gerichten die Auslegung
zur konkreten Anwendung von Gesetzen bei der Rechtsprechungstätigkeit vornimmt.
Mit der Form der Auslegung (jieshi) kann das Oberste Volksgericht hingegen aus
eigener Initiative und ohne von einem konkreten Fall auszugehen bestimmen, wie
Gesetze anzuwenden sind. Nicht selten werden so durch das Oberste Volksgericht
Lücken in der Gesetzgebung geschlossen, zumal sämtlichen Auslegungen gemäß § 4
der Bestimmungen des Obersten Volksgerichts von 1997 Gesetzeskraft zukommt. Mit
diesen in den kommunistischen Ländern allgemein üblichen Auslegungen durch das
oberste Gericht wird bewußt die westliche Trennung von Legislative und
Judikative mißachtet.
Das Verhältnis der Legalinterpretationen durch das Oberste
Volksgericht zu denen des Ständigen Ausschusses war offensichtlich auch
Streitpunkt bei der Diskussion über die Entwürfe des Gesetzgebungsgesetzes. Aus
den Erläuterungen über das Gesetzgebungsgesetz (Entwurf)
(www.peopledaily.com.cn/item/lifafa/bj13.html) von Zhang Chunsheng ergibt sich
nämlich, daß in § 49 des Entwurfes vom Oktober 1999 eine Bestimmung vorgesehen
war, die die Befugnis des Obersten Volksgerichts wieder auf seine
Auslegungskompetenz gemäß den Beschlüssen von 1955 und 1981 beschränkten
sollte. Demnach wäre das Oberste Volksgericht nur zur Auslegung berufen
gewesen, wenn Fragen zur konkreten Anwendung von Gesetzen bei der
Rechtssprechungstätigkeit der Gerichte auftauchen. Außerdem sah § 49 vor, daß
bei Nichtübereinstimmung der Auslegungen durch das Oberste Volksgericht und den
Ständigen Ausschuß den Auslegungen des Ständigen Ausschusses Vorrang zukommen
sollte. Schließlich war in § 94 des Entwurfes vom Oktober 1999 vorgesehen, daß
mit Inkrafttreten des Gesetzgebungsgesetzes der Beschluß vom 10. Juni 1981
seine Gültigkeit verlieren sollte.
Zhang Chunsheng begründete in seinen Erläuterungen auf der 12.
Sitzung des Ständigen Ausschusses des 9. Nationalen Volkskongresses diese
Regelungen damit, dass durch den Beschluß vom 10. Juni 1981 die
Gesetzesauslegungskompetenzen zu sehr ausgeweitet worden seien. Tatsächlich
waren durch diesen Beschluß auch die Oberste Volkstaatsanwaltschaft, der
Staatsrat und seine Abteilungen und die Ständigen Ausschüsse der
PAS-Volkskongresse zur Auslegung von Gesetzen innerhalb ihres
Tätigkeitsbereichs ermächtigt worden. Zhang Chunsheng bemängelt, daß es dadurch
zu einer "Verwässerung des Gesetzes" (fa chu duo men, wörtlich: das
Gesetz tritt aus vielen Türen hervor) gekommen sei.
Die unterschiedliche Auslegung der Gesetze durch das Oberste
Volksgericht und die Oberste Volksstaatsanwaltschaft hat im Jahre 1996 zu
widersprüchlichen Auslegungen des Strafprozeßgesetzes geführt. Die Streichung
der Bestimmung in § 94 im Entwurf vom Oktober 1999, wonach der Beschluß von
1981 außer Kraft treten sollte, könnte daher auch als Zeichen eines
Machtkampfes zwischen Obersten Volksgericht und Oberster
Volksstaatsanwaltschaft gesehen werden (so auch Peter Corne, a.a.O., S. 32).
Diese Organe hatten sich wegen dieser widersprüchlichen Auslegungen gegenseitig
Kompetenzüberschreitung vorgeworfen.
Vom Erhalt des Status Quo werden sowohl das Oberste Volksgericht
als auch die Oberste Volksstaatsanwaltschaft profitieren: Das Oberste
Volksgericht kann auf der Grundlage der selbst erlassenen "Bestimmungen
über die Auslegungsarbeit" von 1997 Auslegungen auf eigene Initiative hin
vornehmen, denen Gesetzeskraft zukommt. Und auch die Oberste
Volksstaatsanwaltschaft behält innerhalb der staatsanwaltschaftlichen Tätigkeit
die Befugnis, Gesetze bei der konkreten Anwendung zu interpretieren. Auch ein
Verfahren zur Entscheidung bei widersprüchlichen Auslegungen der beiden Organe
existiert bereits seit dem Beschluß von 1981, der vorsieht, daß in solchen
Fällen die Auslegungen dann dem Ständigen Ausschuß zur Entscheidung vorzulegen
sind.
<30> Die Vorschrift
wurde auf Grund des Vorschlages des Rechtsausschusses hinzugefügt. In seinem
"Bericht über die Ergebnisse bei der Beratung des Gesetzgebungsgesetzes im
Rechtsausschuß" (RMRB vom 15. März 2000, S. 2,
www.peopledaily.com.cn/item/lifafa/0315b.html) hatte Wang Weicheng
vorgeschlagen, daß die Gültigkeit der Gesetzesauslegungen durch den Ständigen
Ausschuß im Gesetzgebungsgesetz klargestellt werden solle.
<31> Durch diese
Bestimmung soll offenbar verhindert werden, daß Gesetzesvorlagen, die der
Nationale Volkskongreß nicht verabschieden will, dann in Sitzungen des
Ständigen Ausschusses eingebracht werden.
<32> Die Aufgabe und
Befugnis des Staatsrates, Verwaltungsrechtsnormen zu erlassen, wurde erst 1982
in Art. 89 Nr. 1 Verfassung der Volksrepublik China eingefügt. Die Verfassungen
von 1954, 1975 und 1978 sahen eine solche Befugnis nicht vor, ohne daß sich der
Staatsrat dadurch hätte am Erlaß von Vorschriften hindern lassen.
Qiao Xiaoyang benennt in seinem Aufsatz "Ansichten über die
klarere Aufteilung der Gesetzgebungskompetenzen"
(www.peopledaily.com.cn/item/lifafa/bj04.html) folgende Umstände, unter denen
der Staatsrat die Befugnis zum Erlaß von Verwaltungsrechtsnormen zukommt:
a. wenn durch die
Verfassung oder aber auch durch einfaches Gesetz bestimmt wird, daß der
Staatsrat eine Angelegenheit durch Verwaltungsrechtsnorm regeln kann; z.B. legt
Art. 89 Nr. 3 Verfassung der Volksrepublik China fest, daß der Staatsrat die
Aufgaben der Ministerien und Kommissionen zu bestimmen hat; § 45 Abs. 2
Arbeitsgesetz (5.7.94/2) bestimmt, daß Arbeitende, die fortgesetzt ein Jahr
lang gearbeitet haben, einen bezahlten Jahresurlaub genießen, daß die konkrete
Regelung hierzu jedoch vom Staatsrat getroffen wird;
b. wenn der Staatsrat durch
den Nationalen Volkskongress oder den Ständigen Ausschuß zum Erlaß von
Verwaltungsrechtsnormen ermächtigt worden ist (vgl. hierzu Anm. 12);
c. wenn zur Durchführung
eines Gesetzes die Festlegung von Verwaltungsrechtsnormen erforderlich ist,
d.h. wenn zur Gewährleistung der Befolgung und Durchführung eines vom
Nationalen Volkskongress oder vom Ständigen Ausschuß erlassenen Gesetzes die
Festlegung von Ausführungsmethoden (shishi banfa) oder von konkreten
Bestimmungen (juti guiding) erforderlich ist;
d. in betreffenden
konkreten Verwaltungsangelegenheiten, d.h. wenn es in konkreten Einzelfällen
nicht der Gesetzgebung durch den Nationalen Volkskongress oder durch den
Ständigen Ausschuß bedarf.
<33> D.h. das
Rechtsordnungsbüro des Staatsrats.
<34> Das
Rechtsordnungsbüro des Staatsrates - vgl. die knappe Darstellung seiner
Funktionen in www.jys.js.cn/personal/fan/gov/fzj1.htm - spielt einerseits für
die chinesische Gesetzgebung etwa die Rolle, die in Deutschland vom
Bundesjustizministerium übernommen wird, vor allem aber organisiert und
überwacht es die hier angesprochene Ausarbeitung der Verwaltungsrechtsnormen.
Grundlage dafür ist bisher die "Vorläufige Verordnung über die Bestimmung
von Verwaltungsrechtsnormen", genehmigt vom Staatsrat am 21.4.1987, im
Internet unter anderem unter
dns.mlr.gov.cn/resourcepolicy/Policy/geolaw/339.txt zu finden.
<35> Vgl. auch Robert
Heuser, Einführung in die chinesische Rechtskultur, Hamburg 1999, S. 196
<36> Gemeint sind
Vorschriften, welche die "adjustierte" Norm in Details abwandeln. In
praxi sind das vor allem Vorschriften, die für Angehörige der Volksgruppen das
sonst der Geburtenkontrolle halber vorgeschriebene hohe Ehemindestalter etwas
senken.
<37> Durch § 71 Abs.
2 wird klargestellt, daß die Abteilungen des Staatsrates durch den Erlaß von
Regeln nicht als Legislativorgane tätig werden dürfen, sondern dadurch allein
Bestimmungen für die Durchführung von Gesetzen treffen können. Vgl. jedoch Anm.
14.
<38> Ein
Rückwirkungsverbot war zugunsten des Angeklagten bereits seit 1979 für das
Strafgesetz festgelegt worden, allerdings nicht allgemein, sondern jeweils nur
für die letzte Fassung eben dieses Gesetzes, und in Kampagnen wie dem
"harten Schlag" gegen das Verbrechen war man auch wieder davon
abgegangen. Hier wird es nun zugunsten der Bürger auf alle Gesetzgebung ausgedehnt. Hoffentlich erinnert man sich
bei der nächsten Kampagne noch daran.
<39> Die Vorschrift
wurde auf Grund des Vorschlages des Rechtsausschusses geändert. Nach dem
"Bericht über die Ergebnisse bei der Beratung des Gesetzgebungsgesetzes im
Rechtsausschuß" (RMRB vom 15. März 2000, S. 2,
www.peopledaily.com.cn/item/lifafa/0315b.html) von Wang Weicheng waren in dem
Entwurf des Gesetzes vom Oktober 1999 nur die Ständigen Ausschüsse der
Volkskongresse der Provinzen, nicht jedoch die Ständigen Ausschüsse von
autonomen Gebieten oder regierungsunmittelbaren Städten nach § 90 Abs. 1
antragsbefugt. Der Rechtsausschuß des Nationalen Volkskongresses schlug daher
vor, in § 90 Abs. 2 "anderen als den im vorhergehenden Absatz genannten
Staatsorganen" das Vorschlagrecht zu gewähren. Die schließlich
verabschiedete Fassung geht über den Vorschlag des Rechtsausschusses hinaus,
denn sie gibt den Ständigen Ausschüssen von Volkskongressen der PAS sogar das
Antragsrecht des § 90 Abs. 1.
<40> § 90 Abs. 2 ist
der Rest des ursprünglich geplanten Quasi-Verfassungsgerichts. Im Entwurf des
Gesetzgebungsgesetz von Juni 1997 (siehe Anm. 1) war vorgesehen, daß spezielle
Ausschüsse auf verschiedenen Ebenen der Volkskongresse sowie im Staatsrat
gebildet werden sollten. Alle staatlichen Organe, das Militär, die KP,
gesellschaftliche Körperschaften, Unternehmen und Bürger sollten gemäß § 118
dieses Entwurfes von 1997 das Recht erhalten, bei diesen Ausschüssen die
Änderung oder Aufhebung von Verwaltungsrechtsnorm oder territorialen
Rechtsnormen zu beantragen, wenn sie der Ansicht waren, daß diese gegen
höherrangiges Recht verstießen (vgl. hierzu Peter Corne, Reforming the PRC
Legal System, China Law & Practise, Hongkong Juni 1997, S. 29ff und ders.,
The New PRC, Legislation Law: The Emperor´s New Clothes?, China Law and
Practice, Hongkong, Mai 2000, S. 30).
Die jetzige Fassung des Gesetzgebungsgesetzes enthält in § 90
Abs. 2 für Bürger allein ein Vorschlagrecht, welches durch eine Vielzahl von
vorgeschalteten Prüfungen und Vorlagepflichten vor einer entgültigen
Entscheidung durch den Ständigen Ausschuß zusätzlich verwässert wird. Denn das
Arbeitsorgan des Ständigen Ausschusses, welches nach § 90 Abs. 2, 2. Halbsatz
eine erste Prüfung des Bürgervorschlages durchführt, hat keine Befugnis zur
Entscheidung über die Aufhebung von Gesetzen. Vielmehr bereitet es nur das
weitere Verfahren nach § 91 vor, das kafkaesk anmutet. Daß auch in China damit
nicht jedermann glücklich ist, zeigt die für chinesische Verhältnisse recht
scharfe Kritk des Abgeordneten Li Li an den §§ 90 und 91 noch kurz vor der
Verabschiedung des Gesetzes (www.peopledaily.com.cn/item(lifafa/bj10.html, am
Ende).
Nach dem Verfahren in § 91 nehmen die Fachausschüsse und ggf.
der Rechtsausschuß zunächst eine Überprüfung der beanstandeten Norm vor.
Gelangen die Fachausschüsse und ggf. der Rechtsausschuß zu der Ansicht, daß die
Norm im Widerspruch zur Verfassung oder Gesetzen steht, wird zunächst der
Normsetzer (das Organ, welches die streitige Norm festgelegt hat), zu einer
schriftlichen Stellungnahme aufgefordert. Wenn sich der Normsetzer daraufhin
weigert, die beanstandete Norm zu ändern, muß noch die Konferenz der
Ausschußvorsitzenden darüber entscheiden, ob der Bürgervorschlag schließlich
dem Ständigen Ausschuß zur Beratung und zur Fassung eines Beschlusses nach § 91
Abs. 2, 2. Halbsatz vorlegt.
Trotz dieser Hemmnisse wird der Rechtsschutz der Bürger durch
dieses Normenkontrollverfahren verstärkt. Allerdings sollte beachtet werden,
daß sich das Vorschlagrecht nur auf die Überprüfung von
Verwaltungsrechtsnormen, territorialen Rechtsnormen und Autonomie- und
Einzelverordnungen bezieht. Die Überprüfung von Regeln der Abteilungen des
Staatsrates und der territorialen Volksregierungen ist hiervon ausgenommen.
Diese können auch nicht im Rahmen des Verwaltungswiderspruches einer
Überprüfung unterzogen werden, da § 7 Abs. 2 "Gesetz der VR China über die
erneute Verwaltungsberatung" (29.4.99/1) Regeln der Abteilungen des
Staatsrates und der territorialen Volksregierungen ausdrücklich ausnimmt. Für
diese Regeln gibt es daher auch weiterhin keine Möglichkeit des Bürgers, ihre
Verfassungs- oder Gesetzeswidrigkeit feststellen zu lassen. Sie können allein
nach § 53 Verwaltungsprozeßgesetz (4.4.89/1) von einem Gericht über das Oberste
Volksgericht dem Staatsrat zur Erklärung oder Entscheidung vorgelegt werden,
wenn sie nach Ansicht des Gerichts zu höherrangigen Rechtsnormen oder anderen
derartigen Regeln im Widerspruch stehen.
<41> Die Bindung der
Zentralen Militärkommission beim Erlaß von Militärrechtsnormen an Verfassung
und Gesetz ist ebenso wie die Begrenzung der Anwendbarkeit der Militärrechtsnormen
in § 93 Abs. 2 auf die Initiative des Rechtsausschusses zurückzuführen. Nach
dem "Bericht über die Ergebnisse bei der Beratung des
Gesetzgebungsgesetzes im Rechtsausschuß" (RMRB vom 15. März 2000, S. 2,
www.peopledaily.com.cn/item/lifafa/0315b.html) von Wang Weicheng war die
Vorschrift über Militärrechtsnormen zunächst in den allgemeinen Regeln (§ 2
Abs. 3) vorgesehen und lautete schlicht: "Die Festlegung, Änderung und
Aufhebung von Militärrechtsnormen wird von der Zentralen Militärkommission
bestimmt." Aufgrund der Kritik vieler Abgeordneter, die freilich teils
viel weitergehende Bindungen der "Militärverordnungsgebung"
forderten, aber auch auf Vorschlag des Rechtsordnungsamtes der Zentralen
Militärkommission wurde die Regelung des § 93 in der jetzigen Fassung
vorgeschlagen.
<42> Die Frist
zwischen der Verabschiedung des Gesetzgebungsgesetzes am 15. März 2000 und
seinem Inkrafttreten am 1. Juli 2000 hat der Rechtsausschuß des Nationalen
Volkskongresses nach dem "Bericht über die Ergebnisse bei der Beratung des
Gesetzgebungsgesetzes im Rechtsausschuß" (RMRB vom 15. März 2000, S. 2,
www.peopledaily.com.cn/item/lifafa/0315b.html) von Wang Weicheng vorgeschlagen,
da eine kurze Zeit noch für "Propaganda- und Vorbereitungsarbeit"
(xuanchuan he zhunbei gongzuo) notwendig sei.
Übersetzung, Anmerkungen,
Copyright: Knut Pissler, Hamburg